Praktische Gedanken zur körperlichen Fitness und der Rückkehr zum Tauchen
Der Begriff „Tauchtauglichkeit” umfasst eine große Bandbreite von Komponenten: Medizinische und sychologische Eignung, ausreichendes Wissen, angemessene körperliche Fähigkeiten und körperliche Fitness. Längere Tauchpausen können viele dieser Bereiche beeinträchtigen.
Einige Taucher haben die Möglichkeit, regelmäßig abzutauchen. Bei anderen kommt es zwischen den Tauchgängen zu beträchtlichen Pausen und ihre Aktivität beschränkt sich nur auf den jährlichen Urlaub oder die geeignete Jahreszeit. Längere Pausen auf dem Trockenen können eine Vielzahl von Auswirkungen mit sich bringen. Nichttauchphasen können mit mehr oder weniger körperlicher Aktivität verbunden sein, als dies während Tauchphasen der Normalfall ist. Nehmen wir zum Beispiel einen Triathleten, der keine Zeit zum Tauchen hat während er über mehrere Monate für einen Wettkampf trainiert. In diesem Fall ist wohl abnehmende körperliche Fitness kein Thema. Viel häufiger ist es jedoch der Fall, dass eine Auszeit vom Tauchen mit einer geringeren körperlichen Aktivität einhergeht. Das Leben ist hektisch und man verschiebt Dinge auf morgen. Die Gründe, die Taucher vom Wasser fernhalten, hindern sie vielleicht auch an regelmäßigem Fitnesstraining. In solchen Fällen kann die Rückkehr zum Tauchen problematisch sein.
Wer rastet, der rostet
Wenn körperliche Fähigkeiten nicht trainiert werden, verschlechtern sie sich. Genau das besagt das Sprichwort: „Wer rastet, der rostet“. Einige Taucher nutzen Auffrischungsprogramme oder gehen ihr Ausbildungsmaterial nochmals durch, wenn sie befürchten, langsam einzurosten. Auch bei der körperlichen Fitness ist derartige Aufmerksamkeit geboten. Hat sich dein Fitnesslevel verschlechtert? Passt du noch locker in deinen Tauchanzug? Erfahrene Taucher wissen, dass gute Tarierfertigkeiten den Energieverbrauch eines Tauchgangs auf ein annehmbares Maß beschränken können. Aber hat das Auffrischungtraining ausgereicht, um die Tarierfertigkeiten wieder auf den alten, fortgeschrittenen Stand zu bringen? Wie sieht es mit den körperlich anstrengendsten Elementen aus: In voller Montur aufstehen und umhergehen, an der Oberfläche schwimmen und aus dem Wasser steigen? Und wie steht es mit unerwarteten Ereignissen oder Notfällen? Wenn man im Kopf alle Eventualitäten durchgeht, erkennt man schnell, dass eine Reihe kleiner Kompromisse eine an sich unproblematische Situation schnell in eine Gefahrensituation verwandeln kann.
Die Lösung? Nun, man könnte das Tauchen einfach an den Nagel hängen. Jeder sollte das wohl irgendwann tun. Es liegt aber in unserer Hand, wann dafür der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Eine bessere Strategie wäre sicher, sich für den nächsten „Einsatz“ bereit zu machen. Dafür müssen wir zu uns selbst ehrlich sein, regelmäßig körperlich aktiv bleiben und spezielle Anforderungen an unsere Fitness berücksichtigen. Wenn wir diese Dinge einhalten, verringern sich nicht nur die Schwierigkeiten bei der Rückkehr zum Tauchen nach einer Pause, sondern es verbessert sich auch unsere Bereitschaft zum Tauchen und für andere körperliche Aktivitäten. Ehrliche Selbsteinschätzung fällt uns allen nicht leicht.
Mancher Dinge sind wir uns nicht bewusst, oder wir machen uns selbst etwas vor. Dinge einfach zu vermeiden oder durch die rosarote Brille zu sehen, kann verführerisch sein, aber eine ehrliche, objektive Herangehensweise ist definitiv gesünder. Wenn wir zu uns selbst ehrlich sind, können die meisten von uns sehr wohl einschätzen, ob sie zu etwas in der Lage sind, oder nicht. Sich dies einzugestehen ist der erste Weg zur Besserung.
Aktiv werden
Hat man das Problem einmal identifiziert, heißt es aktiv werden. Lebenslange, körperliche Fitness ist wichtig, um unsere allgemeine Gesundheit zu bewahren. Indem wir einigermaßen in Form bleiben eliminieren wir automatisch eine große Hemmschwelle, die uns vom Tauchen bzw. der Rückkehr zum Tauchen oder jeder anderen Aktivität abhalten könnte. Der Surgeon General der USA empfiehlt schon seit langem regelmäßige körperliche Aktivität an den meisten Wochentagen (Physical Activity and Health, 1996). Das hätte uns der Surgeon General natürlich nicht extra sagen müssen. Wir müssen einfach nur das tun, was uns der gesunde Menschenverstand sagt.
Um gesund zu bleiben, hat man die Wahl aus einer Vielzahl von Aktivitäten. Idealerweise sollten diese Komponenten für Stärke, Aerobic und Dynamik/Flexibilität beinhalten. Laufen, Schwimmen, Radfahren, Walking, Volleyball, Handball, Fußball und Tanzen sind nur einige Beispiele für Sportarten, die die allgemeine Fitness verbessern. Am wichtigsten ist jedoch, dass man sich eine Sportart aussucht, die zu seinen Vorlieben, seinem Zeitplan und seinen Fähigkeiten passt. Abwechslung kann die Sache interessanter machen und möglichen Verletzungen durch einseitiges Training vorbeugen. Ein Partner kann dabei helfen, am Ball zu bleiben. Auch der Beitritt zu einer Gruppe oder die Kombination von Training mit anderen Interessen kann hilfreich sein. Wandern oder Kajakfahren lässt sich zum Beispiel hervorragend mit Vogelbeobachtung und/oder Fotografieren verbinden. Eine sehr gute Wahl ist das Schwimmen, aus verschiedenen Gründen: Es beansprucht viele Muskelgruppen und verbessert die aerobische Kapazität. Die Beanspruchung der Gelenke ist relativ gering und die Verletzungsgefahr ist somit niedriger. Außerdem hilft es, sich im und am Wasser wohler zu fühlen. Während viele darüber diskutieren, welche minimalen Schwimmfähigkeiten für sicheres Tauchen erforderlich sind, werden die meisten zugeben, dass bessere Schwimmfähigkeiten von Vorteil wären und sich in Notfällen positiv auswirken könnten.
Es gibt viele Wege, um mit dem Schwimmen anzufangen. Für Viele sind vielleicht einfache Bahnen im Becken ein guter Weg, um seine Fitness zu steigern und dem Alltagsstress zu entfliehen. Wer Hilfe benötigt, kann auch traditionellen Unterricht oder spezielle Kurse in Betracht ziehen. Wer es lieber geselliger hat, geht vielleicht gerne in einen Schwimmclub. Und wer sich in der Nähe eines größeren Schwimmbads befindet, entdeckt vielleicht Unterwasserpolo, Unterwasserhockey, Apnoetraining und andere Programme für sich. Man muss kein Profi in einer Sportart sein, um körperlich davon zu profitieren. Ein schlechter Schwimmer, der mit jedem einzelnen Zug kämpft, erreicht vielleicht ein besseres Training als ein guter Schwimmer, der gemütlich vor sich hinschwimmt. Außerdem kann die Freude darüber, dass man neue Fähigkeiten ausbildet, eine zusätzliche Motivation sein.
Darüber nachdenken
Bisher ging es um regelmäßiges körperliches Training. Dieses ist ausschlaggebend, wenn es um die Rückkehr zum Tauchen geht, da eine dauerhafte Fitness die möglicherweise durch eine Pause entstehenden Probleme verringert. Training sollte Teil unserer Grundroutine sein. Trotz aller guten Absichten wissen wir aber, dass dies nicht oft der Fall ist. Eine aktuelle Studie besagt, dass nur 20 Prozent aller Erwachsenen angeben, öfter als zwei Mal pro Woche Fitnesstraining zu betreiben (1998-2004). Mit zunehmendem Alter und trotz verschiedener Förderungsinitiativen nimmt dieser Anteil weiter ab (Kruger et al., 2006). Wir alle müssen daran arbeiten, diesen Trend umzukehren. Also, was ist nun mit dem Tauchausflug, der bald ansteht? Bist du bereit dafür? Es ist Zeit, ehrlich zu dir selbst zu sein. Nimm deine Situation genau unter die Lupe. Such deine Ausrüstung zusammen. Wenn du bei der Montage auch nur kurz zögerst oder Probleme hast, die einzelnen Schritte der Tauchplanung im Kopf durchzugehen, sollte ein Auffrischungstraining erste Priorität haben. Wenn du dabei deine eigene Ausrüstung verwendest, kannst du diese – und dich selbst – auch gleich unter professioneller Begleitung testen.
Die Ausrüstung kontrollieren
Stelle sicher, dass alle Servicemaßnahmen durchgeführt wurden. Überprüfe den Sitz deiner Ausrüstung, um unangenehme Erfahrungen zu vermeiden. Wenn dein Anzug schon beim Anprobieren im Wohnzimmer oder am Beckenrand etwas eng sitzt, fühlt er sich unter Wasser und nachdem er zu lange im Trockenen war wahrscheinlich noch schlimmer an.
Sich selbst durchchecken
Ein Auffrischungstraining konzentriert sich häufig nur auf die Grundtechniken des Tauchens. Es ist in deinem eigenen Interesse, deine allgemeinen Fähigkeiten ebenfalls zu testen. Bist du körperlich, medizinisch und psychologisch fit? Wenn du gerade stark gestresst oder erschöpft bist, kann ein Tauchgang zu viel für dich sein. In solchen Fällen wäre es besser, den Tauchgang zu verschieben, bis du dich etwas erholen konntest. Genieße erst ein paar Urlaubstage, bevor du ins Wasser gehst. Wenn du dir nur über deine körperliche Fitness nicht ganz im Klaren bist, kannst du im Pool die Antwort darauf finden.
Kannst du mit dem Schnorchel durchgehend 200 Meter weit in sieben Minuten schwimmen, ohne Schwierigkeiten und ohne dich danach ausruhen zu müssen? Kannst du mit dem Kopf bzw. mit den Füßen voran zum Beckenboden auf 4-5 Meter Tiefe abtauchen? Kannst du in derselben Tiefe und mit einem Atemzug Maske und Schnorchel aufnehmen, aufsetzen und ausblasen? Diese Schnelltests sind nicht immer eindeutig, aber wenn du alle ohne Probleme erfüllen kannst, sollten deine körperliche Fitness und deine Schnorchelfertigkeiten ausreichend sein. Jede einzelne Fertigkeit direkt zu üben, wird zwar die körperliche Fitness nicht verbessern, wohl aber die körperliche Kompetenz. Diese ist immer wichtig, besonders, wenn deine körperliche Fitness nicht optimal ist.
Eintauchen
Der Pool ist ein großartiger Ort, um deine Tarierfähigkeit in voller Ausrüstung zu testen. Natürlich musst du im Salzwasser Gewicht hinzufügen, um eine neutrale Tarierung zu erreichen, aber der Test im Pool ist ein Schritt in die richtige Richtung. Vergiss nicht, dass die erforderliche Menge an Gewicht sich oft mit zunehmender Erfahrung ändert. Die meisten Taucher benötigen weniger Gewicht, wenn sie sich unter Wasser entspannen und sicher fühlen. In jedem Fall ist es besser, das ungefähr benötigte Gewicht bereits im Becken herauszufinden, ohne den Druck zu haben, dass man den Rest der Gruppe aufhält, und ohne später, unter weniger idealen Umständen, Änderungen am Gewicht vornehmen zu müssen. Wenn deine Leistung bei der Poolsession sehr zu wünschen übrig lässt, solltest du vielleicht deine Rückkehr zum Tauchen noch etwas aufschieben und noch ein wenig an deinen Fertigkeiten arbeiten. Du musst schließlich die Gesundheit, Sicherheit und den Spaß von dir selbst, deinen Buddys und allen anderen bedenken, die von deiner Leistung betroffen sein könnten. Wenn du dir am Anfang deines Tauchurlaubs nicht sicher bist, plane vor deinen aupttauchgängen eine Einheit Einzelunterricht oder einen Tauchgang in einer kleinen Gruppe mit Tauchlehrer auf Einstiegsniveau. Auch wenn dies kein vielversprechender Start sein mag, kann ein entspannter, unproblematischer Tauchgang der beste Weg zu einem entspannten, unproblematischen Urlaub sein. Wenn du zurück nach Hause kommst, bist du bestimmt bereit, über weitere Schritte nachzudenken, um dich auf deinen nächsten Trip bestmöglich vorzubereiten.
Über den Autor
Dr. Neal Pollock ist ein Forschungsphysiologe am Center for Hyperbaric Medicine and Environmental Physiology, Duke University Medical Center, in Durham, N.C.