VERSORGUNG MIT CHEMISCHEM SAUERSTOFF EINE BEWERTUNG DER NÜTZLICHKEIT

Sauerstoff ist ein primäres Behandlungsmittel in der Ersten Hilfe im Falle einer Dekompressionskrankheit nach einem Tauchgang mit Druckluft1. Die Bereitstellung von angemessenen Sauerstoffvorräten in entlegenen Gegenden kann problematisch sein, da es verboten ist, unter Druck stehende Gasflaschen in kommerziellen Flugzeugen zu transportieren und weil der Bodentransport schwierig und kostspielig sein kann. Zu den Alternativen für Druckgas gehören Sauerstoffkonzentratoren und Versorgungsgeräte mit chemischem Sauerstoff. Sauerstoffkonzentratoren brauchen allerdings Strom – entweder aus der Steckdose oder einer Batterie. Die Versorgung mit chemischem Sauerstoff dagegen braucht keine Stromversorgung von außen. Wir haben zuvor von einem Versorgungssystem mit chemischem Sauerstoff berichtet, das eine nicht ausreichende Versorgungskapazität hatte, um in der Praxis angewendet werden zu können2. Dieser Artikel fasst die Beurteilung eines neuen Versauerstoffgeräts mit chemischem Sauerstoff zusammen. Die vollständigen Details sind im veröffentlichten Bericht enthalten3.

Systembeschreibung und grundlegende Betriebsprinzipien
Das Notfallsauerstoffgerät (emOx) ist ein tragbares, nicht unter Druck stehendes Sauerstoffversorgungssystem von Green Dot Systems, Inc. (Südafrika). Das Gerät wird vertrieben als ein nützliches Erste-Hilfe-Instrument, bis fachkundige medizinische Hilfe bereitsteht. Die Werbung betont das Fehlen eines unter Druck stehenden Aufbewahrungsbehälters, die hohe Reinheit des gelieferten Sauerstoffs, die gesamte Fließdauer des Sauerstoffs und die lange Haltbarkeit der Reaktionsmittel. Wir haben die Leistung des emOx in kontrollierten Laborbedingungen untersucht.

Das emOx-Gerät sieht ähnlich wie eine etwa 40 cm hohe und 12 cm dicke Thermosflasche aus (Abbildung 1). Eine flexible Versorgungsleitung verbindet das obere Ende des Geräts mit einer einfachen Patientenmaske. Einzelpackungen mit zwei Chemikalien werden in der großen Kammer mit Wasser vermischt, sodass die Komponenten miteinander reagieren. Bei dieser chemischen Reaktion werden Sauerstoff und Hitze frei. Sauerstoff fließt, solange man durch den transparenten Deckel Bläschen sehen kann. Multipacks mit dem Reaktionsmittel sind für wiederholte Nutzung erhältlich.

Methoden
Wir haben sieben unbemannte Versuche in konstanten, normalen Laborbedingungen im Innenraum durchgeführt. Das Gerät wurde entsprechend der Herstelleranleitung bedient. Die einfache Gesichtsmaske wurde zur Messung der Ausgabe durch ein Überwachungsgerät ersetzt.

Alle Komponenten wurden gemessen, und das Gerät wurde für jeden Versuch standardmäßig aktiviert. Die Versuchsdaten wurden in einem computergestützten Datenerfassungssystem festgehalten. Der Gasfluss wurde kontinuierlich gemessen und für aufeinander folgende 60 Sekunden lange Zeiträume wurde jeweils ein Durchschnittswert ermittelt, bis der Gasfluss auf null zurückging. Das Gesamtvolumen wurde aus den eine Minute langen Messungen ermittelt. Die Temperatur auf der Außenwand der Reaktionskammer wurde gemessen. Stichproben für Temperatur und Feuchtigkeit des gelieferten Gases wurden dem Gasstrom etwa bei der Patientenmaske entnommen. Die Werte zeigten ± Standardabweichungen mit den Bandbreiten in Klammern.

Ergebnisse
Das Gesamtgewicht des Systems beträgt 2,65 kg, inklusive eines Sets von Reaktionsmitteln (ein-schließlich Wasser). Jedes zusätzliche Set von Reaktionsmitteln erhöht das Gewicht um etwa 0,9 kg.

Die durchschnittliche Fließrate (gemessen bis zum Durchschnittswert der letzten Minute vor Null) lag bei 1,75±1,58 (0,05-6,75) L•min-1(Umgebungstemperatur und Druck mit Wasserdampf saturiert, ATPS) (Bild 2). Sauerstoff wurde 23±6 (18-35) Minuten lang frei. Es dauerte 15,7±6,4 (11-29) Minuten, um eine Fließgeschwindigkeit von 2,0 L•min-1 zu überschreiten. Die Fließgeschwindigkeit war nur 6.4±1.0 (5-8) Minuten über 2,0 L•min-1 ATPS (mit einem vorübergehenden Höhepunkt bei 5,93±0,56 (5,23-6,75) L •min-1 ATPS, bevor es schnell auf null abfiel). Insgesamt wurde 40,4±2,6 (37,7-44,4) l Sauerstoff frei.

Die Außentemperatur des Reaktionskanisters lag bei 54,7±7,4 (46,4-64,9)º C. Die Gastemperatur, die etwa bei der Sauerstoffmaske gemessen wurde, unterscheidet sich während des gesamten Reaktionszykluses kaum von der Umgebungstemperatur.

Diskussion
Sauerstoffversorgungssysteme, die sich für die Erste Hilfe eignen, müssen zuverlässig, leicht benutzbar und leicht transportabel sein und müssen ein ausreichendes Volumen und Fließraten für die Behandlungsbedingungen haben. Die für eine Behandlung mit Dauerfließsystemen empfohlenen nominalen Fließraten liegen oft im Bereich 10-15 L•min-1. Eine schnell einsetzbare, aber beschränkte Sauerstoffversorgung könnte für städtische oder stadtnahe Situationen angemessen sein, in denen die medizinische Notfallversorgung jederzeit bereitsteht. Situationen in entlegenen Orten, in denen man sich nicht auf eine schnelle medizinische Notfallversorgung verlassen kann, bedürfen größerer Sauerstoffressourcen.

Wenn man sich auf traditionelle unter Druck stehende Sauerstoffquellen verlässt, kann es zu Transportschwierigkeiten kommen. Das Konzept der Versorgung mit chemischem Sauerstoff ist verlockend, denn es umgeht sowohl unter Druck stehende Gefäße als auch Schwierigkeiten mit der Stromversorgung. Hochreiner Sauerstoff kann mit stabilen und sicheren Reaktionsmitteln freigesetzt werden. Problematisch sind allerdings die beschränkte Sauerstofffließrate und der Gesamtertrag.

Das tragbare, nicht unter Druck stehende Sauerstoffversorgungssystem emOx ist kompakt, robust und leicht benutzbar, da alle drei Reaktionsmittel zur Verfügung stehen. Leider ist der Gesamtsauerstoffertrag für ein Set von Reaktionsmitteln extrem beschränkt – etwa 10% eines einfachen Sauerstoffzylinders in D-Größe. Praktisch heißt das, dass diese extrem beschränkte Versorgungsmenge wahrscheinlich für die Behandlung der meisten medizinischen Erkrankungen unzureichend ist.

 

Abbildung 1 Abbildung 2

 

Über den Autor

Neal W. Pollock, Ph.D., Forschungsdirektor bei DAN und ein leitender Forschungsmitarbeiter am Zentrum für Hyperbarische Medizin und Umweltphysiologie, Duke University, Zentrum für Medizin, Durham, North Carolina.

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