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VORFALL 1
Der Taucher
Der 42-jährige war seit 1992 brevetierter Taucher. Er unternahm bislang insgesamt 80 Tauchgänge, 11 davon im vergangenen Jahr. Er fuhr in seiner Freizeit u. a. Mountainbike. Er hatte zuvor keinerlei medizinische Probleme, keine tauchbedingten Verletzungen, und er nahm keine Medikamente ein.
Die Tauchgänge
Während einer einwöchigen Tauchreise im Südpazifik unternahmen der Taucher und sein Tauchpartner insgesamt 11 Tauchgänge, es waren täglich drei bis vier. Die Tauchtiefen betrugen 15 bis 18 msw, das Atemgas war Pressluft. Die Maximaltiefe lag bei 26 msw, und bei keinem der Tauchgänge wurde die Nullzeitgrenze ihrer Tauchcomputer überschritten.
Nur bei einem der Tauchgänge gab es Komplikationen: Der Taucher hatte Probleme mit der Tarierung und stieg beim zweiten Tauchgang infolgedessen einmal zu schnell auf. Dies wurde durch den Alarm des Tauchcomputers aufgrund zu hoher Aufstiegsgeschwindigkeit belegt.
Nach diesem Vorfall hatte der Taucher keine unmittelbar auftretenden Symptome, aber am nächsten Tag verspürte er zeitweise Muskelschmerzen in seiner linken Schulter. Er tauchte weiter, und er ließ sich auch nicht ärztlich untersuchen, obwohl er zuvor noch keinerlei Probleme mit der Schulter gehabt hatte.
Komplikationen und die Sorgen eines Freundes
Der Taucher beendete seine Tauchwoche nach Plan, ohne dass sich sein Zustand veränderte. Er und sein Tauchpartner beendeten ihre Tauchgänge so, dass ihnen 30 Stunden Wartezeit vor ihrem Heimflug blieben. Während des Fluges, der mehr als 10 Stunden in Anspruch nahm, empfand der Taucher ein kribbelndes Gefühl sowohl in beiden Händen als auch in beiden Füßen; dieses hielt etwa die Hälfte der Flugzeit an. Die Intensität des Muskelschmerzes in seiner linken Schulter schwankte ab und an, von Zeit zu Zeit wurde er stärker, um dann wieder auf das mittlerweile gewohnte Beschwerdemaß abzusinken. Auf die Bitte seines Tauchpartners hin verabreichte die Kabinenbesatzung dem Taucher Sauerstoff, aber dies schien sich kaum auf seine Symptome auszuwirken. Da sich sein Tauchpartner, ein DAN-Mitglied, nach der Landung weiter Sorgen machte, rief er den Bereitschaftsarzt bei DAN an und beschrieb die Symptome seines Freundes. Er übermittelte außerdem die Tauchdaten und berichtete über den Vorfall, der womöglich Auslöser für den Zustand seines Freundes war. Der Arzt riet dem Anrufer, seinen Tauchpartner aufzufordern, sich zur Untersuchung in ein Krankenhaus zu begeben, und er benannte eine Klinik, die über eine Druckkammer verfügte.
At the Hyperbaric Center
An experienced hyperbaric physician conducted an examination and determined that the shoulder soreness had been in the trapezius, a superficial triangular muscle attaching the shoulder blade to much of the upper spinal column. The diver’s neurological evaluation was normal, but the tingling persisted.
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Beantworten Sie mit den vorliegenden Informationen folgende Fragen:
1. Wie wird die Diagnose höchstwahrscheinlich lauten?
- a. Dekompressionskrankheit (DCS) Typ I (starke Schmerzen, dringend)
- b. Arterielle Gasembolie (AGE)
- c. Dekompressionskrankheit Typ II (neurologisch, Notfall)
- d. Muskelzerrung
2. Was wäre die beste Behandlung?
- a. Keine
- b. Ausschließlich Sauerstoff
- c. Druckkammerbehandlung
- d. Entzündungshemmende Medikamente
Schlussfolgerungen
Der Arzt konnte nichts Konkretes feststellen, aber wegen des vorliegenden Kribbelgefühls konnte er eine leichte Dekompressionskrankheit Typ II (neurologisch) bei dem Taucher auch nicht ausschließen. Das standardmäßige Vorgehen in einem solchen Fall verlangte, dass sich der Taucher einer Druckkammerbehandlung nach U.S. Navy Tabelle 6 unterzog.
Der Taucher bemerkte, dass sich das Kribbelgefühl während der Behandlung subjektiv verstärkte und wieder abnahm, was bei einer DCS nicht weiter ungewöhnlich ist. Ein Kribbeln auf beiden Körperseiten war hingegen eher untypisch für eine DCS, diese betrifft eher nur eine Körperseite.
Obwohl die Symptome nach der Druckkammerbehandlung verschwanden, war die abschließende Vermutung des behandelnden Arztes, dass die Schulterschmerzen des Tauchers höchstwahrscheinlich von einer Muskelverletzung verursacht wurden. Bis zum Verfassen dieses Artikels war der Taucher noch nicht wieder tauchen, und er blieb weiter ohne Symptome.
Schwer zu sagen, ob ein früheres Verabreichen von Sauerstoff – d. h., bereits an Bord des Bootes und nicht erst etwa 30 Stunden später während des Rückflugs – die Kribbelgefühle des Tauchers beseitigt hätten, aber andere Fallbeispiele haben aufgezeigt, dass eine frühzeitige Behandlung oftmals ein schnelleres Abklingen der Symptome bewirkt.
Aufgrund der Vorgeschichte dieses Tauchers bestand die bestmögliche Behandlung in einer Druckkammerbehandlung mit hyperbarem Sauerstoff.
Bei Frage 1 sind Antworten c. und d. richtig; bei Frage 2 ist Antwort c. richtig.
VORFALL 2
Die Taucherin
Die 28 Jahre alte Taucherin ist eine aktive und erfahrene Tauchausbilderin. Sie hatte insgesamt annähernd 1.500 Tauchgänge unternommen, es waren durchschnittlich 500 bis 600 pro Jahr. Sie hatte zuvor keinerlei medizinische Probleme, nahm keine Medikamente ein und hatte zuvor keine tauchbedingten Verletzungen oder Erkrankungen.
Die Tauchgänge
Während einer einwöchigen Tauchreise in die Karibik unternahmen sie und andere in ihrer Tauchergruppe drei bis vier Tauchgänge pro Tag, alle mit Pressluft als Atemgas. Ihre Maximaltiefe betrug 37 msw, und sie erreichte diese am vierten Tag. Im Großen und Ganzen waren die Tauchgänge typische karibische Rifftauchgänge: Ruhiges, klares Wasser, und keine übermäßigen Tiefen. Die Durchschnittstiefe lag im Bereich von 9 bis 18 msw. Sie trug einen kompletten 3mm-Nasstauchanzug und Vollfußflossen.
Die Komplikationen
Nach dem zwölften Tauchgang zeigte sich eine Art Hautausschlag auf den Fußrücken und Unterarmen: Die Bereiche waren gerötet, fleckig und juckten. Die Taucherin beschrieb sie in ihrem Aussehen als eher bläschenartig. Sie setzte ihre Tauchaktivitäten fort.
Im weiteren Verlauf des Tages stellte die Taucherin fest, dass sich der gleiche Hautausschlag nun auch auf beiden Knieoberseiten entwickelt hatte. Die Symptome verschlechterten sich nicht, aber es gab auch keine Anzeichen für eine Besserung.
Nach dem letzten Tauchgang dieser Woche kontaktierte sie den diensthabenden Arzt bei DAN und beschrieb ihm ihren Hautausschlag. Mit dem Rückflug am nächsten Tag vor Augen beschlich sie die Befürchtung, dass die Symptome auf eine DCS hindeuten könnten. Die Befragung durch den DAN-Arzt ergab hingegen, dass sie weder Gelenkschmerzen, Taubheits– oder Kribbelgefühle noch neurologische Anzeichen wie Verlust an Körperkraft oder Gleichgewichtsprobleme aufwies.
Der Arzt setzte seine Befragung fort. War sie mit Meereslebewesen direkt in Kontakt gekommen?
Sie sagte, dass sie sich nicht daran erinnern könne, unter Wasser irgendetwas berührt zu haben. Hatte sich der Hautausschlag weiter ausgebreitet? Der Ausschlag, der sich weder in seiner Lage, Größe noch in seiner Erscheinungsform verändert hatte, beschränkte sich auf die bereits erwähnten Körperbereiche.
War sie allergisch? Bei der Taucherin waren keinerlei Allergien bekannt.
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Beantworten Sie mit den vorliegenden Informationen folgende Fragen:
Wie wird die Diagnose höchstwahrscheinlich lauten?
- a. Allergische Reaktion der Haut (Kontaktdermatitis)
- b. DCS in der Haut (‘skin bends’)
- c. Verletzung / Vernesselung durch Meerestiere
- d. Photodermatitis
2. Was wäre die beste Behandlung?
- a. Druckkammerbehandlung
- b. Ausschließlich Sauerstoff
- c. Antibiotische Creme
- d. Antihistaminika
Schlussfolgerungen
Wir kamen wir nun zu dem Schluss, dass eine Kontaktdermatitis vorlag? Die Körperpartien, auf denen der Ausschlag aufgetreten war, entsprach nicht denen einer Dekompressionskrankheit der Haut. Meistens treten ‘skin bends’ über den oberen Brustbereich hinweg, am Bauch, am Gesäß oder an den Oberschenkeln auf. Natürlich kann Deko in der Haut auch an anderen Körperpartien auftreten.
Bei einer Dekompressionskrankheit der Haut weist diese gewöhnlich eine fleckige oder marmorierte Oberfläche auf und kann sogar wie nach einer Prellung aussehen. Es kann auch zu Schmerzen oder zu einer Berührungsempfindlichkeit kommen. Die betroffenen Körperpartien reagierten allerdings nicht empfindlich oder schmerzhaft auf Berührung, und die Symptome verschlechterten sich durch die weiteren Tauchgänge auch nicht weiter. Wenn man all das in Betracht zieht, erscheint eine Deko in Haut recht unwahrscheinlich.
Vernesselungen durch Meereslebewesen erwarten wir in erster Linie, wenn Hautpartien unbedeckt sind. Nesselnde Organismen können jedoch in Tauchanzüge eindringen, vor allem im Bereich von Knöcheln, Handgelenken und Hals. Im Fall unserer Taucherin waren die einzigen unbedeckten Hautpartien mit Ausschlag die Fußrücken, denn sie trug ja Vollfußflossen [ohne Füßlinge]; sie hatte keinen Ausschlag an Händen, Gesicht oder Hals. Vernesselungen kamen deshalb eher nicht als Ursache für den bläschenartigen Ausschlag an ihren Knien, Füßen und Unterarmen in Betracht.
Die Symptome verschwanden innerhalb von zwei bis drei Tagen von selbst. Für eine Gifteinwirkung durch Meereslebewesen wäre dies eher ungewöhnlich, denn diese kann über Wochen und Monate hinweg Symptome verursachen. Antihistaminika wären sicher hilfreich gewesen, aber die Taucherin äußerte nichts davon, derartige Medikamente eingenommen zu haben.
Die wahrscheinlichste Ursache für ihre Symptome ist eine Kontaktdermatitis, eine Überempfindlichkeit auf ein bestimmtes (allerdings oftmals unbekanntes) Allergen. Was die reizende Substanz bei dieser Taucherin nun war, wird vielleicht niemals herausgefunden werden.
Sie hat das Tauchen ohne weitere Symptome oder Probleme wieder aufgenommen.
Bei Frage 1 lautet die Antwort a. – eine allergische Hautreaktion oder Kontaktdermatitis. Da diese Taucherin sich nicht in einer medizinischen Einrichtung von einem Arzt eingehend untersuchen ließ, konnte es auch keine endgültige Diagnose geben. Um Frage 2 zu beantworten, sie hätte Antihistaminika einnehmen können, um sich Erleichterung zu verschaffen (Antwort d.).
Zusammenfassung
Manchmal haben selbst gut ausgebildete Mediziner Schwierigkeiten, die Verletzung oder Erkrankung eines Tauchers zu diagnostizieren. Die Liste möglicher Anzeichen und Symptome einer DCI kann beispielsweise breit gefächert sein. Einige Anzeichen und Symptome können nur schwach oder unklar ausgeprägt sein. Außerdem unternahmen die Taucher in beiden Fallbeispielen mehrere Tauchgänge innerhalb einer Woche, was zu der Frage führt, ob die Wiederholungstauchgänge vielleicht zu Symptomen einer DCI geführt haben könnten.
Für Taucher ohne Ausbildung in Erster Hilfe kann es nochmals schwieriger sein, die Probleme eines möglicherweise verletzten Tauchern zu erkennen und effektiv Hilfe zu leisten. Wenn Sie Zeuge eines Tauchunfalls werden, sollten Sie versuchen, die medizinischen Profis heranzuziehen – die Bereitschaftärzte von DAN, den örtlichen Rettungsdienst oder den diensthabenden Arzt der nächstgelegenen Notaufnahmestation – und ihnen so viele Informationen wie möglich mitzuteilen.
Bitte bedenken Sie, dass Fragen über Tauchprofile nicht wertend oder verurteilend gestellt werden; diese Informationen sind ganz einfach nötig, um die mögliche Stickstoffbelastung der beteiligten Taucher einschätzen zu können. Und das ist insbesondere deshalb wichtig, weil viele nicht tauchbezogene Verletzungen, Krankheiten und Befunde sich wie eine DCI manifestieren können.
Jedes Jahr werden Taucher in Druckkammern behandelt, obwohl es unter Umständen überhaupt nicht klar ist, ob sie eine Dekompressionsverletzung erlitten haben. Der Grund hierfür liegt darin, dass die meisten behandelnden Ärzte sich lieber in Richtung Vorsicht irren wollen und Taucher präventiv auf eine DCI behandeln, als ihre Gesundung durch Unterlassen dieser Behandlung zu verkomplizieren.
Wenn Symptome während einer Druckkammerbehandlung abklingen, beweist dies nicht, das die Erkrankung tatsächlich eine DCI war. Hohe Sauerstoffpartialdrücke können eine Vielzahl von Symptomen zum Abklingen bringen, auch wenn diese nichts mit einer Gasblasen produzierenden Tauchverletzung zu tun haben.
Bedenken Sie außerdem, dass telefonische Befragungen sinnvoll, oftmals sogar unabdingbar sind, um die weitere Vorgehensweise abzuklären, aber nur ein Arzt kann eine Behandlungsdiagnose stellen, und das muss direkt am Patienten erfolgen. Draußen am Tauchplatz ist es unsere Pflicht als Tauchpartner, Anzeichen und Symptome zu erkennen und die richtige Hilfe zu leisten.
Wenn Sie es für möglich halten, dass eine tauchbedingte Verletzung vorliegt, rufen Sie die DAN Notfallhotline an: Sie ist 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche erreichbar und kann Ihnen bei der Entscheidung helfen, was Sie richtigerweise als Nächstes tun sollten.
Wenn Sie anrufen, sollten Sie die aktuellen Tauchgangsdaten, die gesamte medizinische Vorgeschichte und eingenommene Medikamente mitteilen können. Wir können Ihnen dabei helfen, dem verletzten Taucher Hilfe zu leisten, und wir werden die zuständigen Institutionen informieren, um die medizinische und logistische Unterstützung zu organisieren.
Was ist eine Behandlungstabelle?
Die Bezeichnungen ‘Tabelle 5’ und ‘Tabelle 6’ stehen für Behandlungstabellen der U.S. Navy zur Therapie der Dekompressionskrankheit. Beide Tabellen gelten für die Rekompression in einer trockenen Druckkammer mit Umgebungsdrücken entsprechend einer Tiefe von 18 msw*, wobei der Patient 100 Prozent Sauerstoff atmet. Nach der Zeitspanne mit einem Druck entsprechend 18 msw folgt eine längere Zeit mit einem Druck entsprechend 9 msw, bevor der ‘Aufstieg’ auf Oberflächendruck durchgeführt wird.
Entsprechend dem Behandlungsprotokoll der U.S. Navy wird die Behandlung nach Tabelle 5 normalerweise bei Gelenkschmerzen angewendet. Sie dauert zwei Stunden und 15 Minuten: 45 Minuten auf 18 msw (60 fsw), danach innerhalb von 30 Minuten Aufstieg auf 9 msw (30 fsw), dann 30 Minuten auf 9 msw, gefolgt von einem 30 Minuten dauernden Aufstieg an die Oberfläche.
U.S. Navy Tabelle 6 ist die standardmäßige Erstbehandlung für die meisten Fälle von DCI und von neurologischer DCI. Dabei verbringt der Patient eine längere Zeit ‘in der Tiefe’ und mit der Atmung von Sauerstoff. Die Abfolge lautet: 75 Minuten auf 18 msw, innerhalb von 30 Minuten Aufstieg auf 9 msw (30 fsw), 150 Minuten auf 9 msw, schließlich ein 30 Minuten dauernder Aufstieg an die Oberfläche, also insgesamt vier Stunden und 45 Minuten.
* Meter Salzwasser (amerikanische Entsprechung: fsw bzw. feet of sea water – Fuß Salzwasser).
DAN Kurse
DAN bietet Ausbildungen für Taucher und Mediziner an. Diese Kurse reichen vom grundlegenden Sauerstoff-Soforthelfer-Kurs (Oxygen First Aid for Scuba Diving Injuries) bis hin zur Fortbildung in Tauch– und Hyperbarmedizin für Ärzte.Je größer unser Wissen ist, desto besser werden wir die kritischen Dinge erkennen können. Sehen Sie sich die Kursbeschreibungen auf unserer Seite www.daneurope.org; an; erkundigen Sie sich nach Kursen für Ersthelfer (Provider), Ausbilder und Instructor Trainer, für Mediziner und für Taucher mit Verantwortung für andere Taucher.