Gewichtige Probleme

Eines der ungeliebtesten Ausrüstungsgegenstände, die ein Taucher anlegen muss, ist der Bleigurt.
Die traditionellen Bleigurte bestehen aus einem 5 cm breiten Gurt aus Nylongewebe, massiven Bleigewichten und einer schnell zu öffnenden Schnalle aus Metall oder Kunststoff; sie sind schwer, unhandlich und unbequem. Dies spüren wir insbesondere, wenn wir uns anrödeln oder versuchen, unsere Ausrüstung aus dem Wasser auf das schwankende Deck eines Tauchbootes zu hieven.
Oftmals bringen Bleigurte die Gewichte nicht unbedingt an die Stelle, die für eine optimale Trimmung richtig wäre. Und leider werden Bleigurte selten richtig angelegt, eingestellt oder auch abgeworfen, wenn dies erforderlich wäre. Ein paar praktische Tipps und innovative Neuentwicklungen im Bereich der Ausrüstung können dem Ärger mit dem Bleigurt glücklicherweise ein Ende bereiten.

Worin besteht das Problem?
Unfälle mit Bleigurten sind nicht selten, und es gibt vielerlei Schwierigkeiten damit. Nach einer australischen Studie zur Erfassung von tauchbedingten Vorfällen [DIMS – Diving Incident Monitoring Study], die vor einigen Jahren durchgeführt wurde, waren Bleigurte an ungefähr 12 Prozent aller Unfälle beteiligt, die mit der Ausrüstung zu tun hatten, obwohl keiner der Fälle auf ein wirkliches Versagen des Bleigurtes selbst hindeutete.
Es scheint ganz so, als ob die Probleme mit Bleigurten in den meisten Fällen durch unser eigenes Tun bzw. Unterlassen entstehen würden. Unter den gemeldeten Problemen findet man schlecht gesicherte Schnallen und freie Gurtenden, die unter dem Gurt hindurch gewickelt oder zurückgeschlagen wurden.
Andere häufig vorkommende Fehler werden gemacht, wenn Taucher ins Wasser gelangen und feststellen, dass sie mehr Blei benötigen. Anstatt den Bleigurt abzunehmen und ein weiteres Stück Blei aufzufädeln, wird ein zusätzliches Gewicht einfach in eine Tasche des Tarierjacket gesteckt –vermeintlich eine schnelle und einfache Lösung, aber nicht die sicherste. Oftmals löst sich der Klettverschluss der Tasche, und das Bleigewicht fällt heraus. Vielleicht fällt es dem Taucher in der Tiefe nicht einmal auf, aber er wird es spätestens dann merken, wenn er versucht, im flachen Wasser einen Sicherheitsstopp durchzuführen.
Viele Taucher haben beim Abstieg Probleme, den straffen Sitz des Bleigurts aufrechtzuerhalten. Wenn der Neoprenanzug vom Druck zusammengepresst wird, verliert der Bleigurt seine Spannung. Wenn der Taucher den Großteil der Gewichte auf dem Rücken trägt, kann es passieren, dass sich der Bleigurt um die Taille herum dreht und die Schnalle auf dem Rücken landet, unterhalb der Tauchflasche.
Von da an sinken die Chancen, den Gurt anpassen oder ihn im Notfall abstoßen zu können, gegen Null. Ein aufmerksamer Taucher vermeidet dieses Problem, indem er häufig nach unten greift und den Gurt regelmäßig stramm zieht. Aber an genau dieser Stelle kann sich weiteres Ungemach einstellen.
Wenn die Hände des Tauchers kalt sind oder das freie Ende des Gurtes zu kurz ist, als dass es der Taucher ergreifen könnte, kann der Gurt leicht entgleiten und sich komplett verabschieden. Das Ergebnis könnte eine schnelle (und gefährliche) Fahrt zurück an die Oberfläche sein. Wir mögen über eigene Bleigurte verfügen, mit der richtigen Länge, der richtigen Bleimenge, mit komfortmäßig und sicher verteilten Bleigewichten, passend zur eigenen Standardtauchausrüstung; die Probleme entstehen, sobald wir Leihequipment verwenden.

Eine bessere Mausefalle
Für die Vielzahl an Problemen mit Bleigurten gibt es eine ganze Bandbreite von möglichen Lösungen. Wenn man zu Tauchbasen rund um den Globus fliegt, aber nicht die für Übergepäck erhobenen Gebühren der Fluggesellschaften bezahlen will, kann man einen Taschenbleigurt mitnehmen und anstelle eines Leihgurts verwenden. Man muss die Gewichte dabei nicht auf einen Gurt fädeln, denn – man mag es kaum glauben – der Taschenbleigurt verfügt über Taschen, in die man massive Bleigewichte oder Softblei stecken kann. Mit einem Taschenbleigurt tauchen wir immer noch mit unserer eigenen Ausrüstung, mit einem Gurt, den wir kennen und der richtig gut passt, aber wir tragen das lokale Blei mit uns, und kein ‚importiertes‘. Ein weiterer Vorteil des Taschenbleigurts besteht darin, dass man schnell und einfach Gewichte hinzufügen oder wegnehmen kann – sogar, während man den Gurt trägt. Vorsichtsmaßnahmen bei Taschenbleigurten sind, mit Bedacht ein Exemplar von hoher Qualität auszuwählen und diesen regelmäßig auf Anzeichen für Verschleiß oder Beschädigung zu untersuchen. Die Taschen sollten Sicherheit bieten, und Wasser sollte leicht daraus abfließen können. Schlecht ausgeführte Näharbeiten können zu sich lösenden Nähten führen, und wenn der Klettverschluss altert, kann dessen Haltekraft merklich nachlassen.
Ein anderer Weg zur Lösung des Problems mit den Gewichten ist das bleiintegrierte Tarierjacket.
Diese Jackets verfügen über spezielle Bleitaschen für die Bestückung mit Softblei, welche mit einem Schnellabwurfmechanismus ausgerüstet sind, um das Blei teilweise oder komplett abwerfen zu können. Anstatt das gesamte erforderliche Blei auf einem Gurt zu tragen, kann man dies nun teilweise oder ganz in das Tarierjacket packen, wo es oftmals für eine bessere Trimmung sorgt und sicherlich auch komfortabler zu tragen ist. Problematisch ist, dass viele Tauchbasen nur über massive Bleigewichte verfügen, die das Tarierjacket beschädigen können. Und wenn der Taucher mehr Blei benötigt, als in die vorgesehenen Taschen passt, muss er unter Umständen weitere Gewichte in die normalen Jackettaschen packen – das ist nicht gut.
Um das Problem mit dem ‚losen Bleigurt‘ zu lösen, bieten einige Hersteller kompensierende Gurte an, die automatisch die Spannung halten, wenn der Taucher abtaucht – eine Idee, die seit Jahrzehnten in den Köpfen herumgeistert. Die Firma Trident stellt einen tiefenkompensierenden Bleigurt aus Stretch-Gummi her. XS Scuba fertigt eine tiefenkompensierende Schnalle mit einem Federmechanismus, der den Gurt immer straff hält.
Trockentaucher und Andere, die sich mit einer umfangreichen Ausrüstung für kaltes Wasser rüsten, vertreten oft die Ansicht, dass ein Gurtgeschirr / Harness eine bessere Lösung gegenüber dem konventionellen Bleigurt darstellt, um das Gewicht komfortabel tragen zu können. Wie bei den bleiintegrierten Tarierjackets verfügen auch einige Gewichtsgurtgeschirre über einen Schnellabwurfmechanismus, mit dem die Gewichte abgeworfen werden können; das Harness selbst verbleibt dabei am Körper.

Probleme bei der Trimmung
Die meisten Taucher kämpfen mehr oder weniger mit Problemen der Trimmung. Wenn zu viel Gewicht zu weit oben am Körper liegt, neigt der Taucher zu einer Lage mit dem Kopf nach unten; wenn zu viel zu weit unten anliegt, sinken die Füße des Tauchers nach unten. In beiden Fällen bedeutet dies einen erhöhten Strömungswiderstand beim Schwimmen und eine größere Portion Unbehagen. Die Lösung liegt in einer korrekten Verteilung des Gewichts, und es gibt mehrere Methoden und Hilfsmittel, um dieses Ziel zu erreichen.
Eine besteht darin, die Position der Tauchflasche im Tarierjacket anzupassen und damit den Angriffspunkt der Auftriebskraft (positiv oder negativ) der Flasche zu verschieben. Einige Taucher mit Trockentauchanzügen oder sehr auftriebsstarken Füßlingen verwenden Fußblei, um gegenzusteuern.
Dies mag funktionieren, aber es bedeutet zugleich eine größere Anstrengung für die Beinmuskeln, die dieses Gewicht immer mit bewegen müssen. Ein Wechsel auf nicht ganz so auftriebsstarke Füßlinge könnte für einige Taucher die bessere Lösung sein.
Höhlentaucher – die sich vielleicht mit der größten Aufmerksamkeit um die eigene Trimmung kümmern – nutzen alle erdenklichen Strategien, unter anderem Stahlbänder an den Tauchflaschen und zusätzliche D-Ringe am Harness, an denen sie kleine Gewichte für eine exakte Trimmung befestigen können. Mehrere Hersteller fertigen mittlerweile Taschen für Trimmgewichte, die man an den Tauchflaschen befestigen kann und mit denen die Platzierung von Trimmgewichten erheblich vereinfacht wird.

Zurück zu den einfachen Dingen
Selbst wenn wir immer noch den einfachen Bleigurt verwenden, ob ausgeliehen oder nicht, können wir uns mit ein paar Tipps das Tauchen noch angenehmer gestalten. Der erste lautet, die Gewichte auf dem Gurt sinnvoll zu verteilen. So sollte nicht ein Großteil des Gewichts auf dem Rücken positioniert sein, sondern gleichmäßig um die Hüften herum verteilt werden. Auf diese Weise wird sich der Gurt auch nicht so leicht um 180 Grad drehen, wenn er beim Abtauchen seine Spannung verliert. Der nächste besagt, dafür zu sorgen, dass die Gewichte nicht auf dem Gurt herumrutschen und möglicherweise die Schnalle blockieren können. Eine einfache Methode besteht darin, den Gurt durch einen Gurtschlitz des Gewichts zu fädeln, den Gurt einmal zu verdrehen und anschließend damit durch den anderen Gurtschlitz zu fädeln. Alternativ können Sie sich auch einige ‚Bleistopper‘ besorgen, kleine, spezielle Formstücke, die so konstruiert sind, dass sie die Gewichte am Verrutschen hindern.
Das überstehende Gurtende, die ‚Zunge‘, sollte mindestens 10 bis 15 cm lang sein, aber nicht länger als 20 cm. Wenn es zu lang ist, flattert es im Weg herum und man ist leicht verleitet, es irgendwo hin zu stopfen, wo es nicht hingehört. Wenn es zu kurz ist, werden wir uns beim Nachjustieren unter Wasser sehr abmühen müssen.
Wenn wir darauf hoffen, dass wir den Bleigurt im Notfall auch wirklich abwerfen können, sollten wir unbedingt dafür sorgen, dass es eine freie Abwurfschneise nach unten hin gibt. Das bedeutet, kein anderer Gurt und kein Teil einer Bebänderung darf über den Gurt hinweg geführt sein; ein Ratschlag, den mein alter Tauchlehrer nicht müde wurde zu predigen. Das bedeutet auch, dass man das Tauchermesser oder –werkzeug an einem Platz befestigt, der es einem herunter fallender Bleigurt nicht ermöglicht, daran hängen zu bleiben.

Ausbildungsfragen
Unabhängig davon, welche Art von Ausrüstung wir verwenden, um Gewichte mitzuführen und die Trimmung abzustimmen, zahlt es sich in jedem Fall aus, den Umgang damit intensiv zu üben, insbesondere für Notfallsituationen. Die Handlungen, die wir in dem Wimpernschlag zwischen einem entspannten Tauchgang und einer plötzlich eintretenden, furchteinflößenden Situation ausführen müssen, sollten wir gut geübt haben, bis diese beinahe instinktmäßig und reflexartig abgespult werden.
Wie bei einem Piloten, dessen Maschine schon kurz nach dem Start anfängt zu stottern und abstirbt, bleibt oftmals nur wenig Zeit, um die möglichen Handlungsoptionen abzuwägen. Wenn der Moment kommt, in dem ein Taucher schnellstens sein Blei loswerden muss, sollte er nicht lange herumfummeln müssen um herauszufinden, welche Hand er nehmen, welche Leine er ziehen sollte, oder sich mit irgendeiner anderen Form von wirrem Durcheinander herumschlagen. Dies gilt gleichermaßen für seinen Tauchpartner, der mit seiner Ausrüstung bestens vertraut sein sollte. Egal, wer, ‚die Reißleine zieht‘, das Abwerfen des Bleigurts sollte schnell und reibungslos erfolgen.
Der Bleigurt mag von uns Tauchern ein bisschen wie ein Ärgernis angesehen werden, aber er ist nun mal unabdingbar, wenn wir unsere Zeit nicht damit verbringen wollen, an der Oberfläche entlang zu wabern und nach unten zu gucken.
Mit dem Einsatz von nur wenigen technischen Errungenschaften und einigen praktischen Kenntnissen können wir aber die alten Ärgernisse mit dem Bleigurt abwerfen.

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