Ein Grund zur Sorge

Nach einer größeren Operation sollten Sie so lange nicht tauchen, bis Sie wieder sicher Sport treiben können. Es gibt hier auf der nördlichen Halbkugel durchaus warmes Wetter, und viele von uns tauchen, wandern und fahren Rad, was unsere Herzen erfreut, im wahrsten Sinne des Wortes. Und wir machen uns nicht so große Sorgen wegen der ungewollten Pfunde, denn das Wetter spornt uns zu mehr Aktivität an. Für viele Taucher bedeutet die Winterzeit weniger Tauchen und Sport, herzhafte Mahlzeiten und eine Tendenz zur Gewichtszunahme, gewöhnlich in der Form von unerwünschten Fettpolstern. Falls Ihnen dieses Bild des Winters nur zu bekannt vorkommt, Sie haben viele Gleichgesinnte. Laut den Daten des ‚1999-2000 National Health and Nutrition Examination Survey‘ (NHANES) [Nationale Erhebung zur Gesundheit und Ernährung aus den Jahren 1999 und 2000] werden annähernd zwei Drittel der Erwachsenen in den USA als übergewichtig eingeordnet, 30,5 Prozent sind adipös. 35 Prozent der Erwachsenen und 14 Prozent der Kinder wiegen deutlich mehr als gut für sie wäre. Die immer gleichen Schuldigen sind übermäßiges Essen und Bewegungsmangel.

Übergewicht und Fettleibigkeit
Es ist wichtig, zwischen ‚übergewichtig‘ und ‚fettleibig‘ zu unterscheiden. Eine Person gilt als übergewichtig, wenn sie nach den Tabellen für Körpergröße und Gewicht der Krankenversicherungen bis zu 20 Prozent mehr wiegt als ihr Idealgewicht, z. B. nach der Tabelle der Metropolitan Lebensversicherung [USA]. Eine allgemeine Definition von ‚adipös‘ bezieht sich auf Menschen, deren Anteil des Körperfetts am gesamten Körpergewicht mehr als 20 Prozent beträgt. Dieser prozentuale Gewichtsanteil des Körperfetts wird gewöhnlich mit einer Hautfalten-Fettmessung an bestimmten Körperpartien mithilfe einer Messzange bestimmt, z. B. direkt unterhalb des Schulterblatts und über Oberschenkel, Trizeps und Bauch. Eine andere Methode zur Messung des Fettleibigkeitsgrads und zur Ermittlung der Körperzusammensetzung ist die Berechnung des ‚Body Mass Index‘ (BMI). Das Konzept des BMI wurde von den ‚National Institutes of Health‘ [Behörde des ‚United States Department of Health‘ für biomedizinische Forschung] entwickelt. Dabei wird eine Formel verwendet, die auf dem Verhältnis von Größe zu Gewicht einer Person beruht: Der BMI ergibt sich aus dem Gewicht einer Person in Kilogramm, geteilt durch deren Größe in Metern zum Quadrat (BMI = kg/m2).
 

Ein BMI zwischen 18,5 und 24,9 gilt beispielsweise als normal, während ein BMI von 30,0 bis 39,0 Adipositas anzeigt. Übergewicht ist problematisch, aber Adipositas kann Ihre Gesundheitsprobleme potenzieren, z. B. Bluthochdruck, Diabetes und beschleunigte Arteriosklerose (Ablagerungen, die die Flexibilität der Arterien einschränken). Adipöse Menschen haben deshalb ein erhöhtes Risiko für Herzattacken und Schlaganfälle, sowie eine verkürzte Lebenserwartung.

Übergewicht und Fettleibigkeit sind bekanntermaßen Risikofaktoren für:

  • Diabetes;
  • Herzerkrankungen;
  • Schlaganfälle;
  • Bluthochdruck;
  • Gallenblasenerkrankungen;
  • Osteoarthritis (Degeneration von Knorpel und Knochen im Gelenkbereich);
  • Schlafapnoe und andere Atemprobleme;
  • einige Formen von Krebserkrankungen (Gebärmutter–, Brust–, Kolorektal–, Nieren– und Gallenblasenkrebs).

Es besteht zudem ein Zusammenhang von Adipositas mit:

  • hohen Cholesterinwerten im Blut;
  • Schwangerschaftskomplikationen;
  • Störungen des Menstruationszyklus;
  • Hirsutismus (Übermäßige Körper– und Gesichtsbehaarung)
  • Inkontinenz bei Stressbelastung (verursacht durch eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur);
  • psychologische Störungen, z. B. Depression;
  • erhöhte Risiken bei Operationen.

Fettleibigkeit und die daraus resultierenden Gesundheitsrisiken können zudem die Tauchsicherheit negativ beeinflussen, sowohl für den Taucher selbst als auch für dessen Tauchpartner.

Operative Maßnahmen zur Gewichtsreduzierung
Praktische Ärzte sowie Organisationen wie die CDC [‚Centers for Disease Control and Prevention‘, Behörde der Vereinigten Staaten zum Gesundheitsschutz, dem Gesundheitsministerium unterstellt] und die AHA [‚American Heart Association‘, US-amerikanische Non-Profit-Organisation für die Prävention und Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen] empfehlen eine Kur aus gesunder Ernährung und Bewegung, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass Adipositas generell Anlass zur Sorge gibt. Und auch wenn es weitaus ratsamer erscheinen mag, gar nicht erst adipös zu werden, haben sich einige Mitmenschen zugunsten einer schnelleren Lösung für Maßnahmen entschieden, die jenseits der Möglichkeiten von Diäten angesiedelt sind. Personen, die schwerwiegende Gewichtsprobleme aufweisen, denen mit einer Kombination aus Diät und Bewegung nicht in ausreichendem Maße beizukommen ist, könnten zu Kandidaten für weitreichendere Eingriffe werden. In den vergangenen Jahren haben sich mehr und mehr Menschen Operationen wie dem Magenbypass bzw. einem bariatrischen Eingriff unterzogen, um ihr Gewicht verringern und kontrollieren zu können. Nach Informationen der ‚American Society of Bariatric Surgery‘ [Amerikanische Gesellschaft für bariatrische Chirurgie] haben sich in den letzten Jahren der 1990er Jahre etwa 16.000 Menschen derartigen Operationen unterzogen. Im Jahr 2003 wurden bei mehr als 103.000 Patienten bariatrische Eingriffe durchgeführt. Operative Gewichtsreduzierungen werden als größere Eingriffe angesehen, sie bringen von Natur aus immer Risiken und langwierige Auswirkungen mit sich. Taucher sollten außerdem wissen, wie sich diese Maßnahmen auf das Tauchen auswirken. Es werden einige unterschiedliche Verfahren empfohlen. Eingehendere Informationen über diese Verfahren kann man über verschiedene Quellen einholen, am besten von Fachmedizinern oder von einem Chirurgen. Es gibt im Wesentlichen zwei Arten von Verfahren, bei beiden wird die Größe des Magens verkleinert.

Der Roux-en-Y-Magenbypass
Das erste der beiden Verfahren wirkt über eine ‚Malabsorption‘, die durch den Bypass einer nicht unerheblichen Strecke des Dünndarms und Verkürzung des gesamten Verdauungstrakts erreicht wird (Anmerkung: die Verdauung geschieht hauptsächlich im Darm und nicht im Magen). Die Darmverkürzung reduziert die Menge der aufgenommenen Kalorien, Zucker und Fette, die normalerweise absorbiert würden. Dieses Verfahren gestattet den Patienten, eher normale Speiseportionen zu sich nehmen und eine größere Nahrungsbandbreite genießen zu können. Da weniger Nährstoffe absorbiert werden, verliert der Patient Gewicht. Einige wichtige Nährstoffe, Vitamine und weitere lebensnotwendige Substanzen könnten gleichermaßen schlecht aufgenommen werden, insbesondere Proteine, Fett, fettlösliche Vitamine (Vitamine A, D, E und K), Eisen, Kalzium und Vitamin B12. Patienten können Mangelerscheinungen vorbeugen, indem sie geeignete Nahrungsergänzungsmittel einnehmen. Die Operation hat eine Nebenwirkung, das sogenannte ‚Dumping-Syndrom‘. Magen und Darm bewegen die Nahrung mittels einer Reihe von wellenförmig ablaufenden Kontraktionen, die man Peristaltik nennt. Das Dumping-Syndrom tritt auf, wenn der Mageninhalt schnell in das Jujunum [‚Leerdarm‘] übertritt, einem Teil des Dünndarms zwischen dem Duodenum [Zwölffingerdarm] und dem Ilium [Krumm- oder Hüftdarm]. Symptome sind erhöhte Herzfrequenz, übermäßiges Schwitzen, reduzierte Aufmerksamkeitsspanne, Bauchschmerzen / –krämpfe, Schwindel, Durchfall und Hitzewallung.
 

Die Symptome können 30 Minuten bis drei Stunden nach der Mahlzeit auftreten. Wenn jemand diese Symptome unter Wasser erleidet, kann dies gefährliche Folgen haben. Ärzte empfehlen allen Patienten, die anfällig für das Dumping-Syndrom sind, frühestens drei Stunden nach der letzten Mahlzeit zu tauchen. Eine Variante des Verfahrens zur Malabsorption ist der ‚duodenale Switch‘ [duodenale Umstellung], bei dem ein Teil des umgangenen Dünndarms an einer anderen Stelle wieder mit dem Verdauungstrakt verbunden wird. Dieses Verfahren erreicht die gleichen malabsorptiven Effekte, verhindert aber die Entstehung eines Dumping-Syndroms. Es erfordert ebenfalls die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln und eine medizinische Überwachung.

Verringerung der Kapazität des Magens
Vertikale Magenband-Gastroplastik (bzw. einstellbare Magenband-Gastroplastik)
Ein weiteres restriktives Verfahren verkleinert die Größe des Magens. Nach der Operation passen in den Magen des Patienten möglicherweise nur noch 1 bis 2 Teelöffel. Bei dieser Methode wird die Menge, die der Patient auf einmal aufnehmen kann, drastisch reduziert; die Verdauung verläuft normal, und ernährungsbedingte Probleme wie Anämie und Osteoporose kommen so gut wie nicht vor. Der Patient benötigt keine fortlaufende ärztliche Überwachung oder Nahrungsergänzungsmittel größeren Ausmaßes. Patienten, die sich für dieses Verfahren entscheiden, müssen hinsichtlich der Nahrung, die sie zu sich nehmen, sehr wählerisch sein: Da die Nährstoffausnutzung unverändert bleibt, werden sich kalorienreiche Nahrungsmittel, Zucker und Fette genau so auf den Körper auswirken wie vor der Operation. Wenn ein Patient zu viel Nahrung aufnimmt oder größere Nahrungsstücke verspeist, kann es zum Erbrechen kommen.

Probleme nach der Operation
Einige Patienten leiden nach der Operation unter chronischem Sodbrennen. Ein solcher Reflux und die Regurgitation von Flüssigkeit und Magensäure kann einem Taucher in ‚Über-Kopf-Position‘, z. B. während des Abstiegs, Probleme bereiten. Taucher können Problemen mit Regurgitation oder Erbrechen durch Überlegungen hinsichtlich einer geeigneten Ernährungsauswahl und möglicherweise durch Medikamenteneinnahme begegnen. Ein Magen-Darm-Barotrauma bringt eher tauchspezifische Probleme mit sich. Während des Aufstiegs dehnen sich Gasblasen im Magen-Darm-Trakt aus. Wenn das Gas aufgrund eines blockierten Darmabschnitts nicht entweichen kann, könnte ein Darmriss auftreten. Tauchmediziner meinen, dass Taucher nach einem bariatrischen Eingriff ohne Komplikationen normalerweise kein erhöhtes Risiko für ein Magen-Darm-Barotrauma aufweisen sollten.

Wieder tauchen gehen
Wie lange müssen Sie nun nach einem bariatrischen Eingriff warten, bis Sie wieder tauchen gehen können? Ärzte empfehlen nach einer größeren Operation eine Wartezeit von vier bis sechs Wochen, bis Sie anstrengendere Aktivitäten wieder aufnehmen können. Nach einem bariatrischen Eingriff wird es wahrscheinlich besser sein, wenn Sie länger damit warten. Sie sollten möglichst ihre Ernährungsgewohnheiten angepasst, Probleme wie Sodbrennen und Erbrechen im Griff und Ihre maximale Gewichtsabnahme erreicht haben. Gewöhnlich wird für diesen Prozess mehr als ein Jahr nach der Operation benötigt. Taucher sollten so lange nicht wieder tauchen gehen, bis sie wieder ungefährdet Sport treiben können. Während einer Phase der Genesung und der Inaktivität können Sie eine Menge Muskelmasse und Körperkraft verlieren. Wann Sie das Tauchen wieder aufnehmen, sollten Sie einerseits von der für jede Behandlung erforderlichen Erholungszeit abhängig machen, andererseits von einer konditionellen Sicherheitsreserve, die Sie für eine jegliche Aktivität benötigen werden, die über die alltäglichen Anforderungen des Tauchens hinausgeht – einschließlich den außergewöhnlichen Anstrengungen, die Sie möglicherweise benötigen werden, wenn die Dinge sich einmal nicht so entwickeln wie geplant – und die Sie durch einen Wiedereinstieg ins Training aufbauen können. Hierdurch bauen Sie die Widerstandkraft auf, die Sie für die durch das Tauchen verursachten Anstrengungen für Herz und Lunge benötigen. Da Adipositas allgemein mit Arteriosklerose, Diabetes und Bluthochdruck in Verbindung gebracht wird, sollten sich umsichtige Taucher, die adipös sind oder sich kürzlich einem bariatrischen Eingriff unterzogen haben, auf diese Erkrankungen hin untersuchen lassen und spezielle Belastungstests durchlaufen. Für Menschen mit einer Neigung zum Übergewicht sind Gesundheitsfürsorge und Krankheitsprävention vorrangige Ziele. Ein bewusster Taucher kann sich durch eine Kombination aus geeigneter Ernährung, Sport und Bewegung sowie durch regelmäßige Arztbesuche dieser Probleme entledigen.

Informationsquellen [englisch]

American Diabetes Association www.diabetes.org.
American Society for Bariatric Surgery http://asmbs.org/.
Health Talk www.healthtalk.com.
Your Surgery www.yoursurgery.com.
Web MD. www.webmd.com.
Sleisenger & Fortran’s Gastrointestinal and Liver Disease, 7th Edition National Institutes of Health http://win.niddk.nih.gov/statistics/index.htm

Artikel herunterladen

Tauchen Sie in die
neuesten Geschichten ein,
bevor es andere tun.

Abonnieren Sie den
Alert Diver
Newsletter.