Tauchen und Ernährung: Eine interessante Verbindung
Ein bekannter Ernährungsexperte und der europäische Vorreiter in der wissenschaftlichen Forschung zur Tauchsicherheit: Die Zusammenarbeit zwischen dem DAN Europe DSL (Diving Safety Laboratory) Nutrition Observatory und Dr. Paolo De Cristofaro, Manager des Abruzzo Regional Nutrition Physiopathology Centre, Direktor des SINU (Italian Human Nutrition Society).
Professor, bitte erzählen Sie uns, wie und wann Ihre Zusammenarbeit mit der Forschungsabteilung von DAN Europe begann.
Dr. Paolo De Cristofaro: Sie begann aufgrund gemeinsamer Interessen und Wünsche: Letzten Sommer startete das DAN Diving Safety Laboratory ein neues und interessantes Projekt zum Thema Ernährung. Ich wiederum hatte gerade an der Personalisierung einer speziellen Diät zum Erreichen eines sportlichen Rekords mitgearbeitet… Ich würde sagen, es war eine schicksalhafte Begegnung! Unsere Absicht ist es, die Verbindung zwischen Sport und Nahrung, insbesondere zwischen Ernährung und Tauchen, zu untersuchen, um eine Datenbank zu den bio-psychologischen und verhaltensmäßigen Aspekten des Sport- und Freitauchens aufzubauen, die das Wissen über deren Charakteristika, Bedürfnisse, Verhalten und Risiken verbessern soll. Das endgültige Ziel ist es, eine Korrelation zwischen dem Ernährungsverhalten und den Risikofaktoren beim Tauchen herauszufinden, um die allgemeine Sicherheit zu verbessern, Unfälle zu verhindern und die Leistung in dieser Sportart zu verbessern.
Könnten Sie für uns die Phasen dieser Zusammenarbeit beschreiben?
Dr. Paolo De Cristofaro: Die Arbeit mit den DAN-Experten ist Teamwork, analog zu der Arbeit des Physiopathologiezentrums, das ich leite – eine integrierte, multidisziplinäre Struktur, die auf dem Gebiet der Essstörungen aktiv ist. Wir planen daher zu Beginn dieser Zusammenarbeit eine medizinische Untersuchungsphase (klinisch/anthropometrisch und metabolisch) von Sport-/Freitauchern, die persönlich zu der Forschung des Diving Safety Laboratory beitragen wollen, indem sie ihre Tauchprofile „spenden". Nachdem wir die Daten gesammelt haben, werden sie ausgewertet und durch das Studium verschiedener Teilnehmer (wir denken an Gruppen von maximal 10 – 15 Personen), bei denen wir neue Analysesysteme anwenden und die wir mit einem Multisensor überwachen, der die glykämischen Holter-Variablen, den Energieverbrauch und alle anderen physiologischen Variablen misst.
Existiert eine spezielle Diät für Taucher?
Dr. Paolo De Cristofaro: Die Frage ist einfach, die Antwort ist komplex… Zunächst finde ich das Wort „Diät" veraltet, negativ belastet und irreführend: Ich würde eher von einem Dialog mit dem eigenen Körper sprechen. Ein Dialog, den nicht jeder so pflegt wie er sollte und der für Sportmediziner von fundamentaler Bedeutung ist. Die Hauptmethoden, um das nötige Bewusstsein für den Körper auszubilden, sind das Führen eines Ernährungstagebuches und das Beantworten eines Untersuchungsfragebogens.
Ein weiteres Hauptkonzept ist das der „Ernährungspersonalisierung", eine Mission, an der ich schon lange und mit viel Leidenschaft arbeite: Es gibt keine Ernährungsempfehlungen, die universell gültig sind. Wir alle haben unsere eigenen Bedürfnisse… umso mehr, wenn wir Sportarten wie das Tauchen betreiben! Zuerst muss man zahlreiche Variablen betrachten (Gewohnheiten, Lebensstil etc.), diese mittels eines Fragebogens und Ernährungstagebuches analysieren und anschließend ein angemessenes Ernährungsprogramm für die physiologischen Veränderungen, die eine derartige Sportart mit sich bringt, ausarbeiten.
Sehen wir uns diesen Fragebogen genauer an: Wie ist er strukturiert und warum ist er so wichtig?
Dr. Paolo De Cristofaro: Zuerst möchte ich auf eine Tatsache hinweisen: Es handelt sich um einen absolut einzigartigen Fragebogen, der zusammen mit DSL-Forschern entwickelt wurde, um verschiedene Aspekte abzudecken und ihn an die Besonderheiten des Sport-/Freitauchens anzupassen. Er besteht aus vier Teilen: Allgemeine Details und Körpermaße, Lebensstil und sportliche Aktivität, Verhalten und Ernährungsvorlieben sowie Gesundheitszustand. Ein einfaches aber detailliertes, umfassendes Instrument, das die Teilnehmer zur Selbstbeobachtung und Selbsteinschätzung anregt und sie in die Lage versetzt, direkt zu der Entwicklung dieses Forschungsprogramms beizutragen.
Ausgefüllte Fragebögen werden in das Ernährungstagebuch über die 24 Stunden des Tauchtages integriert und können einen wichtigen Beitrag zur Entdeckung jeglicher Korrelationen zwischen der Aufnahme bestimmter Nahrungsmittel und Substanzen und dem Auftreten von Erkrankungen oder sogar Verletzungen leisten. Es ist fundamental, dass das Ernährungstagebuch neben festen Nahrungsmitteln auch die zu sich genommenen Getränke enthält: Wie einige DSL-Studien belegen, besteht tatsächlich eine Verbindung zwischen dem Hydrierungslevel des Tauchers und dem Auftreten von Symptomen der Dekompressionskrankheit.
Zu Beginn unserer Unterhaltung erwähnten Sie die Personalisierung eines Sportrekords. Können Sie uns mehr darüber erzählen, oder handelt es sich um ein Berufsgeheimnis?
Dr. Paolo De Cristofaro: Ich erzähle gerne etwas darüber. Ich begleite seit vielen Jahren die sportlichen Unternehmungen des Athleten Mirko Fazzini. Letzten Sommer konnte er einen Rekord in der Überquerung des offenen Meeres in einem Kajak aufstellen. Eine beeindruckende Leistung: Fazzini legte 163 Kilometer in 24 Stunden zurück, mit einer Geschwindigkeit von 7,4 km/h und machte dabei 72.000 Paddelschläge. Insgesamt verbrauchte er 5.700 Kalorien und nahm 3.500 zu sich. 2.200 davon bereits vor dem Rennen. Diese waren zusammengesetzt aus 60 % Kohlenhydrate, 32 % Fett und 8 % Proteine. Die Ruhephase betrug mit nur zwei Stunden weniger als die geplanten sechs – er paddelte also 22 Stunden lang.
Um einen derartigen Rekord aufzustellen war das Ernährungsprogramm, das ich für ihn aufstellte, fundamental. Es basierte auf der 2- bis 3-stündigen Aufnahme einer großen Menge leicht verdaubarer Fette und langsam verwertbarer Kohlenhydrate die hauptsächlich Maltodextrin enthielten, in Form von Gebäck aus Teig mit Mutterkulturen, feucht und angereichert mit einer Mischung aus Olivenöl und MCT-Öl, das sich durch mittelkettige Fettsäuren auszeichnet, die direkt von den Muskeln verarbeitet werden, und Sportlern eine direkt verwertbare Energiequelle liefern.
Eine Sache würde uns noch interessieren: Hat Ihre Zusammenarbeit mit DAN Europe Sie dazu angeregt, die Empfindungen und Gefühle des Tauchens einmal aus erster Hand erleben zu wollen?
Dr. Paolo De Cristofaro: Ich bin kein Taucher, aber ich würde nicht ausschließen, bald meinen Tauchschein zu machen!