Medizinische Beiträge
Tauchen mit Diabetes: Leitlinien und die neueste Forschung
Seit vielen Jahren aten Mediziner davon ab, mit Diabetes zu tauchen. Diabetes ist eine Erkrankung, die sich auf das Hormonsystem auswirkt, d. h. auf alle Drüsen, die Hormone produzieren und dadurch den Stoffwechsel, das Wachstum und die Entwicklung, die Gewebefunktion, die Sexualfunktion, die Reproduktion, den Schlaf, die Stimmung, usw. regulieren.
Das Gefährliche an Diabetes sind die Auswirkungen, die sie auf deine Bauchspeicheldrüse hat, also auf das Organ, das Insulin und Glukagon produziert. Das sind die beiden Hormone, die deinen Blutzuckerspiegel ausgleichen und aufrechterhalten. Bis 2015 waren bereits 415 Millionen Menschen weltweit an Diabetes erkrankt und man geht davon aus, dass es bis 2040 schon 642 Millionen sein werden.
Bedeutet das, dass Diabetiker nicht tauchen dürfen? Absolut nicht!
Aber gehen wir mal Alles durch, was du wissen solltest. Diabetes zu haben bedeutet entweder, dass deine Bauchspeicheldrüse nicht genügend Insulin produziert oder, dass die Zellen deines Körpers nicht richtig auf das produzierte Insulin reagieren. Es gibt verschiedene Arten von Diabetes:
- Bei Typ 1 Diabetes ist die Bauchspeicheldrüse nicht in der Lage, genügend Insulin zu produzieren. Das führt zu einer Insulinabhängigkeit (du musst dir Insulin spritzen). Die Ursache ist derzeit nicht bekannt.
- Typ 2 Diabetes beginnt mit einer Insulinresistenz, d. h. einer Erkrankung, bei der die Zellen nicht mehr richtig auf Insulin reagieren. Auch das kann zu Insulinmangel führen. Diese Art von Diabetes lässt sich durch eine gesunde Ernährung und durch die Einnahme von Medikamenten kontrollieren. Die häufigsten Ursachen hierfür sind eine ungesunde Lebensweise, Übergewicht und Bewegungsmangel.
Der Grund, warum Mediziner vom Tauchen mit Diabetes abraten ist, die prekäre und möglicherweise lebensbedrohliche Lage, in die Diabetiker kommen können, wenn ihr Blutzuckerspiegel zu hoch (Hyperglykämie) oder gefährlich niedrig ist (Hypoglykämie).
Nur zum Verständnis: Insulin (ebenso wie Bewegung) senkt deinen Blutzuckerspiegel und Glukagon (wie auch Lebensmittel mit Glukose) hebt deinen Blutzuckerspiegel. Der Blutzuckerspiegel von Diabetikern kann oft zu hoch oder zu niedrig sein und die Gefahr, dass sie unter Wasser einen Unfall haben, ist daher sehr groß. Das bedeutet, dass man beim Tauchen mit Hyperglykämie oder Hypoglykämie das Bewusstsein verlieren und in manchen Fällen sogar sterben kann. Dementsprechend weisen Mediziner natürlich auf die Gefahren hin, die das Tauchen mit Diabetes (vor allem, wenn die Krankheit instabil ist oder erst vor kurzem festgestellt wurde) mit sich bringt.
Bei einem hohen bzw. niedrigen Blutzuckerspiegel ist mit diesen allgemeinen Risiken, Symptomen und Wirkungen zu rechnen:
- Hyperglykämie (hoher Blutzuckerspiegel): extremer Durst, häufiges Wasserlassen, trockene Haut, Hunger, Sehstörungen, Übelkeit, Schläfrigkeit, nur langsam heilenden Wunden, Erbrechen.
- Hypoglykämie (niedriger Blutzuckerspiegel): Zittern, schneller Herzschlag, Schwitzen, Schwindel, Angst, Blässe, Hunger, Schwäche/Müdigkeit, Kopfschmerzen und Ohnmacht.
Im Zweifelsfall müssen Diabetiker sofort mit einem Gerät ihren Blutzuckerspiegel messen und dann bei niedrigen Werten etwas Zuckerhaltiges essen oder trinken bzw. die entsprechenden Medikamente einnehmen, um hohen Werten entgegenzuwirken.
Symptome und Vorsichtsmaßnahmen lassen sich unter Wasser kaum erkennen bzw. umsetzen. Und aufgrund der Tragweite der Probleme, die möglicherweise auftreten können, sind Diabetiker beim Tauchen ein größeres Risiko.
Früher wurde Diabetikern grundsätzlich vom Tauchen abgeraten. Und auch heute noch sind einige Mediziner ausdrücklich dagegen. In den letzten Jahren aber haben viele Taucher mit Diabetes die medizinische Industrie eines Besseren belehrt und bewiesen, dass es möglich ist, seiner Leidenschaft fürs Tauchen nachzugehen ohne dabei die eigene Gesundheit oder Sicherheit aufs Spiel zu setzen – und zwar mit Hilfe der richtigen Vorsichtsmaßnahmen.
Beim Tauchen mit Diabetes ist es wichtig, dass man seine eigenen Grenzen kennt und sich immer bei Experten eine objektive Meinung zum eigenen Gesundheitszustandes einholt, bevor man tauchen geht. Egal, wie gut man seine Erkrankung unter Kontrolle hat, Diabetiker können nicht ohne Einschränkungen tauchen. Das Gleiche gilt natürlich auch für Menschen ohne Diabetes, aber Diabetiker müssen akzeptieren, dass ihre Risiken höher sind – selbst wenn ihre taucherischen Fertigkeiten denen von Nicht-Diabetikern in nichts nachstehen. Diabetes sollte nie jemanden davon abhalten, die Welt zu entdecken, aber die richtigen Vorsichtsmaßnahmen sollte man trotzdem immer treffen.
Das Tauchen und die Medizin haben sich weiterentwickelt. Wenn eine Diabeteserkrankung früher bedeutete, dass man nicht tauchen durfte, so hat sich die Einstellung hierzu mittlerweile zum Glück geändert.
DAN Forschung zu Diabetes
Ergebnisse aus der DAN Europe Forschung deuten darauf hin, dass es für Taucher mit Diabetes hilfreich sein könnte, wenn sie während dem Tauchen ihren Blutzuckerwert (BZ) in Echtzeit im Auge behalten könnten und so die Verschlechterung einer Hypoglykämie verhindern bzw. Hypoglykämie-ähnliche Symptome während des Tauchens, richtig interpretieren könnten. Bei einer Studie wurden bei 26 Tauchgängen keine statistischen Unterschiede zwischen den BZ-Werten 5 Minuten vor, alle 5 Minuten während sowie 5 Minuten nach den Tauchgängen festgestellt.
Zudem bot diese Studie ein perfektes Beispiel dafür, wie Technologie Diabetikern dabei helfen kann, ihre Tauchsicherheit mit Hilfe eines CGM-Monitors (in einem wasserdichten Gehäuse) zu verbessern. Hier erscheinen die Blutzuckerwerte in Echtzeit auf einem Display und der Taucher kann seinen BZ kontinuierlich überwachen.
Bei einer anderen Studie der DAN Europe Forschungsabteilung kam man zu ähnlichen Ergebnissen, die zeigten, dass das Risiko einer Hypoglykämie beim Tauchen selbst dann nicht groß ist, wenn bei der ständigen Kontrolle festgestellt wird, dass der Blutzuckerspiegel kontinuierlich sinkt. Diese Erkenntnisse ermutigen Diabetiker noch mehr dazu, es mit dem Tauchen zu versuchen. Aus den Studien von DAN lässt sich eine allgemeine Schlussfolgerung ziehen: Mit einem Echtzeit-BZ-Kontrollsystem erhalten Taucher mit Diabetes sofort Informationen über ihre Blutzuckerwerte und die entsprechende Trends. Dadurch lässt sich die Sicherheit beim Tauchen erheblich verbessern, das sportmedizinische Wissen wird erweitert und das Interesse an diesem speziellen Gebiet wächst.
Sofern bei dir bisher keine langfristigen Komplikationen aufgetreten sind, ist es absolut vertretbar, dass du mit Diabetes tauchst. Du solltest dich jedoch regelmäßig untersuchen lassen und deine Diabetes so gut im Griff haben, dass du möglichen Risiken aus dem Weg gehen kannst.
Egal, ob du Diabetes hast oder nicht, unsere Mission ist es, dass jeder beim Tauchen sicher ist. Damit wir alle stolz auf uns sein können und unsere Leidenschaft für die Erkundung der faszinierenden Welt unter Wasser mit einander teilen. Wenn du darüber nachdenkst mit Diabetes zu tauchen oder jemanden kennst, der das bereits tut, dann nimm dir bitte einen Augenblick Zeit und lies dir unsere Empfehlungen durch.
Algorithmus, der auf selbst kontrollierten Kapillarblut-Zuckerwerten(BZ)vor dem Tauchen beruht.
Empfehlungen für das Tauchen mit Diabetes
- Sprich mit einem Arzt und einem Diabetes- bzw. tauchmedizinischen Experten, bevor du versuchst zu tauchen.
- Trage immer ein Diabetes-Armband, damit andere Taucher bei einem Notfall Bescheid wissen.
- Trage immer orale Glukose bei dir und sorge dafür, dass auch dein Tauchpartner welche dabei hat.
- Sorge dafür, dass vor Ort (an der Oberfläche) ein Glukagon-Spritzenset bereitliegt – für den Fall, dass du das Bewusstsein verlierst.
- Bevor du tauchen gehst, solltest du langsam verdauliche Kohlenhydrate essen und so für einen ausgeglichenen Blutzuckerspiegel sorgen.
- Messe deinen Blutzuckerspiegel unmittelbar vor und nach dem Tauchen.
- Tauche nicht tiefer als 30 Meter – eine Stickstoffnarkose kann man leicht mit einer Hypoglykämie verwechseln!
- Tauche nicht länger als 60 Minuten.
- Notiere deine Tauchgänge mit deinen Blutzuckerwerten in deinem Logbuch, damit du alle Informationen später noch einmal nachlesen kannst.
- Tauche nicht in kalten Gewässern, bei starken Strömungen oder unter Bedingungen, die körperlich sehr anstrengend sind.
- Sorge dafür, dass dein Blutzucker stabil ist und nicht unter 150 mg/dl (8,3 mmol/L) liegt – bei Typ 1.
- Überlege dir, ob es nicht Sinn machen würde ein kontinuierliches Glukoseüberwachungssystem zu verwenden, mit dem du deinen BG in Echtzeit überwachen kannst.
- Bleib vor, während und nach dem Tauchen immer gut hydriert und gesund.
- Entspanne dich und genieße dein Taucherlebnis.
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Quellen
- Diabetes Atlas
- Diabetes & Diving – DAN Southern Africa
- Diabetes and Recreational Diving: Guidelines for the Future’ Workshop Proceedings 2005, UHMS, DAN
- Scuba Magazine April 2015
- Ask DAN: Diabetes and Scuba Diving 2008
DAN Forschung
- "Continuous real time monitoring and recording of glycaemia during scuba diving: pilot study" – Pieri M, Cialoni D, Marroni A, Undersea Hyperb Med. 2016 Mai-Jun; 43(3):265-72.
- "A continuous real time monitoring and recording of glycaemia during scuba diving: case report"- Pieri M, Cialoni D, Piacente A, Balestra C, Marroni A. (Poster, 2014).
- "Real-time underwater glycaemia monitoring and recording during scuba diving: update" – Pieri M, Cialoni D, Marroni A (Poster, 2015).
- "Safety of recreational scuba diving in type 1 diabetic patients: The Deep Monitoring programme" – Bonomo M1, Cairoli R, Verde G, Morelli L, Moreo A, Grottaglie MD, Brambilla MC, Meneghini E, Aghemo P, Corigliano G, Marroni A., Diabetes Metab. 2009 Apr;35(2):101-7. doi: 10.1016/j.diabet.2008.08.007. Epub 2009 Feb 28.