Foto: Marcello Di Francesco
Netiquette beim Tauchen

Taucher-Knigge: Der Buddy

„Wer ist dieser Kerl, der meint, er könne uns sagen, was wir tun sollen? Haben wir das wirklich nötig?“ 

Es ist ein wirklich großes Missverständnis, dass der gesunde Menschenverstand so eine Art Besserwisser ist, der immer und in jeder Situation weiß, wie man sich am besten verhält. Tatsache ist aber, dass nicht jeder sich mit Booten und Meerestiefen gleich gut auskennt und dass also immer das Risiko besteht, man etwas falsch zu machen.

Die meisten Verhaltensregeln wurden einmal aufgestellt, um zu verhindern, dass sich aus Missverständnissen Duelle, Kriege und andere unangenehme Ereignisse entwickeln. Beim Tauchen ist das Ganze für gewöhnlich weniger dramatisch. Aber man sollte nicht vergessen, dass Propeller und Stickstoff genauso viel Schaden anrichten können wie Schwerter und Macheten.

Seien wir doch mal ehrlich: das Verhalten manch eines Tauchers kann wirklich nerven. Aber zum Glück gibt es auch viel zu lachen. Peinliche Fehler und Irrtümer sind oft wie Funken und lösen Spaß und Gelächter aus.

Diese Serie zum Thema Netiquette beim Tauchen ist das Ergebnis einer sorgfältigen Beobachtung von Tauchern, ihrem sozialen Verhalten und natürlich der Erfahrung, die -wie Oscar Wilde sie definierte- die Summe unserer Fehler ist.

DER BUDDY

Für einige Taucher ist es schwer zu verstehen, aber Sicherheit und Spaß beim Tauchen basieren auf ein und derselben Sache: dem Buddy-System. Einfacher ausgedrückt bedeutet das: dank deines engen Begleiters hast du  immer Hilfe und Luft dabei. Vier Augen sehen mehr als zwei, und das nicht nur beim Sicherheitscheck. Man erweitert auch seinen Beobachtungsradius. Zwei Menschen sehen mehr als einer und können dadurch zusammen auch mehr Freude haben.

Den eigenen Buddy gut zu behandeln und dafür zu sorgen, dass er sich wohlfühlt, ist für jeden Taucher Pflicht. Wenn du das nicht tust, ist es sehr wahrscheinlich, dass er mit dir genauso umgeht wie du mit ihm, dich ignoriert und dich nicht darauf hinweist, dass da gerade ein fantastischer Walhai vorbeizieht (während du damit beschäftigt bist, deine Tarierweste zurechtzuzurren). Ganz egal, ob Dein Buddy Dein Reisebegleiter ist oder Du ihn vor Ort gefunden hast – der Respekt füreinander und die Pflichten sind die gleichen. Und wenn ihr euch noch nicht kennt, dann hilft ein Tick mehr Freundlichkeit immer weiter.

Stelle dich als Taucher richtig vor. Zeig mehr als nur ein Lächeln, sag‘ mehr als nur „Hallo, ich bin John“. Erzähle (kurz!) ein bisschen von dir, deinen Erfahrungen und sag‘, was du unter Wasser sehen möchtest. Wenn du mit diesen Themen das Eis brichst, dann kann dein Buddy besser auf dich aufpassen und über seine eigenen Taucherfahrungen und Erwartungen sprechen. Frag ihn, wo er schon getaucht ist und wie viele Tauchgänge in seinem Logbuch stehen. Zeige ihm, dass du wirklich Interesse an seinen Erfahrungen hast. Wenn du seine Grenzen kennst, kannst du unter Wasser Überraschungen vermeiden oder auch selbst sicher werden. Frag ihn, auf welcher Seite von dir er am liebsten tauchen will. Denn ihr solltet einander sofort und nur durch ein Drehen des Kopfes finden. Neue Buddys erkennt man ganz einfach daran, dass sie immer in drei Achsen rotieren. Aber, wenn du deinen Buddy schon kennst, musst du ihn natürlich NICHT noch einmal zu seinem Leben befragen.

Wenn dein Buddy weniger Erfahrung hat als du, dann sei so höflich und passe dich an seine Fähigkeiten und die Grenzen seines Brevets an. Und erwarte nicht das Gegenteil. Sorge dafür, dass er sich nicht unwohl fühlt oder in eine für ihn stressige Situation gerät. Passe deine Geschwindigkeit, Tiefe und deine Tauchzeiten an seine Fähigkeiten und seinen Verbrauch an. Mal eben auf 40 Meter abzutauchen, um sich eine Korallenformation anzuschauen, während der Open Water-Buddy auf 18 Metern bleibt („aber doch nur ganz kurz!“) – das gehört sich einfach nicht.

Einigt euch auf eure Unterwasserzeichen. Shaker, Tankbanger und andere Signalgeber sind (leider) sehr häufig mit dabei und jeder erkennt die Geräusche. Aber nicht jeder weiß, dass man auch in seinen Regler schreien kann, um gehört zu werden. Wenn du dieses System verwenden möchtest, dann sag das deinem Buddy und mach an der Oberfläche vielleicht ein paar Tests mit ihm. Und, jemanden an den Flossen zu ziehen ist zwar nicht die beste Option, aber immer noch besser als ein Schlag auf den Oberschenkel. Wenn du jemanden (sanft) berühren musst, dann ist auch unter Wasser dafür die Schulter die richtige Stelle.

Kommuniziere. Zeige deinem Buddy, was du interessant findest. Aber verzichte bitte darauf, Dinge länger eingehend zu betrachten, die dein Tauchpartner möglicherweise noch langweiliger als Straßenschilder findet. Zehn Minuten vor einer Artilleriekugel sind eine lange Zeit, wenn dein Buddy kein Fan von Militärgeschichte ist.

Wenn dir als Tauchpartner allerdings ein Unterwasserfotograf zugewiesen wird, dann solltest du den Tauchcentermanager um einen saftigen Rabatt bitten!

BITTE NICHT

  • Ziehe deinen Buddy bitte nicht am Schlauch seiner Tarierweste, wenn er die Kontrolle verloren hat und sinkt. Die Erklärung hierfür erspare ich mir jetzt. Wenn du irgendwelche Fragen dazu hast, dann solltest du vielleicht dein Open Water Manual mal wieder aufschlagen, und zwar vor allem die Kapitel über die Ausrüstung und das Buddysystem.
  • Bitte keine Scherze, wie das Zudrehen der Luftzufuhr oder das Abnehmen der Maske, und zwar insbesondere nicht mit einem Buddy, den du nicht gut kennst.
  • Bitte nicht „Wasser ablassen“, wenn du deinem Buddy sehr nahe bist. Im Nassanzug darfst du das zwar, aber bitte nur, wenn es dein eigener und kein Leihanzug ist.

ZU GUTER LETZT

Egal, ob dein Buddy neu ist oder ihr schon ewig zusammen taucht, sei immer so höflich und mache selbst auf einem Schlauchboot einen Sicherheitscheck. Diese Regel wird am häufigsten missachtet.  Das ist eine kurze Sache, dauert weniger als eine Minute, und sorgt dennoch für Sicherheit und dafür, dass man sich wohlfühlt.

Deinen Buddy im Stich zu lassen, egal ob im Wasser oder an der Oberfläche, ist nicht nur unhöflich. Bei einem Unfall, kann das sogar rechtliche Folgen haben.

Divemaster Tipp Wenn du einen Tauchgang organisierst und Buddys zuteilst, dann gilt die goldene Regel, dass man harmonische Paare zusammenstellt. 
Sofern keine besonderen Dive Center Richtlinien gelten (z.B. bzgl. Leuten, die sich kennen), sollten Experten mit Experten tauchen und Anfänger mit Anfängern. 
Ich weiß, dass das für dich anstrengender sein kann. Aber das lässt sich mit der üblichen, alten Methode gut in den Griff bekommen: die Taucher, die mehr Aufmerksamkeit benötigen, müssen so nah wie möglich bei dir sein. Denn schließlich sind erfahrene Taucher, die für den Tauchgang bezahlt haben, nicht dafür verantwortlich auf andere aufzupassen. Das ist deine Aufgabe.


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