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Safety

Flaschenventile und ihre Rolle bei Tauchunfällen

Man könnte meinen, Flaschenventile seien überall auf der Welt gleich. Das ist jedoch nicht der Fall. Es gibt einige grundlegende Unterschiede, die in der Vergangenheit zu Verwirrung, gefährlichen Situationen und sogar tödlichen Unfällen geführt haben.

Auslassanschlüsse

Die meisten von uns wissen, dass Flaschenventile entweder über einen INT-Anschluss (mit Bügel, Englisch: yoke oder A-clamp) oder über einen DIN-Aschluss (mit Gewinde) mit der ersten Stufe des Atemreglers verbunden werden. Es gibt jedoch bei den DIN-Anschlüssen je nach Betriebsdruck und Art des Gases Unterschiede, die der Erklärung bedürfen.

DIN-Ventile an Flaschen für Luft bezeichnet man üblicherweise als DIN Luft. Es gibt jedoch zwei verschiedene Konfigurationen: einen 232-bar-Anschluss (auch als 200-bar-Anschluss bezeichnet) und einen 300-bar-Anschluss. Der Begriff DIN ist eigentlich veraltet. Historisch gab es die Versionen DIN 477 #13 für bis zu 300 bar und #56 für 300 bar und mehr. Heute heißt die Spezifikation ISO 12209, aber in Tauchkreisen wird der Begriff DIN weiterhin verwendet. Beide DIN-Anschlüsse haben G5/8-Zoll Innengewinde. Allerdings hat das Gewinde der 200-bar-Version fünf Windungen, während die 300-bar-Version 7 Windungen hat. Eine auf 300 bar ausgelegte erste Stufe passt auf 200- 300-bar-Ventile. Eine erste Stufe für 200 bar passt jedoch aus Sicherheitsgründen (um eine Überlastung der ersten Stufe zu vermeiden) nicht auf ein 300-bar-Flaschenventil.

In Europa gibt es außerdem das etwas größere M26-Gewinde für Nitrox mit einem Sauerstiffgehalt von 22% und mehr. Dieses Ventil, eingeführt in der Euro-Norm EN 144-3, hat den Zweck, eine Befüllung von Flaschen mit dem falschen Gas und die Verwendung von Atemreglern für Luft bei mit Nitrox gefüllten Flaschen zu verhindern, da dies Brandgefahr verursachen könnte. Dies bedeutet, dass beim Tauchen mit Nitrox in Europa sowohl das Flaschenventil als auch die erste Stufe einen M26-Anschluss haben sollten. Das Problem hierbei ist, dass der M26-Anschluss außerhalb Europas sehr selten ist, was die Verwendung eines Adapters zu DIN oder INT erforderlich macht und somit die Intention hinter der EU-Richtlinie konterkariert. Wie das DIN-Ventil ist auch das M26-Ventil in 200- und 300-bar Versionen erhältlich.

Das INT-Ventil wird nur mit 200/232-bar-Flaschen verwendet. Die meisten DIN-Ventile für 200 bar lassen sich mit einem Einsatz zu INT-Ventilen konvertieren.

Gewinde am Flaschenhals

Das Gewinde zwischen Flaschenhals und Ventil stellt das größte Sicherheitsrisiko dar. Die häufigsten Gewindearten sind BSP (British Standard Pipe) G3/4-14 und das metrische M25x2. Diese Gewinde sind sehr ähnlich, so dass es leider möglich ist, ein M25x2-Ventil in eine Flasche mit G3/4-Gewinde einzusetzen. Hierbei fühlen sich die ersten Drehungen etwas lose an, und auf etwa halbem Weg stößt man auf leichten Widerstand. Mit ein wenig Kraft lässt sich das Ventil jedoch weiter in den Flaschenhals eindrehen. Hierdurch wird das Gewinde beschädigt, und die Verbindung wird instabil. Beim anschließenden Befüllen der Flasche übt der Druck eine so große Kraft auf das Gewinde aus, dass das Ventil herausgedrückt wird. Die Druckwelle und das mit hoher Geschindigkeit herausfliegende Ventil können großen Schaden und tödliche Verletzungen verursachen. Sollte das Ventil im Flaschenhals bleiben, ist es nur eine Frage der Zeit, bis es herausgesprengt wird. Das kann überall passieren: Im Kofferaum, zuhause, im Schwimmbecken oder während eines Tauchgangs… in der Vergangenheit hat dies zu mehr als einem Todesfall und schweren Verletzungen geführt.

Neben den oben genannten gibt es noch weitere Ventiltypen wie M18x1.5, das verwendet wird, wenn der Flaschenhals zu klein für, zum Beispiel, ein M25x2-Gewinde ist. Hier besteht jedoch keine Verwechslungsgefahr.

Als allgemeine Sicherheitsregel sollten Flaschenventile nur duch entsprechen qualifizierte Personen installiert werden, die die verschiedenen Gewindetypen zu unterscheiden wissen. Eigentlich sollte der Gewindetyp sowohl im Ventil als auch in der Flasche eingeprägt sein. Das ist jedoch nicht immer der Fall, oder die Prägung könnte durch Abrieb unlesbar sein.

In den USA und einigen asiatischen Ländern wird der Anschluss 3/4” National Pipe Straight Mechanical (NPSM) verwendet. Dieser ähnelt dem BSP 3/4”-Anschluss und verursacht die gleichen Gefahren wie oben beschrieben.

Als wäre das alles noch nicht verwirrend genug, meinen viele Leute, dass M25 und M26 nur den Ventilauslass bezeichnen und wissen nicht, dass es auch für den Ventileinlass unterschiedliche Schnittstellen gibt. Wie oben beschrieben, kann dies zu schwerwiegenden Konsequenzen führen. Mit der richtigen Ausbildung und der entsprechenden Sorgfalt lassen sich diese jedoch vermeiden.


Im Folgenden werden einige der in den Medien berichteten Vorfälle zu diesem Thema aufgeführt:


Der Autor

Guy Thomas ist Tauchlehrerausbilder und Erste-Hilfe-Lehrer-Ausbilder und arbeitet in Vollzeit als DAN Europe Director of Safety Programs, wo er für die Entwicklung und Umsetzung der Sicherheitsinitiativen von DAN Europe zuständig ist. Er ist außerdem Mitglied des Sonderrettungsteams des Italienischen Roten Kreuzes und gehört als Rettungsschwimmer und Tauchsanitäter der Besatzung eines Rettungshubschraubers der italienischen Polizia di Stato an.

Der Übersetzer

Tim Blömeke unterrichtet Tech- und Sporttauchen in Taiwan und auf den Philippinen. Er ist Autor und freier Übersetzer, sowie Mitglied des Redaktionsteams von Alert Diver. Im Netz erreicht man ihn über seinen Blog und auf Instagram.

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