Foto: Marcello Di Francesco
Safety

Beliebt und tückisch: sechs Tauchplätze, bei denen man besonders aufpassen sollte

Manche beliebte Tauchplätze sind anspruchsvoller als andere. Hier steht, was du wissen musst, um sie sicher zu betauchen.

Taucher sind Reisende. Bei der Notfallzentrale von DAN Europe gehen Hilfsanfragen von Mitgliedern aus aller Welt ein, und die Verteilung der Anrufe auf der Landkarte liefert ein interessantes Bild der bevorzugten Reiseziele von DAN Europe-Mitgliedern. Sie zeigt außerdem, dass eine nicht unerhebliche Anzahl von Notrufen von einer relative kleinen Auswahl spezifischer Tauchplätze kommen. Wir haben uns entschieden, einen genaueren Blick auf sechs dieser Tauchplätze zu werfen. Wir wollen damit niemanden davon abhalten, diese Tauchplätze aufzusuchen – ganz im Gegenteil. Wir möchten jedoch ein paar Tipps geben, um die Sicherheit an diesen Plätzen zu verbessern. Eine besser informierte Gemeinschaft ist eine sicherere Gemeinschaft.

Sind einige Tauchplätze gefährlicher als andere?

Es leuchtet ein, dass ein Korallengarten auf 12 Metern in ruhigem, klarem Wasser weniger gefährlich ist als ein tiefes, von starken Strömungen umspültes Wrack. Manche Tauchgänge erfordern schlicht mehr Erfahrung, spezielle Ausbildung, und eine den Bedingungen angemessene Ausrüstung.

DAN stellt eine Häufung von Hilfsgesuchen infolge von Tauchgängen an einigen wenigen, weltberühmten Orten fest – Traumziele für viele von uns. Dies könnte schlicht eine Frage von Zahlen sein: Weltklasse-Tauchplätze wie die Wracks der Thistlegorm und Zenobia, oder das Blue Hole in Dahab, ziehen sehr viele Taucher an. Es sollte daher nicht überraschen, dass es an diesen Orten auch zu entsprechend mehr Vorfällen kommt als an anderen Orten mit ähnlichen Bedingungen.

Wir haben die wichtigsten Eigenschaften dieser Tauchplätze analysiert und die Meinung von mit den Bedingungen vor Ort vertrauten Tauchprofis eingeholt. Unsere Liste basiert auf den Anrufen in der Notrufzentrale von DAN Europe. Notrufe bei anderen Organisationen wie Hafenverwaltungen, Polizei, Rettungsdiensten, und Einrichtungen des Gesundheitswesens werden nicht berücksichtigt.

DIE TOP 6

#1 Blue Hole

Dahab, Halbinsel Sinai, Ägypten – Tauchgang von Strand

Das Blue Hole in Dahab ist ein Mekka für Tech- und Apnoetaucher aus aller Welt. Der durch Erosion im umgebenden Riff gebildete Karsttrichter hat eine Tiefe von mehr als 120 Metern. Auf 55 Metern verbindet ein Bogen das Blue Hole mit dem offenen mehr. Laut verschiedenen Quellen ist das Blue Hole der Tauchplatz mit den meisten tödlichen Unfällen weltweit.

Gefahrenquellen

  • Gute Sicht und ruhige See können dazu verleiten, die Tiefe und Schwierigkeit des Tauchgangs zu unterschätzen
  • Desorientierung
  • Mit dem Tauchplatz unvertraute Taucher können zu lange auf Tiefe bleibem oder sich auf der Suche nach dem Bogen (Ausgang) verirren
  • Taucher überschreiten die Grenzen ihrer Ausbildung
  • Narkose
  • Apnoetaucher tauchen ohne Sicherheitsteam, oder sogar solo
  • “Mutproben”
  • Dehydrierung (Strandtauchgang bei großer Hitze)

Tipps zum Überleben

Quelle: der Autor; 12 Jahre Erfahrung als Dive Guide und Tauchlehrer im Roten Meer, Druckkammerassistent bei HyperMed in Sharm el Sheikh.

Für Sporttaucher:

Eine Tour des Außenbereichs ist ein deutlich besserer Tauchgang. Zugang zum Blue Hole ist über eine flache Senke möglich (etwa 6 m). Der Tauchgang kann auch an The Bells begonnen werden. Die Innenwände des Blue Hole sind öde und auf den für Sporttaucher relevanten Tiefen komplett frei von Attraktionen. Ausrichend trinken. Der Versuch, mit einem 12-Liter-Tank den Bogen zu durchtauchen, birgt das Risiko von schwerer Narkose, Orientierungslosigkeit, und Luftnot.

Für Apnoetaucher:

Nicht alleine tauchen (Red: Dies gilt für das Apnoetauchen allgemein!). Am besten wendet man sich an eines der vielen Apnoetauchzentren.

Für alle anderen:

Am besten taucht man mit einer der örtlchen Tech=Tauchbasen oder einem renommierten Profi. Ausrüstung kontrollieren und darauf achten, ausreichend zu trinken.

#2 SS Thistlegorm

Shaab Ali, Straße von Gubal, Golf von Suez, Ägypten – Wracktauchgang

Das Wrack der Thistlegorm ist eine Zeitkapsel auf 32 Metern Tiefe. Das britische Frachtschiff war mit militärischen Gütern und Munition beladen, als es 1941 von einem deutschen Bomber versenkt wurde. Im Wrack findet man Jeeps, LKWs, kleine Kettenfahrzeuge, Motorräder, Waffen und Munition.

Taucher vor Ort witzeln, dass die Thistlegorm mehr Geld einbringt als die Pyramiden von Gizeh. An diesem Tauchplatz geschehen die meisten Unfälle in der Gegend von Sharm el Sheikh.

Gefahrenquellen

  • Starke Strömung und schlechte Sicht sind die Norm
  • Rechtecksprofil
  • Begrenzter Platz an der Aufstiegsleine kann Sicherheits- und Dekostopps für größere Gruppen zu einer Herausforderung machen.
  • Bootsverkehr an der Oberfläche
  • Heftige Bewegungen von Leitern und Plattformen in rauer See
  • Müdigkeit (die Fahrt zum Wrack beginnt sehr früh morgens)
  • Dehydrierung und Reststickstoff bei Wiederholungstauchgängen können DCS befördern

Foto: Stefano Gualtieri

Tipps zum Überleben
Quelle: der Autor

Beim Briefing lohnt es sich, genau hinzuhören. Wenn beim Abstieg oder Aufstieg entlang des Festmachers Strömung vorhanden ist, dann UNBEDINGT darauf achten, immer eine Hand an der Leine zu haben. Wenn du die Gruppe verlierst, am Festmacher bleiben und aufsteigen. Wenn du zu Beginn des Aufstiegs den Festmacher deines Boots nicht finden kannst, verschwende keine Zeit und benutze einfach den nächstgelegenen. Schwimmende Plattformen und Bootspropeller sind dein schlimmster Feind: Beim Aufstieg IMMER nach oben schauen. Nach dem Sprung ins Wasser sollte man sich umgehend von der Plattform entfernen. Während des Abstiegs und besonders beim Aufstieg ist es wichtig, ständig die Tarierung zu kontrollieren, bei der Gruppe zu bleiben und nicht unnötig zurückzufallen. Vergiss Luft; Nitrox ist das Gas der Wahl. Am Vorabend empfiehlt es sich, sich von Bars und Clubs fernzuhalten. Warte mit dem Wassertrinken nicht, bis du durstig bist, sondern achte schon am Vortag auf angemessene Hydrierung.

#3 MS Zenobia

Larnaca, Zypern, östliches Mittelmeer – Wracktauchgang

Die in Schweden gebaute Fähre sank 1980 in der Nähe des Hafens von Larnaca, als aufgrund eines Softwarefehlers Ballastwasser in die falsche Seite des Rumpfs gepumpt wurde. Das Wrack ist etwa 170 Meter lang und liegt auf der Backbordseite auf einer Tiefe zwischen 17 und 42 Metern. Das Wrack ist recht einfach zu betauchen; auch Anfänger können es von außen bestaunen. Daher gehört die Zenobia zu den meistbetauchten Wracks der Welt.

Gefahrenquellen

  • Scharfe Metallteile
  • Rechtecksprofil
  • Orientierungsverlust aufgrund der Schräglage des Wracks
  • Verletzungen durch Meeresfauna
  • Überschreitung der Nullzeit
  • Dehydrierung

Tipps zum Überleben

Quelle: Chris Demetriou, Tauchbasenleiter, DAN-Ausbildertrainer, Druckkammer-Bediener

Taucher sollten gut informiert, körperlich fit und versichert sein. Zuverlässige Tauchbasen findet man über die Cyprus Diving Centre Association (CDCA), oder indem man nach DAN HIRA-Tauchbasen oder nach ISO 24803 zertifizierten Basen sucht. Es loht sich, beim Briefing gut zuzuhören; die Guides kennen die besten Stellen. Am besten verwendet man die Festmacher für kontrollierte Ab- und Aufstiege. Tauchcomputer und Nitrox sind zu empfehlen, und man sollte die Nullzeit im Auge behalten. Die Penetration kann unterschiedlich schwierig sein. Taucher müssen ihre Grenzen kennen, den Gasbedarf korrekt berechnen und die richtige Ausrüstung tragen. Das Wrack hat scharfe Kanten, und Meereslebewesen können stechen. Gute Tarierung hilft, beide Gefahren zu vermeiden. In Zypern kann es sehr heiß werden, daher empfiehlt es sich, viel zu trinken.

#4 Haven

Arenzano, Ligurien, Italien – Wracktauchgang

Der 344 m lange Supertanker der Firma Amoco geriet 1991 im Hafen von Genua in Brand. An Bord waren 140.000 Tonnen Rohöl und 12.000 Tonnen Kraftstoff. Das Schiff riss sich los und trieb brennend aufs Meer hinaus, wo es eine Seemeile vor der Küste von Arenzano in 90 m Wassertiefe auf den Grund sank. Die von der Haven verursachte Ölpest war die schlimmste Umweltkatastrophe im Mittelmeer. Nach mehreren schweren Unfällen von Sporttauchern ist das Tauchen auf diesem Wrack streng reguliert und überwacht.

Gefahrenquellen

  • Tiefe
  • Möglicher Orientierungsverlust im Blauwasser, selbst an der Leine
  • Rechtecksprofil
  • Fehlende Ausrüstungschecks
  • Fehler bei der Tauchgangsplanung
  • Strömung
  • Große Entfernungen zwischen interessanten Stellen

Foto: Niccolò Crespi

Tipps zum Überleben

Quelle: Niccoló Crespi, Tech-Tauchlehrer, Berufstaucher

Dieses Wrack hat keine spezifischen Gefahrenquellen. Die Sicht ist meist sehr gut, es gibt keine Fischernetze oder ähnliches, und der Maschinenraum ist sehr groß. Tech-Taucher verwenden generell eine Leine bei der Penetration des Wracks und sind meist angemessen hydriert. Das größte Problem mit der Haven, meiner Meinung nach, liegt in den Köpfen mancher Taucher. Trotz der ständigen Ermahnungen örtlicher Tauchbasen an Rebreather-Taucher, ihre Checklisten abzuarbeiten und die Sauerstoffventile zu öffnen, kam es zu mehreren Fällen von Hypoxie in den ersten Minuten des Tauchgangs. Für Ab- und Aufstieg sollten immer die Festmacher verwendet werden. Für das Betauchen der Außenseite des Wracks empfiehlt sich das Verwenden eines Scooters/DPVs.

#5 Gardasee

Lombardei/Venezien/Trient-Alto Adige, Italien

Der größte See Italiens, dessen Wasser in drei verschiedenen Regionen Italiens ans Ufer spülen, ist ein Reiseziel, das sich besonders bei Tauchern aus Noreuropa großer Beliebtheit erfreut. Diese Taucher finden hier aufregendere Tiefen und ein angenehmeres Klima vor als in der Ostsee oder den eiskalten Seen der Alpen. Neben der typischen Süßwasserfauna und -flora liegen im Gardasee auch Wracks aus dem zweiten Weltkrieg. Die Tauchbedingungen variieren je nach Windstärke.

Gefahrenquellen

  • Tiefe
  • Rechtecksprofile
  • Taucher, die jenseits der Grenzen ihrer Ausbildung tauchen
  • Fehleinschätzung der eigenen Grenzen
  • Schlechte Tauchgangsplanung
  • Dehydrierung
  • “Mutproben”

Foto: Giuseppe Pastoressa

Tipps zum Überleben

Quelle: Davide De Lorenzi, Tauchbasis-Leiter und DAN-Ausbilder

Der Gardasee hat nahezu senkrechte Wände, die in Tiefen jenseits der 200 Meter hinabreichen. Viele Tauchplätze sind vom Ufer aus erreichbar, so dass Taucher häufig ohne Unterstützung einer Tauchbasis oder eines Boots ihrer Leidenschaft nachgehen. Gut ausgebildete, kompetente Taucher finden alles, was sie brauchen. Gängige Faktoren, die zu Unfällen beitragen, sind Dehydrierung, Kälte, Erschöpfung, Gasdichte, und fehler bei der Planung. Der wichtigste Ratschlag ist, den gesunden Menschenverstand zu benutzen und einen Tauchgang abzubrechen, wenn nötig. Hört auf eure innere Stimme, bevor ihr ins Wasser geht.

#6 El Hierro

Kanarische Inseln, Spanien

El Hierro gehört zu den wildesten der kanarischen Inseln. Fischerei ist nur im kleinen Rahmen erlaubt, und die Wände und Canyons aus Vulkangestein sind Heimat diverser Meereslebewesen. In unserer Liste sticht El Hierro durch eine besondere Gefahrenquelle hervor: Höhenlage nach dem Tauchen. Dies ist auch der gängigste Grund für Anrufe aus El Hierro bei DAN Europe. Es scheint, dass viele Taucher in hoch gelegenen Hotels und Ferienwohnungen absteigen. Die wichtigste Stadt der Insel, Valverde, liegt 571 Meter über dem Meeresspiegel.

Foto: Pietro Cremone

Tipps zum Überleben

Nach dem Tauchen sollte man sich – je nach Anzahl, Tiefe und Dauer der Tauchgänge – die nächsten 24 bis 48 Stunden lang nicht in Höhenlagen begeben und nicht fliegen. DAN und viele renommierte Forschungseinrichtungen definieren Höhenlagen als 300 Meter und darüber.

Schlussfolgerungen

Es gibt keine per se gefährlichen Tauchplätze – nur Tauchgänge, die mehr Aufmerksamkeit, Ausbildung, Planung, Fitness, und Bewusstsein seiner eigenen Grenzen. Dies gilt für alle Tauchplätze mit ähnlichen Eigenschaften wie die oben genannten. Wenn diese Tauchplätze nicht in unserer Liste aufgeführt sind, hat dies nur einen Grund: Weniger Taucher gehen dorthin.

Es gibt einen Faktor, den zu wiederholen wir nicht müde werden: Dehydrierung ist einer der wichtigsten Faktoren bei der Dekompressionskrankheit. Dies gilt besonders bei Hitze und Trockenheit. Dehydrierung kann auch durch Alkohol und Koffein (auch in Tee, Cola, und Energy Drinks enthalten) befördert werden. Es ist eine gute Idee, einige Tage vor Beginn der Tauchwoche zu beginnen, Wasser zu trinken und Elektrolyte zu sich zu nehmen.


Dank an Chris Demetrious, Davide De Lorenz, Niccolo Crespi


Über den Autor

Claudio Di Manao ist PADI und IANTD Tauchausbilder und seit 1997 DAN Mitglied. Er ist Autor verschiedener Bücher und Romane über das Tauchen, u.a. Shamandura Generation, einem aufregenden Portrait der Tauch-Community in Sharm el Sheik. Er arbeitet für Magazine, Radiosender und Zeitungen und spricht bzw. schreibt über Tauchsicherheit, Meereslebewesen und Reisen.


Der Übersetzer

Tim Blömeke unterrichtet Tech- und Sporttauchen in Taiwan und auf den Philippinen. Er ist Autor und freier Übersetzer, sowie Mitglied des Redaktionsteams von Alert Diver. Er taucht einen Fathom CCR. Im Netz erreicht man ihn über seinen Blog und auf Instagram.

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