Erkundung der Dekompression

Das Ziel von PHYPODE, einem von der EU finanzierten Projekt im Rahmen der Marie Curie Initial Training Networks-Initiative, ist es, den Wissensstand über die Physiopathologie der Dekompression weiterzuentwickeln sowie die Risikofaktoren bei der Bildung intravaskulärer Bläschen deutlich zu machen: PHYPODE vereint akademische Partner, internationale, nicht-kommerzielle Vereinigungen, Überdruckmedizinzentren und Wirtschaftsunternehmen auf einem internationalen Level und bietet ein gemeinschaftliches Schulungs-und Forschungsprogramm für zwölf Early Stage Researcher (Doktoranden) und zwei Experienced Researcher (promovierte Wissenschaftler), die ihre Kenntnisse ausbauen und ihre Berufschancen verbessern möchten. Das Projekt startete im Januar 2011 und wird Ende 2014 beendet sein.

Ein innovativer, interdisziplinärer Ansatz

Die Dekompressionskrankheit (DCS) wird durch das Ausperlen von Inertgas in Blutgefäßen und Körpergewebe aufgrund einer Übersättigung während unzureichender Dekompression verursacht.
Dies ist ein bekanntes Risiko in Situationen, die mit Schwankungen im Umgebungsdruck einhergehen, wie beispielsweise in der Raumfahrt und bei Außenbordeinsätzen im All, bei Aufenthalten in extremen Höhenlagen, bei Druckluftarbeiten im Tunnelvortrieb sowie beim Sport- und Berufstauchen. Aufgrund neuartiger industrieller Herausforderungen (Raumfahrtprogramme mit Menschen, tiefere Tunnelvortriebe sowie Ölbohrungen vor der Küste) und sich neu abzeichnender Freizeitinteressen erweitert sich die Bandbreite der mit diesen Aktivitäten einhergehenden Umweltbedingungen sowie der Bevölkerungsmerkmale regelmäßig.
Zur Verminderung des DCS-Risikos sind neue interdisziplinäre Ansätze erforderlich, um den Wissensstand über das Dekompressionsphänomen auszubauen, und zwar durch:

  • die Entwicklung eines Bildungs- und Forschungsrahmens für einen fruchtbaren Gedankenaustausch zu derzeit bruchstückhaften Forschungstätigkeiten auf dem Gebiet der Physiopathologie der Dekompression, mit spezifischer Beachtung der Bildung von intravaskulären Bläschen
  • ein Angebot für junge Forscher, das die Möglichkeit bietet, Forschungsmethoden und Ressourcen zu teilen sowie an Kursen, Seminaren, Workshops und Events teilzunehmen, um vom Fachwissen der besten internationalen Wissenschaftler auf diesem Gebiet zu profitieren und die Vorteile des Zusammenspiels und des Austausches zwischen Industrie, medizinischen Einrichtungen und der akademischen Welt zu nutzen
  • die Erweiterung der Berufschancen für junge Forscher, indem man ihnen ermöglicht, die ganze Kette der Forschungstätigkeiten wahrzunehmen: von der Grundlagenforschung für das pathophysiologische Verständnis der Dekompression bis zur angewandten Forschung in Sachen Dekompressionsmanagement in der Industrie

Die derzeitigen Erkenntnisse über den DCS-Mechanismus lassen darauf schließen, dass es mindestens drei verschiedene Arten von Symptomen beim Auftreten der Dekompressionskrankheit gibt. Man nimmt an, dass diese Symptome zu drei unterschiedlichen Bläschenszenarios passen:

  • zentrale oder vestibuläre Symptome in Verbindung mit dem Auftreten eines vaskulären Bläschens im Gehirn
  • spinale Symptome verbunden mit der venösen Drosselung des Blutgefäßes, welches den Fluss des Rückenmarks steuert
  • Gelenksymptome verbunden mit dem Auftreten eines großen Bläschens in den Sehnen und Bändern eines Gelenks.

Das PHYPODE-Projekt konzentriert sich auf die beiden erstgenannten Fälle:

  • Mechanismen, die mit der Bildung von intravaskulären Bläschen während der Dekompression einhergehen,
  • Mechanismen, die intravaskuläre Bläschen mit der Dekompressionskrankheit verknüpfen.

Mechanismen, die von einer Verminderung im Umgebungsdruck zur Bildung von intravaskulären Bläschen führen, und im Anschluss daran zu DCS, können dank der Entwicklung von speziellen technologischen Geräten auf epidemiologische und physiologische Herangehensweise erforscht werden. Anhand der aus diesen Untersuchungen erlangten Daten entwickeln Industriepartner Geräte zum Dekompressionsmanagement.

Die Ziele von PHYPODE im Detail (Entnommen aus: „Sauerstoff bei der Dekompression“ von Dr. Jacek Kot, MD, PhD, Stellvertretender Ärztlicher Direktor DAN Europe Polen und Medizinischer Berater – 7. DAN Divers Day, Danzig, Polen, 28. August 2011)

  • Epidemiologischer Ansatz zur Bestimmung von Risikofaktoren für die Bildung von intravaskulären Bläschen
  • Klinisch-experimentelle Ansätze zur Bestimmung von Risikofaktoren für die Bildung von intravaskulären Bläschen
  • Auswirkung des offenen Foramen ovale
  • Vaskuläres Endothel als potenzielle(s) Quelle/Ziel für die Bildung von intravaskulären Bläschen
  • Vorbereitung vor dem Tauchen zwecks Dekompressionsmanagement
  • Überwachung und Kontrolle von Tauchparametern zwecks Dekompressionsmanagement
  • Epidemiologischer Ansatz zur Bestimmung von Risikofaktoren für DCS
  • Rolle des vaskulären Endothels bei der Entwicklung von DCS
  • Oxidativer Stress bei der Prävention (Sauerstoffatmung) und der Behandlung (HBO) von DCS
  • Behandlung von DCS

Einstieg bei PHYPODE
Um die Ziele dieses anspruchsvollen Ausbildungs- und Forschungsprogramms zu erreichen, haben 13 Mitglieder aus Akademikern und Industriepartnern, gemeinnützigen Organisationen und Druckkammerzentren ein internationales Konsortium gebildet, mit komplementären Kompetenzen in: 

  • Epidemiologischer Forschung
  • Prospektiver klinischer Forschung
  • Experimentellem physiologischem Ansatz unter Verwendung von Grundlagen- und klinischer orschungsmethodik
  • Technologischer Entwicklung für das Dekompressionsmanagement

Partner

Kurzbezeichnung

Partner vollständiger Name Land
UBO

Universite de Bretagne Occidentale
EA 4324 – ORPHY (Projektleiter: F Guerrero)

FRANKREICH
GUMed

Gdanski Uniwersytet Medyczny
Nationales Zentrum für Hyperbarmedizin (NCHM)

POLEN
ISEK

Haute Ecole Paul Henri Spaak – Institut Supérieur de l’Etat de Kinésithérapie
Abteilung für Umwelt- und Arbeitsphysiologie

BELGIEN
DAN Divers Alert Network Europe ITALIEN
HBOC

Military Hospital Queen Astrid
Zentrum für Hyperbare Sauerstofftherapie

BELGIEN
AQUA3 G.T. von Trampus Graziella – AQUA3 ITALIEN
MARES Mares S.p.A. ITALIEN
USSM

Universität Split – Medizinische Fakultät
Abteilung Physiologie

KROATIEN
IMEGO IMEGO AB SCHWEDEN
HMC Hyperbares Medizinisches Zentrum ÄGYPTEN
SU

Universität Stellenbosch, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Abteilung für Interdisziplinäre  Gesundheitswissenschaften (Gebiet: Hyperbarmedizin und Forschung)

SÜDAFRIKA
COMEX COMEX S.A FRANKREICH
NDS

Französische Marine
Tauchschule der französischen Marine

FRANKREICH

 

Einige PHYPODE-Mitwirkende
Prof. Costantino Balestra

Herr Professor, wie wurde PHYPODE geboren?
Das PHYPODE-Projekt wurde vor ein paar Jahren nach einer Diskussion mit Dr. François Guerrero von der Universität Brest, den ich als Mitglied des Prüfungsausschusses bei der Präsentation seiner Doktorarbeit
kennen lernte, ins Leben gerufen. Als dann die Idee zur Einführung eines europäischen Forschungskonsortiums über Dekompressionsmechanismen geboren wurde, erzählte ich François, dass ich mich wegen Zeitmangels  nicht persönlich darum kümmern konnte, dass ich ihn aber mit den Personen in Kontakt bringen würde, die an diesem Gebiet besonders interessiert waren. Wir schlugen deshalb „Marie Curie“ ein Projekt vor, obwohl wir wussten dass die Annahmequote für Vorschläge mit 16 % sehr niedrig war. Zu diesen 16 % gehörten wir dann aber dazu!

Welche Rolle spielt DAN Europe bei dem Projekt?
Die Rolle von DAN Europe war seit Anbeginn ausschlaggebend, denn man stellte Kontakte und das nötige Know-how bereit, um ein wirklich europäisches Projekt durchzuführen. Bis heute ist PHYPODE das einzige Programm, das ungefähr zehn Forschern ermöglicht, drei Jahre lang ganzzeitig an der Physiopathologie der Dekompression zu arbeiten. Zur Krönung dieser Forschungsjahre wird das „DAN Deco Book“ veröffentlicht.

Welche Aspekte der Dekompression werden untersucht?
Die Arbeit der Forscher, die an PHYPODE beteiligt sind, wird sich um unterschiedliche Dekompressionsthemen drehen: Vorbedingungen, was auch das Konzept von „Wohlbefinden“ beinhaltet, die Studie von peripheren und zentralen Endothelparametern, die automatische Messung von zirkulierenden Bläschen in der Echokardiografie, die objektive Messung der Narkose, die detaillierte Analyse von verfügbaren Daten (Data-Mining) und die Formulierung von Vorschlägen für die Annahme von individuellen Dekompressionsalgorithmen für Taucher.

Anders ausgedrückt: es gibt viel zu tun!

Amir E. Fakhry
Amir E. Fakhry ist ein junger ägyptischer Arzt, der seine Kenntnisse auf dem Gebiet des Dekompressionsphänomens weiterentwickeln möchte. Nach seinem Bachelor-Abschluss in Medizin und Chirurgie an der Ain Shams Universität Kairo begann er seine Ausbildung in Hyberbar- und Tauchmedizin am Hyperbaric Medical Center of Sharm El Sheikh unter der Aufsicht von Dr. Adel Taher, Regionaler Direktor von DAN Egypt.

Amir verfügte über alle von Marie Curie gestellten Anforderungen (darunter ein Abschluss nicht vor 2007) und bewarb sich erfolgreich als Early Stage Researcher (ESR) für das PHYPODE-Projekt. Ihm wurde ein 36-Monats-Vertrag bei der DAN Europe Foundation, Büro Kontinentaleuropa in Roseto degli Abruzzi (Italien) angeboten. Ein Glücksgriff, denn DAN Europe ist weltweit führend in der medizinischen und wissenschaftlichen Forschung auf dem Gebiet der Tauchsicherheit und leitet mehrere Forschungsprojekte über Medizin und Physiologie beim Tauchen. Die von den Forschern gewonnenen Ergebnisse gelten seit Jahren als Bezugspunkt für die internationale medizinische Sporttauchergemeinschaft. Freiwillige aus jedem europäischen Land waren an der Erhebung von Daten nach wissenschaftlicher und epidemiologischer Methodik beteiligt. Folglich sammelt und analysiert die Datenbank des DAN Diving Research Laboratory Hunderttausende von tatsächlichen Tauchgängen, was die Erforschung einer Reihe von unterschiedlichen Aspekten der Tauchsicherheit gestattet.

Zu Amirs Aufgaben im Rahmen von PHYPODE werden die Ausbildung von Tauchern für die Felddatensammlung und die Leitung einer multizentrischen epidemiologischen Studie über die Ermittlung von Risikofaktoren für die Bildung von intravaskulären Bläschen gehören. Die Datenerfassung wird Folgendes beinhalten:

  • Fragebögen, die speziell zur Erfassung von Tauchermerkmalen und Tauchdetails entwickelt wurden;
  • Aufzeichnung von Tauchparametern mithilfe eines Tauchcomputers, der speziell als „Blackbox“ eingerichtet wurde, um den Taucher beim ungehinderten Freizeittauchen nicht zu beeinflussen;
  • Doppleruntersuchung von venösen Gasbläschen nach jedem Tauchgang. Die Daten werden in eine Softwaredatenbank eingegebe
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