Hyperbare Sauerstofftherapie HBOT

Man bezeichnet eine Behandlung als ‚Hyperbare Sauerstofftherapie‘ (Hyperbaric Oxygen Therapy – HBOT), wenn 100 Prozent Sauerstoff mit erhöhtem Druck (normalerweise zwei– bis dreifacher atmosphärischer Druck) auf Meereshöhe in einer Druckkabine, besser bekannt als Druckkammer, verabreicht wird. HBOT wird in der Regel in einer Einplatzkammer oder in einer größeren Mehrplatzkammer durchgeführt, in letzterer können sich zwei oder mehr Patienten sowie ein Druckkammer-Innenbegleiter zu jeder Zeit aufhalten. Die Wirkungen des hyperbaren Sauerstoffs beruhen im Wesentlichen auf der erhöhten Gasspannung des Sauerstoffs und dem erhöhten Sauerstoffgehalt im Blut, beides wirkt sich auf die Körpergewebe aus. Hyperbarer Sauerstoff wird zur Behandlung vieler Erkrankungen eingesetzt.

Unter normalen atmosphärischen Bedingungen, wenn die größtmögliche Transportkapazität für Sauerstoff im Blut erreicht ist und der Großteil der Sauerstoffmoleküle sich an die Rezeptoren der Hämoglobin-Moleküle gebunden hat, wird sich nur noch eine kleine Menge Sauerstoff im restlichen, flüssigen Teil des Blutes lösen.
 

Wenn in der Druckkammer während der Atmung von 100 Prozent Sauerstoff der Druck erhöht wird, erhöht sich der eingeatmete Partialdruck des Sauerstoffs im gleichen Maße. Mit einer zusätzlichen Atmosphäre Druck (etwa 1 Bar oder das Äquivalent von 10 Metern Wassertiefe) kann eine zusätzliche Atmosphäre Sauerstoff eingeatmet werden – was insgesamt der theoretischen Menge von 200 Prozent Sauerstoff entspricht. Neben den vorteilhaften Wirkungen des Sauerstoffs kommt außerdem die Wirkung des hydrostatischen Drucks zum Tragen, der die Stickstoffblasen zusammendrückt, ihr Volumen verkleinert und damit hilft, die Symptome zu lindern. Warum sollten Sie sich einer HBOT unterziehen? Die Hyperbare Sauerstofftherapie ist eine sinnvolle Erstbehandlung oder Begleittherapie für eine Vielzahl von Erkrankungen und Verletzungen. HBOT ist von der ‚Undersea and Hyperbaric Medical Society‘ – UHMS [Gesellschaft für Unterwasser– und Hyperbarmedizin] in den USA für die folgenden dreizehn Leiden (‚Indikationen‘) anerkannt [Anmerkung des europäischen Herausgebers: In Europa weichen die Indikationen geringfügig ab und können je nach Staat unterschiedlich geregelt sein.  Weitere Informationen finden Sie unter www.echm.org.

  • Luft– oder Gasembolie (AGE);
  • Kohlenmonoxidvergiftung (CO-Vergiftung) sowie Kohlenmonoxidvergiftung erschwert durch Blausäurevergiftung;
  • Clostridien-Myositis und Myonekrose (Gasgangrän);
  • Quetschungsverletzungen, Kompartmentsyndrome und weitere traumatische periphere Gefäßverletzungen;
  • Dekompressionskrankheit;
  • Beschleunigung der Heilung bei bestimmten problematischen Wunden;
  • Anämie durch größeren Blutverlust;
  • Intrakranielle Abszesse;
  • Nekrotisierende Infektionen von Weichgewebe;
  • Osteomyelitis (hartnäckig);
  • Späte Strahlenschäden (Weichgewebe und Knochennekrose);
  • Hauttransplantationen und Lappenplastik (gefährdet);
  • Hitzeverbrennungen.

Wie wird die HBOT durchgeführt?
HBOT-Behandlungen können bei akuten Krankheitsbildern aus nur einer einzelnen Druckkammerfahrt bestehen, bei eher chronischen Erkrankungen aber auch aus 20 bis 40 Sitzungen. Jede Einzelbehandlung dauert normalerweise ein bis zwei Stunden; die Anzahl der Behandlungen hängt von den Fortschritten des Patienten und der Linderung der Symptome ab. Der Kammerdruck und die Dauer werden für jede Behandlung entsprechend der Diagnose sowie den Behandlungsrichtlinien und Verfahrensweisen der jeweiligen Einrichtung festgelegt. Um die Druckkammer betreten zu dürfen, müssen Patienten und das Betreuungspersonal spezielle Krankenhausbekleidung tragen. Auf Erdölbasis hergestellte brennbare Materialien, u. a. Bekleidungsstücke der Patienten sowie funkenerzeugende Produkte, dürfen nicht in die Kammer eingebracht werden.

Überlegungen vor der Behandlung
Da sich luftgefüllte Hohlräume im Körper im Verlauf der HBOT zusammenziehen und wieder ausdehnen, muss man vorher individuell abwägen, inwiefern Erkrankungen und Gesundheitsprobleme diese Vorgänge beeinträchtigen und Gewebeschädigungen verursachen können. Jede Gegebenheit, die möglicherweise die Sauerstoffanreicherung des Blutes oder die Blutversorgung der Körpergewebe beeinträchtigen könnte, mindert die Wirksamkeit der hyperbaren Sauerstofftherapie.
 

Beispiele solcher Gesundheitsprobleme sind Fehlfunktion der Eustachischen Röhre/n (Probleme beim Druckausgleich in den Ohren) oder eine bullöse [Blasen bildende] Lungenkrankheit. Eine nicht funktionierende Ohrtrompete verhindert den Druckausgleich im Mittelohr gegenüber dem Umgebungsdruck. In diesem Fall wird evtl. eine Tympanotomie oder Myringotomie (Punktion des Trommelfells und ggf. Einsetzen eines Röhrchens) vor der Druckkammerbehandlung erforderlich sein. Eine bullöse Lungenkrankheit (Bildung von luftgefüllten Zysten in der Lunge) wird als relative Kontraindikation für eine HBOT angesehen, da sie die Anfälligkeit des Patienten für einen Pneumothorax oder eine arterielle Gasembolie erhöhen könnte.
 

Auch Schwangeren wird von einer hyperbare Sauerstofftherapie abgeraten, außer bei akuten Erkrankungen, bei denen die Risiken einer nicht durchgeführten HBOT höher wären als die potenziellen Risiken der Belastungen durch die hyperbare Therapie für den Fetus. Dr. Reza Gorji und Dr. Enrico Camporesi haben beobachtet, dass während der Schwangerschaft eine Umverteilung von Körper– und Gewebeflüssigkeiten auftritt und diese sich in den peripheren Körpergeweben, außerhalb des zentralen Kreislaufs, konzentrieren. Dies könnte bei einer schwangeren Taucherin zu einem Rückbehalt von Stickstoff in diesen Bereichen führen, verbunden mit einem erhöhten DCS-Risiko.
 

Die Auswirkungen der Stickstoffaufnahme und das DCS-Risiko für das Ungeborene sind noch weniger greifbar. Die Lunge des Fetus bewirkt noch keinen Gasaustausch und ist deshalb nicht in der Lage, jegliche Mikrogasblasen herauszufiltern, die in seinem Kreislauf vorhanden sein könnten: Derartige Blasen könnten von der Mutter über die Plazenta in den Fetus gelangen, oder sie könnten sich direkt im Fetus herausbilden. Wie bei jeder Dekompressionserkrankung (DCI) können jegliche im Körper des Ungeborenen auftretende Gasblasen schädigende Auswirkungen haben. Diese könnten die Entwicklung und Funktion von Organen beeinträchtigen, angeborene Missbildungen und sogar spontane Fehlgeburten verursachen. Das Tauchen kann zudem die physiologischen Eigenschaften weiterer Körpersubstanzen verändern. Einige Wissenschaftler fanden beispielsweise heraus, dass eine Veränderung in den Blutplättchen (verursacht durch Gasblasenbildung in den Blutgefäßen) einen physiologischen Zustand hervorrufen kann, der für die Entstehung einer DCS verantwortlich ist.

 

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