Mehr Wasser, weniger Bläschen

Was ist Dehydrierung und welchen Einfluss hat sie auf die Tauchsicherheit?

Zur Dehydrierung kommt es, wenn Du mehr Flüssigkeit verlierst als Du aufnimmst und das kann medizinische Probleme zur Folge haben.
Generell (vor allem in Fällen chronischer oder schwerer Dehydrierung) können diese Probleme zu Kopfschmerzen, verminderter Leistungsfähigkeit, Reizbarkeit, Verwirrung, Erschöpfung, Muskelkrämpfen, reduzierter Wärmeregulierung, reduzierter Bewusstseinslage, der Bildung von Nierensteinen (langfristig) und sogar zum Schock, d.h. zu einer lebensbedrohlichen Situation führen.
Klar ist, dass diese Probleme einen negativen Einfluss auf die medizinische Verfassung sowohl von Tauchern als auch von Nicht-Tauchern haben und dass eine Dehydrierung also immer vermieden werden sollte.
Für Dich als Taucher gibt es da eine ganz besondere Sorge: Dehydrierung ist ein Risikofaktor, der zu einer Dekompressionskrankheit (DCS) beitragen kann. Warum? Dehydrierung reduziert das Volumen des Blutplasmas und die Durchblutung des Gewebes. So wird das Blut dicker und es fließt langsamer. Da das Blut teilweise für den Transport von Nährstoffen und für den Gasaustausch verantwortlich ist, beeinflusst ein dickeres Blut das Abgasen von Stickstoff und erhöht das Risiko einer DCS.

Wie groß ist das Risiko einer DCS?
Grundsätzlich erhöht Tauchen das Risiko einer Dehydrierung. Während einiger unserer DSL-Projekte haben wir festgestellt, dass viele Taucher vor (und sogar noch nach) einem Tauchgang nicht gut hydriert sind. Unter normalen Bedingungen sollte die richtige Hydrierung jedoch nicht zur Hauptsorge eines Tauchers werden. Aber genauso wenig sollte man sie ignorieren.Wenn man sich allerdings im Tauchurlaub befindet, dann wird dieser Risikofaktor stärker, da man öfter taucht und (für gewöhnlich) das Klima wärmer ist. Entsprechend sollte ein Hauptaugenmerk auf der richtigen Hydrierung liegen.

Warum ändert sich der Risikofaktor während meines Tauchurlaubs?
Natürlich erhöht sich das Risiko nicht einfach deshalb, weil Du im Urlaub bist. Aber es gibt Verhaltens- und Umweltfaktoren, die dazu beitragen, dass der Taucher schneller dehydriert, ohne es zu merken.
Tatsächlich beginnt die Dehydrierung schon sobald Du das Flugzeug betrittst, das Dich zu Deiner Tauchdestination bringt. Die Luft in der Kabine ist viel trockener als die Luft auf der Erde und unsere Lungen müssen zur Befeuchtung der Luft härter arbeiten. Das bedeutet, der Körper verliert an Bord kontinuierlich Flüssigkeit.
Es empfiehlt sich pro Flugstunde 240ml Wasser zu trinken. Wenn Du also von Großbritannien aus nach Ägypten fliegst, müsstest Du 1,2 Liter Wasser trinken um ein gutes Flüssigkeitsniveau beizubehalten. Von Italien nach Ägypten müsstest Du in etwa 750ml trinken. Das sind Mengen, die nicht viele während eines Fluges zu sich nehmen.
Viele Reisende trinken während ihres Fluges auch gerne Kaffee, Cola oder Bier. Diese Flüssigkeiten haben aber einfach nicht die gleiche hydrierende Wirkung wie Wasser. Alkohol und koffeinhaltige Getränke sind Diuretika, deren Konsum zur Dehydrierung führt, da sie Wasser aus den Zellen Deines Körpers absorbieren und die Urinproduktion erhöhen. Die Konsequenz ist, dass der Taucher mit einer leichten Dehydrierung an seinem Zielort ankommt.

Aber das ist erst der Anfang des Urlaubs. Und was wollen Taucher während ihres Urlaubs machen?
Die Sonne genießen, das Meer genießen, so viel wie möglich tauchen und warum nicht ein bisschen Spaß haben und abends etwas trinken?
Schauen wir uns mal an, warum Dich das schneller dehydriert als normal.

Die Sonne genießen:
Die attraktivsten Tauchziele für normale Taucher sind die "Warmwasser-"Ziele mit schönen, großen Korallenriffen und schönen bunten Fischen.An diesen Zielen herrscht ein warmes, sonniges und manchmal feuchtes Klima.
Es ist klar, dass Du unter diesen Bedingungen schwitzt und wenn Du schwitzt, dann verlierst Du Flüssigkeit, die zur Dehydrierung führt wenn sie nicht ersetzt wird.Wenn Du Dir dann auch noch einen Sonnenbrand holst, verlierst Du noch schneller Flüssigkeit. Wenn Du einen Sonnenbrand hast, dann wird Deine Haut rot und heiß (und manchmal wird es schmerzhaft) und Dein Körper reagiert indem er Flüssigkeit in die Haut schickt. Sonne und Wind lassen diese Feuchtigkeit verdunsten und so geht noch mehr Flüssigkeit verloren.
Genau genommen genießt Du bei diesen höheren Außentemperaturen auch den Wind und da die meisten Tauchgänge während eines Urlaubs vom Boot aus gemacht werden, wirst Du Dich über den erfrischenden Wind auf Deiner Haut freuen. Tatsächlich führt der Wind (der Wind selbst oder der Wind, der durch die Geschwindigkeit des Bootes entsteht) jedoch dazu, dass Schweiß und Feuchtigkeit schneller verdunsten und man wiederum schneller bzw. stärker dehydriert.

Meerwasser – Salz:
Wenn Du aus dem Meer kommst, dann trocknet das (Salz-)Wasser und hinterlässt auf Deiner Haut Salzkristalle. Die kann man oft richtig sehen und sie haben die Eigenschaft Wassermoleküle zu absorbieren und einzuschließen. Das bedeutet, sie entziehen Deiner Haut die Feuchtigkeit, die dann aufgrund von Sonne und Winde verdunstet und Dich weiter dehydriert.

Tauchen:
Es gibt drei Dinge, die beim Tauchen selbst zur stärkeren Dehydrierung führen: Schwitzen, Diurese bei Immersion (erhöhte Urinproduktion) und das Atmen von Pressluft.
Während der Anzug Dich während des Tauchens warm hält, erlaubt er es Dir nicht abzukühlen. Kannst Du Dir vorstellen wie viel man unter einem Taucheranzug schwitzt, und das manchmal ganz unbemerkt?
Während eines Tauchgangs führt der höhere Umgebungsdruck und die kältere Wassertemperatur dazu, dass die Blutgefäße in den Extremitäten enger werden und das Blut von den Extremitäten ins Zentrum des Körpers (Herz, Lungen, große innere Blutgefäße) gepumpt wird um ihn warm zu halten. Dieses größere Blutvolumen in seinem Zentrum versteht Dein Körper als Flüssigkeitsüberbelastung. Als Reaktion darauf produzieren die Nieren mehr Urin (was wiederum einen Verlust von Wasser und Salz bedeutet). Das ist auch der Grund dafür, warum Taucher während oder direkt nach einem Tauchgang den Drang verspüren zu urinieren. Man nennt das Diurese bei Immersion. Auch wenn man vielleicht denkt, dass man, wenn man viel urinieren muss, gut hydriert ist, so bedeutet das doch, dass man überschüssige Flüssigkeit verliert.
Ein weiterer Grund für den Flüssigkeitsverlust beim Tauchen ist die Luft, die Du atmest. Wie im Flugzeug, so ist auch die Luft in den Tauchflaschen trocken und Du weißt bereits, dass Du mehr Flüssigkeit verlierst, wenn Du diese trockene Luft befeuchtest. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass Deine Lungen aufgrund der kälteren Wassertemperaturen noch härter arbeiten müssen um die Luft zu erwärmen, dann erhöht sich der Feuchtigkeitsverlust weiter.

Alkohol:
Du bist im Urlaub und da ist es nicht unüblich, dass man Spaß hat und ein paar alkoholische Getränke in seiner Freizeit genießt.Unter Alkoholeinfluss zu tauchen ist nie eine gute Idee. Außerdem führt Alkohol zu einer noch schnelleren Dehydrierung.Wie Du bereits weißt, hat Alkohol (ebenso wie Kaffee und andere koffeinhaltige Getränke) eine harntreibende Wirkung und erhöht die Urinproduktion. Dadurch musst Du häufiger urinieren und dehydrierst.

Übelkeit:
Erbrechen aufgrund von zu viel Alkoholkonsum, Seekrankheit oder aus anderen Gründen erhöht den Grad der Dehydrierung, weil Du innerhalb kürzester Zeit große Mengen an Flüssigkeit und Elektrolyten verlierst.
Die gleiche negative Wirkung lässt sich bei Reisedurchfall beobachten, einer Darminfektion, zu der es aufgrund mangelnder Lebensmittelhygiene kommen kann.

Medikamente:
Einige Medikamente, und vor allem Blutdruckmedikamente haben eine harntreibende Wirkung und wie Du weißt führt diese harntreibende Wirkung zur Dehydrierung.
Wenn Du Dir jetzt vor Augen führst, dass Du im Tauchurlaub jeden Tag und sogar zweimal täglich tauchst, dann verstehst Du sicher warum das Risiko einer Dehydrierung und damit einer DCS höher ist.
Selbstverständlich ist das Risiko nicht einfach höher, bloß weil Du Urlaub machst, aber es gibt neun Verhaltens- und Umweltfaktoren, die dazu beitragen, dass ein Taucher schneller dehydriert ohne es zu merken.

Woher weißt Du, dass Du dehydriert bist und was kannst Du tun?
Generell ist die Farbe des Urins ein guter Indikator. Es sollte durchsichtig oder leicht gelblich sein. Dunkleres Urin ist normalerweise ein Indikator dafür, dass du dehydriert bist, obwohl die Farbe auch durch bestimmte Medikamente beeinflusst sein kann. Wenig oder kein Urin kann auch bedeuten, dass Du dehydriert bist, obwohl viel Urin kein Indikator für eine gute Hydrierung ist.

Zu den Symptomen einer Dehydrierung gehören:

Leichte bis moderate Dehydrierung:

  • Durst (das bedeutet, Du solltest nicht erst dann trinken, wenn Du Durst hast, denn Durst heißt, dass Du bereits ein bisschen dehydriert bist)
  • Schwindelgefühl
  • Kopfschmerzen
  • Muskelkrämpfe
  • Müdigkeit
  • Trockener oder klebriger Mund
  • Dunkler Urin
  • Geringere Urinproduktion

Starke Dehydrierung:

  • Extreme Erschöpfung – Schwäche
  • Extremer Durst und ein sehr trockener Mund
  • Eingesunkene Augen bzw. Augen, die keine Tränen produzieren
  • Acht Stunden ohne Harnlassen
  • Trockene Haut, die nach dem Kneifen nur langsam in ihre ursprüngliche Form zurückgeht
  • Schneller Herzschlag, schwacher Puls
  • Schnelle Atmung
  • Niedriger Blutdruck
  • Reizbarkeit und Verwirrung
  • Krämpfe
  • Reduzierte Bewusstseinslage

Meistens handelt es sich um eine leichte Dehydrierung und die kann man einfach durch das Trinken von mehr Wasser in den Griff bekommen. Zusätzlich zum Wassertrinken kann man auch orale Rehydrationssalze oder isotonische Sportgetränke zu sich nehmen, denn durch sie werden Salze und Elektrolyte ersetzt. Wenn jedoch schlimmere Symptome auftreten, ist sofort medizinische Hilfe nötig.

Wie vermeidet man Dehydrierung?
Es ist besser man vermeidet Dehydrierung anstatt sie zu behandeln. Nur durch ihre Vermeidung, reduzieren Taucher das Risiko einer DCS.Nachdem wir nun über Dehydrierung und ihre Auswirkungen auf den Körper gesprochen haben, können wir hier also zusammenfassen: Du solltest Deinen Körper nach jedem Tauchgang mit Süßwasser abspülen, Deinen Taucheranzug erst kurz vor dem Tauchgang anziehen, Alkohol bzw. koffeinhaltige Getränke vermeiden oder nur in Maßen zu Dir nehmen und Dich vor zu viel Sonne und Sonnenbrand schützen.
Am einfachsten ist es, genug Wasser zu trinken. Wir wollen aber nicht das Plasmavolumen zu schnell erhöhen, denn das führt nur zu einer erhöhten Urinproduktion anstatt zur Rehydrierung des Körpergewebes.
Trink also alle 15-20 Minuten ein Glas Wasser. So bleibt Dein Gewebe hydriert und Du vermeidest den erhöhten Gasaustausch, der zur Bläschenbildung und zu DCS führen kann.
Wie viel Du tatsächlich trinken musst, hängt von vielen Faktoren ab, aber mindestens 2 Liter zusätzlich zu trinken (zusätzlich zu der Menge, die Du normalerweise jeden Tag trinkst) hilft Dir dabei hydriert zu bleiben.
Du kannst auch Lebensmittel mit einem hohen Wasseranteil wie Obst und Gemüse essen.
Einige Firmen verkaufen auch Trinktaschen, aus denen man unter Wasser während eines Tauchgangs trinken kann.

Die DAN Europe "Mehr Wasser, weniger Bläschen"- Sicherheitskampagne.
DAN Europe rief die "Mehr Wasser, weniger Bläschen"-Kampagne Ende 2012 ins Leben.
Artikel wie dieser wurden im Alert Diver-Magazin und auf der Webseite veröffentlicht. Außerdem wurde eine E-Mail-Kampagne für DAN-Mitglieder gestartet, die sie darüber informierte wie sie Dehydrierung vermeiden und damit das DCS-Risiko verringern können.
Bei den Tauchmessen 2013-2014 wurden 3.000 Alu-Trinkflaschen mit dem Slogan der Kampagne an neue DAN-Mitglieder und Mitglieder, die ihre Mitgliedschaft erneuert haben, verteilt.
Poster und Banner, die die Taucher daran erinnern sollen genug Wasser zu trinken wurden produziert und an verschiedenen Orten in Ägypten aufgehängt. Denn dort ist Dehydrierung aufgrund des Klimas, der vielen Tauchgänge und der vielen Touristen einer der größten Risikofaktoren einer DCS.
DCS entsteht durch die Bildung und das Wachsen von Bläschen im Blut und im Körpergewebe, was zu Sauerstoffmangel führen kann. Unter normalen Umständen waschen die Lungen nach einem Tauchgang den Stickstoff aus, dieses Auswaschen ist jedoch weniger effektiv, wenn der Taucher dehydriert ist. Das wiederum steigert die Bläschenbildung und ihr Wachstum und kann zu DCS führen.
Der Slogan "Mehr Wasser, weniger Bläschen" bezieht sich darauf, dass das Risiko von Bläschenbildung und -wachstum geringer ist, wenn ein Taucher gut hydriert ist.

Zusätzliche Infos
Es wurde auch zur Hydrierung vor dem Tauchen geforscht (Der Bericht wurde am 4. März 2008 veröffentlicht: "Preventive effect of pre-dive hydration on bubble formation in divers" von E. Gempp, J. E. Blatteau, J.-M. Pontier, C. Balestra, P. Louge).
Obwohl sich dieser Bericht nicht speziell auf Dehydrierung konzentriert, so zeigt er doch, dass die Hydrierung vor dem Tauchen die Anzahl der zirkulierenden Bläschen erheblich reduziert und sie damit ein relativ einfaches Mittel ist DCS zu reduzieren.
DAN Europe hat außerdem zusätzliche Forschungen zum Thema Oberflächenspannung betrieben. Oberflächenspannung (OS) ist eine starke natürliche Kraft, die für viele Substanzen, einschließlich Körperflüssigkeiten und Gewebe, typisch ist. Bei Bläschen ist sie umgekehrt proportional zur Kubikwurzel aus dem Radius des Bläschens. Das bedeutet, dass sehr kleine Bläschen einer sehr hohen Oberflächenspannung (Druck) und größere Bläschen einer niedrigeren Oberflächenspannung ausgesetzt sind. Bei hoher OS ist das Bläschen einer Kraft ausgesetzt, die seinem Wachstum entgegen steht und die sogar dazu führen kann, dass es verschwindet. Eine niedrige OS dagegen erlaubt es einem Bläschen schneller und mit weniger Beeinträchtigungen von außen zu wachsen.
Die Graphik unten (links) zeigt, dass die OS von Urin der OS von Blut und Plasma ähnlich ist und leicht gemessen werden kann. Außerdem gibt sie Auskunft über Blut und Gewebe-OS. Auf der rechten Seite der Graphik wird gezeigt, dass eine hohe OS mit der niedrigen relativen Dichte von Urin (verdünntes Urin) korrespondiert und eine niedrige OS mit einer hohen relativen Dichte von Urin (konzentriertes Urin). Das verdeutlicht, wie viel verdünnter Urin (und ein gut hydrierter Taucher) zu einer hohen OS von Körperflüssigkeiten und -geweben beiträgt und wie er dazu beitragen kann das Wachsen von Bläschen zu vermeiden. Und wie andererseits das Gegenteil bei konzentriertem Urin (einem nicht ausreichend hydrierten Taucher) der Fall sein kann.

 

 

Zirkulierende Bläschen, die von einem präkordialen Doppler nach einem 20-minütigen Tauchgang auf 45 Meter bei normohydrierten und hyperhydrierten Testpersonen festgestellt wurden.Hydrierung reduziert die Anzahl der zirkulierenden Bläschen erheblich.

 

 

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