Ohren-Barotrauma: Die häufigste Tauchverletzung
Es ist nicht überraschend, dass das Barotrauma, die am häufigsten auftretende Tauchverletzung, auch die meisten Fragen aufwirft, die Divers Alert Network gestellt werden. Gleichzeitig ist die Mehrheit der Mittelohr- Barotraumata eine der am einfachsten zu vermeidenden Tauchverletzungen. Wenn wir über ein Barotrauma sprechen, dann meinen wir damit eine druckbedingte Verletzung der weichen Körpergewebe, die die luftgefüllten Hohlräume des Körpers auskleiden, zum Beispiel im Mittelohr und in den Nasennebenhöhlen. Obwohl die Beschwerden dort auftreten, haben die meisten Probleme ihren Ursprung in den Atemwegen, die diese luftgefüllten Hohlräume mit dem Rachen verbinden. Diese mit einer Schleimhautmembran ausgekleideten Röhren dienen dem Körper auf zweierlei Weise: Sie befeuchten die Luft, die durch die Röhren strömt und sie helfen, den Körper vor Fremdkörpern wie Pollen und Bakterien zu schützen, indem sie einen schützenden Schleimfilm herstellen. Der Schleim fängt diese Fremdkörper auf und transportiert sie in den Rachen, wo sie geschluckt und von der Magensäure zersetzt werden. Eine gesunde, funktionstüchtige Schleimhaut ist der beste Schutz vor so übertragenen Krankheiten.
Für neue Taucher, kann der Druckausgleich in den Ohren einen gewaltigen Lernprozess darstellen. Die Meisten haben eine ähnliche Erfahrung nur beim Fliegen oder einer Reise über die Berge gemacht. Einigen fällt es schwer, sich auf das Atmen durch den Lungenautomaten zu konzentrieren und dabei gleichzeitig nicht zu vergessen, den Druckausgleich in den Ohren durchzuführen, besonders während der ersten paar Tauchgänge. Mit mehr Erfahrung wird es oft leichter. Aber sogar erfahrene Taucher können Probleme mit ihren Ohren haben. In der Tat kommen die meisten Anrufe, die DAN erhält, von ebendiesen Tauchern. Vielleicht, weil es ihnen leichter fällt, druckbedingte Verletzungen als solche zu erkennen. Die meisten dieser Taucher leiden unter Allergien, Schnupfen oder anderen Viruskrankheiten, die zu einem Verschluss der angeschwollenen und entzündeten Schleimhäute oder einer Atemwegsverengung führen. Manche Tauchen leiden unter einer Verformung der Eustachischen Röhre (die das Mittelohr mit dem Rachen verbindet). Diese kann entweder verengt sein oder sie könnte durch chronische Ohrenentzündungen in der Kindheit oder Langzeitallergien vernarbt und folglich verdickt sein. Obwohl ein Hals-, Nasen-, Ohrenchirurg (HNO) manchmal einige aufliegende Narben operativ entfernen kann, ist eine OP nur selten die Lösung für eine Fehlfunktion der Eustachischen Röhre. Auch eine verlegte Nasenscheidewand oder eine gebrochene Nase können zu einer Unfähigkeit führen, während des Abstiegs beide Ohren gleichzeitig auszugleichen. Das Ergebnis ist ein Barotrauma.
Vorbeugung
Wenn du ein Barotrauma erlitten hast, musst du eventuell eine Pause vom Tauchen einlegen. Diese Art von Verletzung kann einen Druckausgleich im Mittelohr unmöglich machen und zu starken Schmerzen, einem Trommelfellriss oder noch schwerwiegenderen Verletzungen wie Hörverlust führen. Am besten entgehst du einem Barotrauma, indem du ihm vorbeugst. Das fängt damit an, dass du die verschiedenen Methoden zum Druckausgleich in den Ohren lernst und dir die Zeit nimmst, diejenige zu entdecken, die bei dir am besten funktioniert. Es ist ratsam, dass neue Taucher alle bewährten Druckausgleichstechniken lernen. Obwohl das Valsalva Manöver die bekannteste und am einfachsten zu erklärende Methode ist, funktioniert es doch nicht für jedermann. Außerdem kann eine Methode die heute klappt, morgen vielleicht schon nicht mehr funktionieren. Zum Beispiel können die Eustachischen Röhren nicht mit dem Valsalva Manöver geöffnet werden. In diesem Falle hilft es, während des Schluckens den Kiefer hin und her zu bewegen.
Medikamente?
Obwohl ein operativer Eingriff bei Druckausgleichsproblemen meist nichts bewirkt (außer wenn sie durch eine verlegte Nasenscheidewand oder Polypen verursacht werden) kann die bedachte Anwendung von entzündungshemmenden, antiallergischen und schleimhautlösenden Medikamenten hilfreich sein. Allerdings helfen nicht alle gleichermaßen. Um herauszufinden, was für dich am besten funktioniert, brauchst du etwas Geduld und musst vielleicht mehrere Mittel ausprobieren, bis du das Richtige findest. Während du zusammen mit deinem Arzt die ideale Dosierung und Anwendung ermittelst, solltest du auf die folgenden Punkte achten: Nasensprays können helfen, den Nasenschleim zu verringern, haben aber keinerlei Auswirkung auf die Eustachischen Röhren. Außerdem kann es vorkommen, dass du nach fünf bis sieben Tagen ständiger Benutzung eine Toleranz entwickelst und das Mittel nicht mehr wirkt. Pseudoephedrin ist ein wirksames schleimhautlösendes Mittel für die Nasennebenhöhlen und das Mittelohr, das von vielen Tauchern empfohlen wird. Es ist aber nicht für alle gleich wirksam. Befolge immer die Anweisungen bei der Einnahme von Medikamenten und achte auf die Einschränkungen für Medikamente wie Pseudoephedrin, die nicht bei Herzproblemen eingenommen werden sollten. Generell sollten Taucher ein neues Medikament ein oder zwei Tage vor dem Tauchgang ausprobieren. So kann das Medikament vollständig vom Körper absorbiert werden und der Taucher hat genug Zeit, um eventuelle ungewöhnliche Nebenwirkungen zu bemerken. Wende dich an deinen Hausarzt wenn du mehrere Medikamente einnimmst, um herauszufinden, ob sie miteinander verträglich sind.
Wenn alles gut geht, werden neue Taucher schnell zu Experten beim Druckausgleich in den Mittelohren und Nebenhöhlen. Vergiss nicht, dass saisonbedingte Allergien und Erkältungen trotzdem zu Schwierigkeiten führen könnten. Eine laufende Nase oder ein Völlegefühl und Schmerzen über den Augenbrauen und Wangenknochen – besonders wenn du dich vornüber beugst – können Anzeichen von Entzündungen und Infektionen der Atemwege sein und somit der Vorbote von Druckausgleichsproblemen. Obwohl sich die Symptome mit Medikamenten kurzzeitig auflösen können, kann das eigentliche Problem einer entzündeten und angeschwollenen Schleimhaut noch Tage oder Wochen nachdem die Hauptsymptome verschwunden sind bestehen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Probleme nach Erkältungen und aller gischen Anfällen wiederkehren, wenn du zu früh wieder tauchen gehst. Druckveränderungen während des Fliegens, Tauchens, Druckausgleichs oder dem kopfüber Abtauchen beim Schwimmen, können die Eustachischen Röhren genügend verstopfen, um die Atemwege zu verschließen. Wenn das passiert, kann das entweder die Luft daran hindern, während des Abstiegs in die Nebenhöhlen oder Mittelohren zu strömen (Ursache des sogenannten „squeeze“) oder es kann die Luft daran hindern, während des Aufstiegs wieder auszutreten – ein Zustand, der als „Umkehrblockierung“ bezeichnet wird.
Was wenn Du schon Symptome hast?
Wenn du denkst, dass du schon ein Barotrauma erlitten hast, könnte es schwierig werden weiter zu tauchen. Tauchern sollte beigebracht werden, bei den ersten Anzeichen von Beschwerden in den Nebenhöhlen oder Mittelohren den Abstieg zu stoppen. Erzwungener Druckausgleich oder ein fortgesetzter Abstieg kann zu schwerwiegenderen Verletzungen führen, mitunter sogar Hörverlust. Bei den ersten Anzeichen von Druckausgleichsproblemen, egal ob in den Nebenhöhlen oder Mittelohren, sollten Taucher den Abstieg anhalten und wieder etwas aufsteigen bis sie den Druckausgleich durchführen können und keine weiteren Beschwerden verspüren. Wenn das nicht hilft, ist es ein eindeutiges Zeichen dafür, dass du den Tauchgang abbrechen solltest. Funktioniert es aber, dann kannst du langsam weiter abtauchen. Denk daran, dabei regelmäßig Druckausgleich durchzuführen. Benutze die Methode, die für dich am besten funktioniert. Denk daran: Schmerzen während eines Tauchganges sind nicht normal, sondern deuten meist darauf hin, dass in irgendeinem luftgefüllten Hohlraum ein Vakuum entsteht. Blut oder Flüssigkeiten werden vom umliegenden Gewebe in den Hohlraum gezwungen und hindern die Luft daran beim Auftauchen wieder auszutreten.
Leider endet ein Tauchtag manchmal, weil der Druckausgleich in den Ohren nicht durchgeführt werden kann. Das Problem zu verleugnen oder den Druckausgleich zu erzwingen, ist keine Lösung. Die einzige Art weiter tauchen zu gehen, ist, dem verletzten Gewebe Zeit zu geben sich zu erholen und die richtigen Medikamente zu nehmen, um die Entzündung und Schwellung zu mindern. Das braucht seine Zeit. Normalerweise ein paar Tage aber unter Umständen kann es mehrere Wochen dauern – besonders wenn die Verletzung beim Entstehen nicht richtig behandelt wird. In der Zwischenzeit solltest du nichts erzwingen. Sogar der zusätzliche Druck, der entsteht, wenn du etwas Schweres hebst, kann zu einer weiteren Verletzung führen. Ein sanfter Druckausgleich – den Kiefer hin- und her bewegen, um die Eustachische Röhre zu öffnen – ist besser, und hilft den Druck im Mittelohr zu verringern. Generell gilt, sobald ein Taucher Beschwerden oder Schmerzen verspürt, sollte er sich in Behandlung begeben. Der erste Schritt ist ein Besuch beim Arzt.
Barotrauma vorbeugen
Ein Barotrauma ist nicht nur die am häufigsten auftretende Tauchverletzung, sie ist auch vermeidbar. Hier ein paar einfache Tipps.
- Tauche niemals, wenn du den Druckausgleich nicht durchführen kannst.
- Um einen Vorsprung zu erhalten, führe einen Druckausgleich durch, bevor du ins Wasser gehst.
- Wenn du Schwierigkeiten beim Druckausgleich hast, beende deinen Abstieg.
- Steige wieder etwas auf und versuche es noch einmal. Wenn du den Druckausgleich ohne Schmerzen durchführen kannst, dann steige langsam weiter ab. Wenn sich das Problem wiederholt, wiederhole den Vorgang. Wenn du den Druckausgleich nicht durchführen kannst, brich den Tauchgang ab.
- Führe den Druckausgleich frühzeitig und häufig durch.
- Versuche niemals einen Druckausgleich zu erzwingen.
- Tauche nur mit schleimhautabschwellenden Mitteln*, wenn dir diese den Druckausgleich erleichtern – nicht, wenn das die einzige Möglichkeit für dich ist, den Druckausgleich durchzuführen (dann handelt es sich um ein ernstes Problem) – und nur nachdem du das Medikament vorher außerhalb des Wassers getestet hast und keine Nebenwirkungen auftraten.
Die meisten Tauchärzte empfehlen, bei der Einnahme von Medikamenten, nicht tiefer als 24 Meter zu tauchen. Dadurch wird das Risiko von Stickstoffnarkose und eine mögliche erhöhte Sauerstofftoxizität, beim Tauchen mit Nitrox vermieden.
* Lies bei rezeptfreien Medikamenten immer die Packungsbeilage für Einnahmehinweise und mögliche Einschränkungen. Achtung: Manche Arzneimittel sind nicht mit Nitrox verträglich.
Wie können Tauchprofis helfen?
Arbeite zusammen mit deinen Tauchern und bring ihnen alternative Druckausgleichsmethoden bei. Ein Ohren- oder Nebenhöhlen-Barotrauma kann bei jedem Taucher vorkommen, egal wie viel Erfahrung er oder sie hat. Probiere diese Druckausgleichsmethoden:
Valsalva Manöver
Die am häufigsten benutzte Methode zum Druckausgleich. Bei diesem Manöver wird die Nase zugehalten und mit geschlossenem Mund sanft dagegen ausgeatmet. Das erhöht den Druck im Rachen, was wiederum Luft durch die Eustachischen Röhren ins Mittelohr drückt. Du solltest dieses Manöver niemals erzwingen, da dadurch das Innenohr verletzt werden kann.
Toynbee Manöver
Hierbei wird die Nase verschlossen und gleichzeitig geschluckt. Die Eustachischen Röhren öffnen sich kurzzeitig und lassen dadurch Luft ins Mittelohr. Diese Methode kann auch bei einer Umkehrblockierung angewendet werden.
Frenzel Manöver
Bei dieser a-traumatischen Methode gelangt Luft ins Mittelohr indem du bei geschlossenem Mund und verschlossenen Stimmbändern die Zunge nach hinten gegen den Gaumen presst. Dadurch wird Luft in die Nasenhöhlen und durch die Eustachischen Röhren gedrückt.
Gähnen und Schlucken
Bei diesem einfachen Manöver wird der Unterkiefer nach vorn geschoben und leicht geöffnet. Halte gleichzeitig die Lippen um den Lungenautomaten geschlossen und schlucke.
Den Kopf Neigen
Bei vielen Tauchern lässt sich ein Ohr oft leichter ausgleichen als das Andere. Indem du den Kopf neigst, so dass das „schlechte“ Ohr nach oben zeigt, wird die Öffnung der Eustachischen Röhre getreckt und erleichtert so den Druckausgleich.
Mach beim ‘Ohren und Tauchen’ Seminar mit
Obwohl sie eines der am wenigsten verstandenen Körperteile sind, sind die Ohren doch auch eines der wichtigsten – besonders im Bezug aufs Tauchen. Das Außenohr fängt Geräusche auf und beschützt das Trommelfell. Das Mittelohr verarbeitet Geräusche und muss mit dem Umgebungsdruck ausgeglichen sein, ansonsten kann es verletzt werden. Das Innenohr kontrolliert unseren Gleichgewichtssinn. Jedes dieser drei Teile ist anfällig für Verletzungen. Dieses einstündige Seminar wurde als Grundlehrgang über die Funktionsweise der Ohren und die Dinge, die Taucher tun müssen, um sich um ihre Ohren zu kümmern, entworfen. Dieses Programm macht dich keinesfalls zum Ohrenexperten.
Aber es hilft Tauchern, ihre Ohren und was mit ihnen während eines Tauchgangs passiert, besser zu verstehen.
Der Autor
JOEL DOVENBARGER, Vizepräsident von DAN America Medical Services, arbeitet seit 1985 mit DAN. Seit 30 Jahren als Mediziner tätig, begann Dovenbarger seine Karriere 1976 als staatlich geprüfter Krankenpfleger und fing 1982 am F.G. Hall Labor am Duke Medical Center mit hyperbarer und Tauchmedizin an.