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Medizinische Beiträge

Ohrtrompetendysfunktion: Behandlung durch Tubendilatation

Eine Ohrtrompetendysfunktion (engl. Eustachian tube dysfunction, kurz: ETD) ist eine häufige gesundheitliche Problematik des Mittelohrs, die Patienten jeden Alters treffen kann. Die Ursache der ETD kann innerhalb als auch außerhalb der Ohrtrompete (Eustachische Röhre oder Tube) liegen und dabei insbesondere von der Nase, dem Nasenrachenraum oder auch einer Entzündung oder Verlegung der Eustachischen Röhre ausgehen. Die auftretenden Symptome sind Hörverlust, dumpfes Hören und selten auch Ohrenschmerzen. Diese Symptome können während verschiedener Aktivitäten auftreten: bei Flug- oder Zugreisen, beim Bergwandern, aber v. a. bei Tauchaktivitäten mit oder ohne Ausrüstung, also beim Geräte- oder Freitauchen. 

Die Eustachische Röhre ist eine extrem wichtige Struktur. Sie verbindet das Mittelohr (die Paukenhöhle und die angeschlossenen Hohlräume) mit dem Nasenrachenraum. Dies ist schon seit dem 16. Jahrhundert bekannt. Sie besteht teils aus knöchernen Abschnitten und zum anderen Teil aus Faserknorpel. Sie dient zur Belüftung, zum Flüssigkeitsabfluss und zum Schutz des Mittelohrs und sorgt dafür, dass in der Paukenhöhle derselbe Druck wie in der äußeren Umgebung (Luftdruck) aufrechterhalten bleibt. Aufgrund dieser Druckausgleichsfunktion der Eustachischen Röhre kann das System aus Trommelfell und Gehörknöchelchenkette seine Aufgaben auf die bestmögliche Arte erfüllen. Darüber hinaus wird verhindert, dass sich in der Paukenhöhle entzündungsbedingte flüssige Sekrete bilden. 

Eine ETD verursacht Belüftungsstörungen im Mittelohr, die zu einer Veränderung des Druckausgleichs zwischen Mittelohr und Umgebung führen und führt dazu, dass in der Paukenhöhle Sekrete entstehen, die nicht abfließen können. Daraus entwickelt sich ein ausgewachsenes Mittelohrbarotrauma, das Schreckgespenst aller Taucher. 

Wenn es während eines Gerätetauchgangs aufgrund eines zu schnellen Anstiegs des Umgebungsdrucks während der Abstiegsphase zu einer ETD kommt, ist eine spontaner Druckausgleich der Hohlräume im Mittelohr nicht mehr möglich. Die Eustachische Röhre lässt sich aufgrund des vorübergehend negativen Paukenhöhlendrucks nicht mehr öffnen. Die dadurch kollabierten Wände der Röhre finden nicht mehr in ihre ursprüngliche Position zurück. 

Der Taucher muss dann eventuell auf besondere Manöver zurückgreifen und den Druckausgleich herbei führen, falls es auf normale Art und Weise nicht funktioniert. Grundvoraussetzung für einen wirkungsvollen, beim Abstieg risikofreien Druckausgleich des Mittelohrs ist der sofortige Beginn des Druckausgleichsmanövers. Mit anderen Worten: ein Öffnen der Eustachischen Röhre muss schon bei niedrigen Druckgradienten (von Anfang an, mehrfach auf dem ersten Meter) erreicht werden. 

Die ETD-Diagnose kann nach einer speziellen HNO-Untersuchung, einer instrumentellen Untersuchung der Hörfunktion und einem sogenannten Impedanztest erfolgen. Damit können die Ursachen der Dysfunktion geklärt werden: adenoide Wucherungen (Scheimhautpolypen) oder Veränderungen im Nasenrachenraum, Missbildungen der Nasenscheidewand, Nasenmuschelvergrößerungen, Tubenkatarrh, usw. 

Außer durch die bisherigen Behandlungsansätze in der HNO-Heilkunde (im wesentlichen Methoden zum Durchspülen und Durchblasen der Eustachischen Röhre) kann das Problem mittlerweile auch mit Hilfe eines HNO-ärztlichen Eingriffs behandelt werden: mit einer Tubenerweiterung (Dilatation). 

Bei diesem Verfahren wird ein modifizierter PTA-Katheder (den man sonst z. B. für Gefäßerweiterungen am Herzen verwendet) in die Eustachische Röhre eingeführt und mittels eines speziellen Mikroendoskops vorsichtig und präzise positioniert. Sobald der Katheder eingeführt ist, wird der Ballon, der sich am inneren Ende befindet, bis zu einem Druck von 10 bar aufgepumpt indem eine Kochsalzlösung eingelassen wird. Der Druck wird zwei Minuten lang aufrechterhalten. Dann wird der Ballon entleert und der Katheder unter endoskopischer Beobachtung zurückgezogen. 

Die postoperativen Ergebnisse werden anhand einer bestimmten Skala analysiert, die objektive und subjektive Parameter bewertet. 

Die Ergebnisse dieser Methode zeigen, dass die Dilatation der Eustachischen Röhre ein sicheres und einfaches Verfahren und eine gute Behandlungsmöglichkeit bei Gehörgangstenosen ist.


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