Schluss mit den Tropfen!


Ohren- und Nebenhöhlenverletzungen gehören zu den Beschwerden, über die Schüler und Tauchneulinge am häufigsten klagen.

Häufig kommen Taucher zurück an die Oberfläche und haben das Gefühl ihr Ohr sei "voll". Oft beschreiben sie dieses Gefühl als "Wasser im Ohr", Dumpfheit oder Blockierung.  Manchmal klagen sie auch über Schmerzen.  Diejenigen, die über Schmerzen klagen müssen anders behandelt werden, als die, die sich über ein "volles Ohr" oder ähnliche Symptome beschweren.

Das verletzte Trommelfell
Anders als ein Druckgefühl oder das Gefühl eines "vollen Ohrs", können echte Schmerzen ein Hinweis auf eine ernsthaftere Verletzung sein.  Was sind die häufigsten Ursachen für Ohrenschmerzen beim Tauchen? Der zunächst üblichste Verdächtige ist ein perforiertes (gerissenes) Trommelfell.  Ein unvollständiger Druckausgleich führt meistens beim Abstieg zu einem erhöhten Druck auf das Trommelfell (Mittelohrbarotrauma), kann aber auch beim Aufstieg vorkommen (Reverse Block). Wenn darauf nicht mit einem effektiven Druckausgleich reagiert wird, kann der erhöhte Druck zum Reißen des Trommelfells führen.  Eine Blutung in den äußeren Gehörgang hinein kann, muss aber nicht sichtbar sein.  Der Riss führt dazu, dass das Mittelohr nun sehr viel anfälliger für Infektionen und weitere Reizungen ist.  Auch ohne ein gerissenes Trommelfell kann ein schweres und ebenso schmerzhaftes Mittelohrbarotrauma vorliegen.  Viele Taucher glauben, dass Ohrenschmerzen mit gewöhnlichen Ohrentropfen behandelt werden können. Dem ist aber nicht so.

Und zwar aus folgenden Gründen: Alle Ohrentropfen, die man sich ohne Rezept kaufen oder zu hause mischen kann, sollen "Schwimmerohren" (Entzündungen des Gehörgangs oder des Außenohrs) vorbeugen. Die Betonung liegt hier auf Vorbeugen. Wenn es einmal zu einer Verletzung gekommen ist, dann haben diese Tropfen keinen therapeutischen Wert. Fast alle Tropfen enthalten Alkohol, egal woher sie stammen. Wenn das Trommelfell tatsächlich gerissen ist, dann gelangt die Lösung durch den Riss hindurch ins Mittelohr.  Und nicht vergessen: das Mittelohr ist jetzt sehr gereizt und empfindlich.  Alkohol führt zumindest zeitweise zu noch mehr Schmerzen.  Stell Dir das so vor, als würdest Du Alkohol auf eine offene Wunde auf Deiner Haut geben.  Wem das schon einmal passiert ist, der erinnert sich sicher daran wie schmerzhaft das sein kann.  Wenn kalte Flüssigkeiten ins Mittelohr gelangen, kann es, so lange bis sich die Flüssigkeit erwärmt hat, zu Schwindel, Übelkeit und sogar Erbrechen kommen.  Selbst wenn kein Riss vorhanden ist, kann der Alkohol aufgrund der starken Reizung des Trommelfells Schmerzen auslösen.  Es ist unwahrscheinlich, dass die Tropfen zu weiteren Verletzungen führen. In diesem speziellen Fall sind sie aber auch keine Hilfe und können unnötige Schmerzen bereiten.

In seltenen Fällen hat sich bei einem Taucher Ohrenschmalz angestaut (Ohrenschmalzpfropf), das wie ein Ohrenstöpsel wirkt.  Dadurch entsteht zwischen dem Ohrenschmalz und dem Trommelfell ein Luftraum, in dem der Druck nicht ausgeglichen werden kann.  Beim Abstieg wird der Ohrenschmalz tiefer in den Gehörgang gepresst und es kommt zu Schmerzen.  Auch hier nützen Tropfen zur Prävention von Außenohrentzündungen nichts oder nur wenig.  

Das "volle" Ohr
Was ist mit den Tauchern, die nicht über Schmerzen klagen, deren Ohren sich aber "voll" anfühlen? Wären Ohrentropfen nützlich, wenn man keine Schmerzen hat? Bei unzureichendem Druckausgleich führt der erhöhte hydrostatische Druck dazu, dass sich das Trommelfell nach innen wölbt.  Ein Vakuum-Effekt entsteht.  Aufgrund der physikalischen Gesetze sind Vakuen nicht sehr beständig. Flüssigkeit und Blut beginnen den Raum zu füllen. Gleichzeitig kollabieren die Eustachischen Röhren.  Dadurch werden spätere Druckausgleichsversuche noch schwieriger oder sogar unmöglich.  Die Flüssigkeit/das Blut ist quasi im Mittelohr gefangen und löst das "Wasser-im-Ohr"- oder "volles-Ohr"-Gefühl aus.  Die Flüssigkeit befindet sich nicht im äußeren Gehörgang.  In den Fällen, bei denen man keine Schmerzen hat, sich das Ohr aber "voll" anfühlt bzw. man das Gefühl hat, Wasser in den Ohren zu haben, lösen Schwimmer-Ohrentropfen keine Schmerzen aus. Sie sind aber dennoch unnütz, da das Problem nicht im äußeren Ohr, sondern im Mittelohr liegt.  Das intakte Trommelfell verhindert, dass die Tropfen das Mittelohr erreichen.  Die Tropfen können die Beschwerden verschlimmern oder auch nicht. Es besteht aber wieder kein Grund zu der Annahme, dass sie bei der Linderung der Symptome helfen könnten.  Es ist extrem wichtig, dass ein Taucher, der über irgendwelche der genannten Symptome klagt, davon abgehalten wird weitere Druckausgleichsversuche durchzuführen. Denn durch sie steigt das Verletzungsrisiko.  Selbstverständlich sollte man das Tauchen abbrechen.

Jeder Taucher, der nach dem Tauchen Ohrensymptome und v.a. Schmerzen spürt, sollte von einem Arzt untersucht werden.  Eine Untersuchung ist umso wichtiger, wenn der Taucher über Hörverlust bzw. Ohrensausen (Tinnitus) klagt.  Durch die umgehende Behandlung eines gerissenen Trommelfells lassen sich weitere Reizungen und Entzündungen vermeiden.  Wenn kein Trommelfellriss vorliegt, kann ein Arzt die Schmerzen behandeln, die Heilung fördern und eine schwere Verletzung ausschließen.  Denkt bitte vor allem daran, dass die meisten Ohrentropfen zur Vermeidung von Außenohrentzündungen verwendet werden und nicht dazu gedacht sind, Verletzungen zu behandeln.

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Für mehr Informationen
Cleaning the outer ear for divers, by Alfonso Bolognini, AlertDiver.eu, 2008; 3: pp.11,12

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