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Sind Rebreather für Sporttaucher geeignet? Teil 1

Ausrüstung für das Tech-Tauchen sieht zwar anders aus als Ausrüstung für das Sporttauchen, erfüllt aber prinzipiell ähnliche Funktionen. Diese Ähnlichkeit endet, wenn Tech-Taucher statt offenem Gerät mit Rebreather tauchen. Für Tech-Taucher liegen die Vorteile auf der Hand, aber wie sieht es beim Sporttauchen aus? Verschiedene Hersteller haben Rebreather speziell für das Sporttauchen auf den Markt gebracht, und das Rebreather Forum 3.0 hat sich im Jahr 2012 diesem Thema ausführlich gewidmet. Eine gemeinsame Erklärung der Konferenz lautete:

Das Forum nimmt die Bestrebungen der Industrie und Ausbildungsverbände, getrennte Ausbildungen für die Bereiche “Tech-” und “Sporttauchen” zu schaffen, billigend zur Kenntnis. Die jeweiligen Zielgruppen haben unterschiedliche Bedürfnisse in den Bereichen Betrieb, Ausbildung und Ausrüstung.

Nun, da RF 4.0 vor der Tür steht, ist es ein guter Zeitpunkt, das Thema neu in Augenschein zu nehmen und die Frage zu stellen ob sich für Sporttaucher der Umstieg auf einen Rebreather lohnt.

Ein Rebreather (auch Kreislaufatemgerät oder liebevoll “Kreisel” genannt) ist ein Gerät, das aus dem vom Taucher ausgeatmeten Gas das Kohlendioxid entfernt, das Gas mit Sauerstoff anreichert und es der erneuten Verwendung zuführt.

Der wichtigste Vorteil ist eine drastische Steigerung der Effizienz. An freien Luft benötigen Menschen nur etwa 4% des eingeatmeten Gasvolumens (oder etwa 20% des eingeatmeten Sauerstoffs) für ihren Stoffwechsel. Die restlichen 96% des Gases werden unverbraucht ausgeatmet.

Beim Tauchen wird dieses Verhältnis noch schlechter: Die vom Körper benötigte Menge Sauerstoff bleibt gleich, aber wegen des höheren Drucks erhöht sich der Gasverbrauch trotzdem: Auf 40 m (5 atm Druck) Tauchtiefe atmen wir die fünffache Gasmenge wie an der Oberfläche, auf 90 m (10 atm) sogar die zehnfache Menge. Mit jedem Atemzug wird dieses Gas ins Wasser ausgestoßen und steigt in Form von Blasen an die Oberfläche. Daher sind beim Tauchen mit offenem Gerät die Planung der Gasreserven und das Atemminutenvolumen (AMV) so kritisch.

Bei einem Tauchgang auf 90 m mit offenem Gerät ist die mitgeführte Gasmenge mit Sicherheit der begrenzende Faktor. Ein Rebreather vermeidet dieses Problem, da der Großteil des Gases wiederverwendet wird und Taucher daher nicht so viel mit sich tragen müssen.

Technische Vorteile eines Rebreathers

Ein Rebreather führt das ausgeatmete Gas wieder in den Kreislauf zurück, entfernt das Kohlendioxid und ersetzt die kleine Menge Sauerstoff, die der Körper verbraucht. Hierdurch wird es möglich, das Atemgas wiederzuverwenden statt ins Wasser auszustoßen und zu verschwenden.

Diese Wiederverwertung des Gases stellt für Tech-Taucher den wichtigsten Vorteil eines Rebreathers dar.

1 – Gasmenge

Wir verbrauchen also viel weniger Gas als beim Tauchen mit offenm Kreislauf. Der Sauerstoffverbrauch durch den Stoffwechsel ist von der Tauchtiefe weitgehend unabhängig, so dass unser Gasvorrat auf 100 m Tiefe genau so lange ausreicht wie auf 20 m. Dies ermöglicht es, statt mit zwei 20-Liter-Flaschen mit zwei 3-Liter-Flaschen zu tauchen.

Beim Tauchen mit offenem Kreislauf verbrauchen wir wegen des höheren Druck auf großer Tiefe viel mehr Gas und sind daher gezwungen, mehr oder größere Flaschen mitzuführen. Das Gas wird trotzdem enorm schnell verbraucht, und die Gasmenge stellt bei der Tauchgangsplanung den wichtigsten Faktor dar.

Beim Tauchen mit Rebreather hingegen ist der Verbrauch tiefenunabhängig, und die Gasmenge stellt nicht mehr den begrenzenden Faktor dar. Gasknappheit ist kaum noch ein Problem. Die begrenzenden Faktoren sind statt dessen die Dekompressionszeit, die Nutzungsdauer des Atemkalks und das Risiko einer Sauerstoffvergiftung.

2 – Gaskosten

Kosten sind ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung für oder gegen einen Rebreather. Hierbei spielen zwei Arten Kosten eine Rolle: Kauf und Wartung des Geräts gegenüber den Kosten des Tauches mit offenem Kreislauf. Zu den Nachteilen des Tauches mit offenem Gerät zählen die Gaskosten. Eine Trimix-Füllung für eine Doppelflasche kann zwischen 30 Euro (Gemisch mit wenig Helium für 40 m) und 200 Euro (hoher Heliumanteil für Tauchgänge tiefer als 100 m) kosten.

Dies macht das Tauchen mit Trimix eine teure Angelegenheit. Ein Rebreather verwendet viel kleinere Flaschen, und das Gas wird wiederverwendet, was die Kosten drastisch senkt. Die oben genannten Füllungen für einen Rebreather kosten vielleicht 15-25 Euro. Für Taucher, die häufig Trimix verwenden, kann dieser Unterschied sehr erheblich sein.

Dies muss man allerdings gegen die Kosten des Rebreathers aufrechnen. Je nach Modell schlagen diese mit 5000 bis über 10.000 Euro zu Buche. Ein älteres Modell aus zweiter Hand kann günstiger sein. Zu den Anschaffungskosten kommen mit noch einmal über Tausend Euro die Kosten für die Ausbildung hinzu, sowie die Anschaffung weiteren Zubehörs. Die Einstiegskosten liegen somit schnell zwischen 7000 und 12.000 Euro. Man muss eine Menge Trimixtauchgänge machen, um diese Kosten wieder einzuspielen.

Die Mehrheit der Taucher sind nicht aktiv genug, um die Anschaffung eines Rebreathers unter Kostengesichtspunkten zu rechtfertigen. Bei weniger als 20 Trimix-Tauchgängen im Jahr rechnet es sich nicht.

3 – Gaslogistik

Der dritte Vorteil von Rebreathern ist die einfachere Gaslogistik bei längeren Tauchreisen. Taucher mit offenen Systemen brauchen je Trimix-Tauchgang ein Doppelgerät mit 12-, 15- oder gar 18-Liter Flaschen. Hinzu kommen bis zu 4 Flaschen Deko-Gas. Das sind eine Menge Helium jeden Tag, und die Füllung all dieser Flaschen kostet Geld, Zeit, und Arbeit.

Bei einem Rebreather muss statt einem Doppel-12er nur eine 3-Liter-Flasche befüllt werden. Taucher können ohne größere Schwierigkeiten genug Gas für eine Woche mitnehmen.

Wenn vor Ort keine Tauchbasis zum Füllen der Flaschen vorhanden ist, macht dies einen großen Unterschied: Niemand muss jeden Tag 50 oder 100 Kilometer fahren, um ein leeres Doppelgerät abzuliefern und gegen ein volles zu tauschen. Planung und Logistik werden hierdurch ungemein vereinfacht.

All dies setzt natürlich voraus, dass der Rebreather ordnungsgemäß funktioniert. Für den Fall der Fälle ist ist daher Bailout-Gas erforderlich: eine Flasche mit Gas, das auf der maximalen Tauchtiefe atembar ist, und entsprechende Deko-Gase, um sicher wieder an die Oberfläche zu kommen.

Im Unterschied zu Tauchern mit offenen Systemen müssen Rebreather-Taucher ihre zusätzlichen Flaschen zwar mit sich führen, aber nur im Notfall benutzen. Diese Flachen müssen daher nicht täglich neu befüllt werden.

4 – Dekompressionspflichten

Ein weiterer Vorteil eines Rebreathers gegenüber offenen Systemen ist, dass er die Dekompressionspflichten reduzieren kann. Bei einem Tauchgang mit Doppelgerät und Deko-Flaschen wählt man das Gas für gewöhnlich so, dass das Gemisch für die geplante Maximaltiefe optimal ist (d.h. maximaler Sauerstoffanteil unter Berücksichtigung physiologischer Grenzen, z. B. PO2 ≤ 1.4 atm), um die Aufnahme von Inertgasen im Körper zu minimieren.

Deko-Gase werden so gewählt, dass die Inertgase während der Dekompression möglichst schnell abgegeben werden. Diese Entscheidungen stellen jedoch immer einen Kompromiss dar. Das Grundgas beispielsweise wird so gemischt, dass der Sauerstoffanteil maximal ist. Hierbei muss jedoch immer ein wenig Spielraum eingeplant werden, falls der Tauchgang tiefer als geplant ausfällt.

Sobald der Taucher die geplante Maximaltiefe verlässt, ist das Gemisch nicht mehr optimal. Für Deko-Gase gilt das Gleiche: sie sind nur auf der Tiefe des Gaswechsels optimal; schon beim nächsten Stopp gäbe es theoretisch ein fetteres (sauerstoffreicheres) Gemisch, das eine schnellere Dekompression ermöglichen würde.

Rebreather-Taucher vermeiden diese Probleme, indem sie ihr Gemisch kontinuierlich anpassen. Das Gerät (oder der Taucher, bei manuellen Systemen) erhöht den Sauerstoffanteil bei jedem Stopp, so dass die Inertgasmenge stets minimiert wird.

Am Grund kann der Taucher den Sauerstoffanteil maximieren und dadurch dafür sorgen, dass die aufgenommene Menge Inertgas minimal ist.

Während Aufstieg und Dekompression kann der Taucher ebenfalls sein Gemisch kontinuierlich optimieren und dadurch die Dekompression beschleunigen. Ein Rebreather kann daher zu jedem Zeitpunkt des Tauchgangs das optimale Gemisch liefern.

Um den gleichen Effekt beim Tauchen mit offenem Gerät zu erzielen, müsste der Taucher für jede Stopp-Tiefe eine eigene Flasche mit sich führen. Man könnte einen Rebreather daher auch als Gemischoptimierer bezeichnen.

Wie wir sehen, haben Rebreather für Tech-Taucher erhebliche Vorteile. In Teil 2 untersuchen wir, ob Sporttaucher in ähnlicher Weise von einem Umstieg auf einen Rebreather profitieren könnten.


Der Autor

Mark Powell war 10 Jahre alt, als er zum ersten Mal in einem Schwimmbecken eine Tauchausrüstung ausprobierte. Er war sofort fasziniert. Er machte seinen Tauchschein im Jahr 1987, taucht seitdem regelmäßig und wurde 1994 Tauchlehrer. 2002 gründete er Dive-Tech, eine Tauchbasis speziell für das Tech-Tauchen. Dive-Tech bietet Ausbildung auf allen Niveaus bis hin zum CCR Advanced Mixed Gas Instructor Trainer an. Mark ist Tauchlehrer-Ausbilder bei TDI/SDI und Mitglied des TDI/SDI’s Global Training Advisor Panel. Außerdem vertritt er TDI/SDI in verschiedenen internationalen Normenkommitees. Er schreib regelmäßig für Tauchmagazine, hat mit “Deco for Divers” und “Technical Diving: An Introduction” zwei Bücher veröffentlicht, und tritt bei Tauchkonferenzen weltweit regelmäßig als Sprecher auf.


Der Übersetzer

Tim Blömeke unterrichtet Tech- und Sporttauchen in Taiwan und auf den Philippinen. Er ist Autor und freier Übersetzer, sowie Mitglied des Redaktionsteams von Alert Diver. Im Netz erreicht man ihn über seinen Blog und auf Instagram.

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