Foto: Olga Martinelli
Bereiter Taucher

Welche Ohrentropfen

Anmerkung der Redaktion

Dies ist der letzte Artikel unserer Equaleasy-Reihe. Diese Reihe basiert auf einem Kurs, kreiert von DAN Europe in Zusammenarbeit mit dem Apnoetaucher Andrea Zuccari. Leider ist Andrea mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr unter uns. Am 28. August begann er einen Greätetauchgang in Sharm el Sheikh, um Wartungsarbeiten an einer Unterwasser-Plattform zu verrichten, und wird seitdem vermisst. Wir bei DAN Europe trauern um den Verlust eines guten Freundes und Partners, und unser Mitgefühl gilt allen, die Andrea nahestanden. Die Erinnerung an ihn wird uns noch lange begleiten.


Taucher haben ein spezielles Verhältnis zu ihren Ohren und pflegen diese beinahe so gut wie ihre Ausrüstung. Eventuelle schlechte Behandlung erfolgt nicht mit Absicht, sondern ist im Allgemeinen das Ergebnis von Fehlern oder Nachlässigkeit.

Legendäre Ingredienzien.

Essig ist eine von Tauchern und Seeleuten gleichermaßen verehrte Flüssigkeit. Sie entfernt verkrustete Ablagerungen, neutralisiert die Nesselzellen von Quallen und gilt als Mittel zur Stärkung des Immunsystems und Senkung des Blutdrucks. Eine weitere essenzielle Zutat, zumindest im Mittelmeerraum, ist Olivenöl. Es senkt den Cholersterinspiegel, und die alten Griechen verwendeten Olivenöl als Seife und Schönheitsmittel. Noch heute wird es gegen Sonnenbrand eingesetzt. Über lange Zeit galten diese beiden Zutaten für ein Salatdressing als Allheilmittel bei Ohrenproblemen. Sowohl Essig wie auch Olivenöl können Allergene enthalten, entweder natürlichen Ursprungs oder als Bestandteil von Konservierungsstoffen. Pharmakologische Produkte sind effektiver, ausgereifter, besser dosiert und sicherer als Küchenzutaten.

Ohrenwartung.

Es ist nicht falsch, seine Ohren als Teil der Tauchausrüstung anzusehen. Viele Taucher pflegen ihre Ohren folglich so, wie sie sich auch um ihre Ausrüstung kümmern: durch Spülen mit Süßwasser nach Gebrauch.

Gut informierte Taucher behandeln ihre Ohren außerdem vor und nach dem Tauchen mit einem Hausmittel als Prophylaxe. Denn mit Ausnahme gut gepflegter Schwimmbecken sind Gewässer die Heimat einer Vielzahl von Mikroorganismen, von Plankton bis hin zu Bakterien, die Infektionen verursachen können. Die Zutaten für das optimale Gegenmittel sind seit den Urzeiten des Tauchsport bekannt und leicht erhältlich: Wasser, Alkohol, Essig, bzw. Essigsäure-Glazial oder reine Essigsäure. Wie so oft ist die richtige Mischung ausschlaggebend: DAN empfiehlt 5% Essigsäure, 10% Wasser und 85% Alkohol. Die Säure schafft ein bakterienfeindliches Klima, und der Alkohol hilft bei der Entwässerung der Zellen.

Mehr Tropfen.

Wie etliche Taucher zu ihrem Leidwesen festgestellt haben, können Pfropfen aus Ohrenschmalz den Druckausgleich behindern – mit möglicherweise ernsten Folgen für das Trommelfell und somit das Hörvermögen. Solche Pfropfen sollten mit Gyzerintropfen aufgeweicht werden.

Doch Vorsicht: eine gedämpfte Geräuchkulisse und das Gefühl von Fülle im Ohr sind nicht unbedngt die Folge von Ohrenschmalzansammlungen. Sie können auch durch Probleme in den Röhren die Mittelohrs verursacht werden. Bei Schwierigkeiten mit dem Druckausgleich sollten Schwellungen der Röhren durch Entzündung als mögliche Ursache immer in Betracht gezogen werden. Auserdem kann es sein, dass sich an der Innenseite des Trommelfells Sekret abgelagert hat. Dies sind nur einige der vielen Fälle, in denen sich vor dem Ergreifen eigener Maßnahmen ein Gespräch mit einem Spezialisten lohnt.

Infektionen des Außenohrs sind ein anderer Fall. Hier stellt sich die Frage nach der Art der Infektion: bakteriell, viral, oder fungal (Pilz)? Etwa 90% der Außenohrinfektionen sind bakteriell, 10% sind fungal, und eine kleine Minderheit sind viral. Die korrekte Behandlung ist in jedem Fall verschieden..

Die wichtigste Frage ist, ob das Trommelfell beschädigt ist. Bei einem Riss, und sei er auch noch so klein, können Tropfen das Problem verschlimmern. ‘Biologische’ oder ‘natürliche’ Mittel, wie sie in Läden für Alternativmedizin und leider auch in einigen Apotheken feil geboten werden, können Allergien auslösen.

Experten sind sich einig.

Ein paar Tropfen der ‘Galenischen’ Essig-Wasser-Alkohol-Lösung in den Gehörgang vor und nach dem Tauchen haben sich als sehr wirksam und unbedenklich herausgestellt. Bei Abwesenheit anderer Symptome können Tropfen gegen Juckreiz ebenfalls verwendet werden. Bei Juckreiz oder gar Schmerzen ist es jedoch besser, zunächst einen Spezialisten hinzuzuziehen.

Fazit: Prävention liegt in der Verantwortung des Tauchers, die Behandlung von Symptomen liegt in der Verantwortung von Spezialisten.


Über den Autor

Claudio Di Manao ist PADI und IANTD Tauchausbilder und seit 1997 DAN Mitglied. Er ist Autor verschiedener Bücher und Romane über das Tauchen, u.a. Shamandura Generation, einem aufregenden Portrait der Tauch-Community in Sharm el Sheik. Er arbeitet für Magazine, Radiosender und Zeitungen und spricht bzw. schreibt über Tauchsicherheit, Meereslebewesen und Reisen.


Der Übersetzer

Tim Blömeke unterrichtet Tech- und Sporttauchen in Taiwan und auf den Philippinen. Er ist Autor und freier Übersetzer, sowie Mitglied des Redaktionsteams von Alert Diver. Er taucht einen Fathom CCR. Im Netz erreicht man ihn über seinen Blog und auf Instagram.

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