Das angenehme Gefühl von Sicherheit
Atoll de North Ari , Maldives (4°13’N – 72°46’E), 7-14. November 2011
Hier sind wir also wieder, auf diesem Fleckchen Erde umgeben vom Ozean, um die Forschung fortzuführen, die wir auf unserem letzten Trip vor einem Jahr begonnen haben. Wir nennen dieses Pilotprogramm Wellness Diving. Es ist ein Weg, Unterhaltung mit Zweckmäßigkeit sowie einen wissenschaftlichen Rahmen mit reinem Vergnügen zu kombinieren. In mehreren von DAN Europe DSL organisierten Forschungscamps wurden bereits einige Präkonditionierungsversuche mit Tauchern durchgeführt. Die Ergebnisse im Bezug auf das Vorliegen von Blasen nach dem Tauchen waren erstaunlich.
Flüssigkeitszufuhr, Entspannung, Ganzkörpervibration, Zartbitterschokolade, Saunagänge und Infrarotlicht sind einige der Dinge, die wir mit den Tauchern vor den Tauchgängen getestet haben. Wellness für Taucher ist etwas, über das Prof. Alessandro Marroni bereits im Jahr 2008 sprach: „Auch wenn es seltsam und nur wie eine Modeerscheinung aussehen mag, ist dieses Konzept durchaus realitätsnah: Die gesammelten Daten zeigen, dass einige völlig nicht-invasive und sogar ganz angenehme Maßnahmen vor dem Tauchen eine deutliche, verbeugende Wirkung gegen Dekompressionsbelastungen haben können, wie sie beim Tauchen im Allgemeinen auftreten.
Des Weiteren ist bereits ausreichend bekannt und wissenschaftlich belegt, dass eine gute „aerobe Fitness“ mit der Verringerung von Dekompressionsrisiken im Zusammenhang steht. All das könnte im Kontext von „Wellness vor dem Tauchgang“ genutzt werden, warum auch nicht? Es handelt sich um einfach durchführbare Vorgänge, die keine komplizierte oder teure Ausrüstung erfordern. Man könnte sich durchaus vorstellen, dass in Zukunft in Tauchzentren und sogar auf Tauchschiffen spezielle „Wellnessbereiche“ zur Nutzung vor dem Tauchgang bestehen könnten.” Drei Jahre später schlägt DSL genau das den Tauchern von Gangehi vor. Welchen geeigneteren Ort könnte es geben, um das Projekt zu testen, als eine kleine Malediven- Insel? Organisation und Logistik sind in dieser Phase grundlegend. Alberto Bonotti, der für das Albatros Top Diving Centre von Gangehi zuständig ist, hat bereits alles organisiert, so dass bereits am Tag nach unserer Ankunft alle Maßnahmen schnell und präzise durchgeführt werden können.
Das Protokoll sieht vor, dass zwölf Taucher, aufgeteilt in Gruppen von je drei Personen, zuerst grundlegende Tests durchführen lassen und dann die jeweiligen Präkonditionierungsmaßnahmen unterlaufen. Die vier Gruppen umfassen: Vibration, Schokolade, Kontrollgruppe und Guides. Unsere Taucher unterziehen sich vor dem Beginn einer Reihe von Tauchgängen einer „Vibrationsbehandlung“ und essen jeden Tag Zartbitterschokolade (75% Kakao), um bestimmte Schutzmechanismen anzuregen. Vibration des gesamten Körpers vor dem Tauchen (siehe Analyse) führt zu einem Abbau von Mikrogasbläschen und zu einer deutlichen Reduzierung derselben nach dem Tauchen, im Vergleich zu Profilen ohne vorherige Vibrationsbehandlung (vorbereitende Reduktion von Gasbläschen zur Optimierung der Dekompression). Schokolade wiederum produziert Stickoxid (NO), das gefäßerweiternd wirkt und das Endothel schützt (das Endothel ist das Gewebe, das die Innenseite unserer Blutgefäße auskleidet). Wenn sich Blutgefäße erweitern, ist es schwerer für Bläschen, stecken zu bleiben. Die vorbeugende Wirkung von NO verhindert außerdem das Anhaften von Blasen an der Endothelwand.
Morgengrauen des 7. November 2011. Hier sind wir also wieder, endlich auf der Insel, begrüßt von kleinen Haien, die in der Lagune schwimmen. Wir befinden uns an einem wahrhaft magischen Ort, wo alles möglich ist und wo jede Begegnung emotionale Spuren hinterlassen kann. Der erste Arbeitstag wird in absoluter Ruhe und Gelassenheit durchgeführt. Zur Kontrolle wird eine Wärmebildkamera eingesetzt, die helfen soll, die beim Tauchen auftretenden Interaktionen im warmen Wasser der Malediven zu verstehen.
Außerdem führen wir eine Herzechografie durch, die der Visualisierung der Blasenbildung nach dem Tauchgang dient.
Wir haben entschieden, auch die Guide-Gruppe in den Tauchversuch einzuschließen, damit wir auch die Auswirkungen auf Personen beobachten können, die Überdruckumgebungen länger ausgesetzt sind und die regelmäßig tauchen. Die ersten Kontrollen ergaben im Allgemeinen eine normale Produktion von Blasen, was wir auch erwartet hatten. Diese befand sich innerhalb der sicheren Grenzwerte und variierte zwischen den Graden 0,5 und 1,5 – in der Fachsprache als LBG (Low Bubble Grade) bezeichnet. Nur in zwei Fällen fanden wir Werte zwischen 2 und 3, also HBG (High Bubble Grade). Die Messung sollte die ganze Woche über andauern und am Ende eines jeden Tauchtages stattfinden, damit eine tägliche Bewertung der Blasenrate erreicht werden konnte. Wir baten die Guides, ihre Arbeit zusätzlich auf einer Skala von 0 bis 5 zu bewerten, wobei 0 dem höchsten Maß an Entspannung und Ruhe beim Tauchen entsprach und zwei Faktoren einbezogen werden sollten: ein emotionaler (Stress) und ein physischer (Arbeitsbelastung unter Wasser).
Die Themenwoche umfasste zwei Abende mit Präsentationen von DAN und dessen DSL (Diving Safety Laboratory)-Projekten. Die Informationen wurden auch von den nicht-tauchenden Gästen des Resorts dankbar aufgenommen. Besondere Neugier er weckte das Thema PFO (persistierendes Foramen ovale), vielleicht aufgrund der aktuellen Meldungen über einen berühmten Fußballspieler. Die Auswirkungen des PFO auf das Tauchen kennenzulernen, war sogar noch interessanter. DAN untersucht das Phänomen schon seit mehreren Jahren und gibt Tauchern angemessene Richtlinien an die Hand. Das Interesse der Zuhörer konzentrierte sich dann auf die enge Verbindung zwischen Forschung und Gesundheit, wie zum Beispiel in Studien mit Freitauchern, bei denen Hämoglobinveränderungen nach dem Tauchen und Fliegen festgestellt werden konnten.
Wo wir gerade von diesem Projekt sprechen – wir haben demonstriert, wie schwer Luft ist! Als wir mit Dr. Cialoni aus Italien wegflogen, hatten wir die Idee, eine Flasche Wasser zu nehmen, 2/3 des Inhalts zu trinken und dann zu beobachten, wie sich die Druckveränderungen der Kabine während des gesamten Fluges darauf auswirkten. Die Flasche wurde natürlich zusammen gedrückt, aber nicht vollständig, da der flüssige und nicht komprimierbare Bestandteil Widerstand leistete. Ein banales Beispiel, das zeigt, wie bedeutend die Druckvariationen auf einem Flug sein können, besonders für einen Taucher, der nach mehreren Tauchtagen wieder nach Hause fliegt. DAN hat dafür einige einfache Regeln erarbeitet: Eine 12-stündige Pause nach einem Kurvenprofil, eine 24-stündige Pause nach Wiederholungstauchgängen oder Tauchgängen außerhalb der Kurve.
Ein kleiner Vorschlag, den man auf Reisen vielleicht beherzigen sollte. Dr. Cialonis Präsentation war ein mitreißender Augenblick in unserem Abendprogramm. Danilo führte den Gästen eine Freitauchsimulation und einen Videofilm über Umberto Pelizzari beim Aufstellen des Weltrekords von 80 Metern vor. Die Zuschauer wurden aufgefordert, beim Ansehen des Videos die Luft anzuhalten, mit den besten ihnen bekannten Techniken. Aber geht es beim Freitauchen nur um das Luftanhalten? Natürlich nicht! Es geht wohl eher um die Suche nach dem Gefühl des Wohlbefindens, so dass man – mit Hilfe der richtigen Techniken – das Atmen bis zu bestimmten Grenzen hinauszögern kann, ohne diese Grenzen zu überschreiten… Das Video läuft immer noch, die Zuschauer müssen ihren Atem noch ein klein wenig anhalten und Pelizzari wird dem Atemreflex wohl erst nachgeben, wenn er die Oberfläche erreicht hat… was für ein Gefühl! Danilo, du hast uns auf einen tollen Tauchgang mitgenommen!
Ebenfalls mit dem Thema Atemanhalten befasste sich ein weiteres Highlight der Woche, eine Einheit zu Entspannungs- und Atemtechniken, die auf einem schmalen Sandstreifen stattfand. Es nahmen Taucher und andere Gäste teil. Der Moment war beinahe magisch. Man hat uns mitgenommen zu einer Oase der Entspannung, wir hörten nur das Rauschen der kleinen Wellen, die sich am Strand brachen. Das Tohuwabohu des Alltags war weit entfernt:Jeder von uns fand eine Verbindung zu seinem Inneren und hörte sich selbst beim Atmen zu… Ganz am Ende der Entspannungseinheit tauchte eine wunderschöne Schildkröte direkt an diesem Strandabschnitt auf und brachte uns zurück in die Realität.
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Ein herzliches Dankeschön an Best Tours, die uns bei der Organisation unseres mobilen Forschungslabors halfen und das Gangehi Island Resort als Veranstaltungsort zur Verfügung stellten. Vielen Dank auch an Albatros Top Diving.
Analyse
Ganzkörpervibration und Abbau von Gasbläschen Wirkung: Reduktion von Gasbläschen zur Optimierung der Dekompression.
So funktioniert es: Taucher werden 30 Minuten vor dem Tauchen für einen festgelegten Zeitraum auf speziellen Vibrationsliegen behandelt. Es scheint, als würden die Vibrationen die Anzahl der Blasen, die bei den Tauchern nach dem Abtauchen festgestellt werden können, deutlich verringern. Die Studie begann nach interessanten Berichten von Tauchern an der Côte d’Azur, die weniger Dekompressionsprobleme bemerkten, nachdem sie eine sonderbare Strategie verfolgt hatten: Sie fuhren mit voller Geschwindigkeit in ihren Schlauchbooten, um die Blasen vor dem Tauchen „herauszuschütteln” und kehrten mit langsamer Geschwindigkeit zurück, um die Blasen nach dem Tauchgang nicht erneut „aufzuschütteln”.
Wissenschaftliche Quellen
Vibration vor dem Tauchgang (Abstrakt)
Sauna vor dem Tauchgang
Flüssigkeitszufuhr vor dem Tauchgang
Wellness Diving
DAN Europe Research führt seit Jahren verschiedene Forschungsprojekte durch, um das Tauchen noch sicherer zu gestalten.Die bisher dank der DAN-Wissenschaftler gewonnenen Ergebnisse gelten als Bezugspunkte für die gesamte Tauchmedizinwelt.
Wellness Diving ist ein experimentelles Pilotprogramm, das Präkonditionierungstechniken für Taucher anwendet, um die Dekompressionsrisiken auf diesem Gebiet zu verringern. Diese Maßnahmen können vor dem Tauchen hilfreich sein:
- Ganzkörpervibration
- Infrarotsauna
- Zartbitterschokolade
Vor dem Tauchgang durchgeführt können diese Aktivitäten das Wohlbefinden und gleichzeitig die Tauchsicherheit steigern.