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Was gibt es unter Wasser zu sehen?

Manche tauchen, um verlorene Schätze oder die Wracks von Schiffen und Flugzeugen zu entdecken. Andere tauchen einfach nur, weil sie das Gefühl der Schwerelosigkeit genießen. Die meisten Tauchen begeben sich jedoch unter Wasser, weil sie dort die merkwürdigsten Pflanzen und Tiere beobachten wollen. Mach dich bereit und entdecke eine Fantasiewelt, in der Geschöpfe leben, die so merkwürdig sind, dass man ihnen noch nicht einmal in der schlimmsten Star Wars-Kneipe begegnen würde. Aber einen Schritt nach dem anderen.

Weißt du was ein Schwamm ist? Vergiss jetzt mal die, mit denen wir uns waschen, das Meer ist voll mit Schwämmen und fast keiner davon sieht auch nur annähernd so aus wie die, die in unseren Badezimmern liegen. Es sind Tiere, auch wenn sie ihr Leben lang an einem Felsen kleben und sich nie von dort fortbewegen. Sie haben die verschiedensten Formen, manche sehen aus wie Rohre, Kelche, Haselnüsse oder wie ein Haufen Dreck. Und die meisten bilden auf dem Felsen, auf dem sie leben, eine Kruste, d. h. eine dünne Schicht. Sie sind braun oder schwarz, rot oder gelb. Von außen betrachtet haben sie auf ihrer ganzen Oberfläche Löcher. Aber wenn man sie öffnen würde, dann würde man sehen, dass die kleinsten Löcher dazu dienen, Wasser einzusaugen. Und dass sich im Inneren Zellen befinden, die kleine Nahrungspartikel einfangen, während die größeren Löcher das ungenutzte Wasser wieder nach draußen leiten. Schwämme funktionieren wie Pumpen. Durch sie wird Wasser hindurch geleitet und aus diesem Wasser wird Nahrung herausgefiltert.

Dann gibt es da noch Nesseltiere, also Quallen, Seeanemonen, Korallen und Seefächer. 

Quallen schweben durch das Meer, während Korallen sich selbst am Boden befestigen und dort ihr ganzes Leben verbringen. Um ein Gebiet zu kolonisieren, teilen sich selbst. Aus einem Tier werden zwei, dann vier, dann acht, dann sechzehn, zweiunddreißig und so bilden Korallenpolypen ihre Kolonien. Jeder einzelne baut seinen Teil des Skeletts und zusammen erschaffen sie die verrücktesten Gebilde, mal in der Form eines Baumes, eines Busches oder eines Berges.

Nesseltiere filtern ihre Nahrung auch aus dem Wasser, kleine Partikel oder sogar größere Tiere, die sie mit ihren Tentakeln fangen und mit ihren brennenden Zellen lähmen. Aber dazu kommen wir später.

Auf dem Meeresboden gibt es noch weitere merkwürdige Tiere, wie z. B. Seescheiden, die die Form eines Sacks mit zwei Löchern haben, die wiederum dazu dienen… Richtig: das eine Loch saugt Wasser hinein und das andere drückt es wieder hinaus. Das haben wir ja jetzt alle verstanden.

Unter Wasser, dort wo Sonnenlicht hinkommt, bilden Algen und Pflanzen manchmal richtige Unterwasser-Wiesen. Posidonia (Seegras) ist eine Pflanze mit Wurzeln, Blättern, Blüten und Früchten. Und sehr nützlich dabei, Strände vor starken Wellen zu schützen. Unter Wasser können sogar Würmer manchmal schön sein. Wenn ich „Wurm“ sage, dann denkst du wahrscheinlich „Igitt“ und stellst dir so einen armen Regenwurm vor. Aber unter Wasser gibt es sehr bunte Würmer, einige haben orangefarbene und weiße Zotteln… mit anderen Worten: sie sind einfach schön.

Krustentiere sind auf Links gedrehte Tiere. Das muss ich erklären: während sich unser Skelett im Inneren befindet und es von außen mit Fleisch bedeckt ist, ist das Skelett eines Krustentiers außen und beschützt es wie eine Rüstung. Das Fleisch ist im Inneren. Da fragen sich die aufmerksameren Leser natürlich, wie können sie wachsen? Ab und zu häutet sich das Tier, d. h. es tauscht die alte Schale gegen eine neuere, größere ein.

Da ihr Innerstes außen ist, sind Krustentiere introvertiert und schüchtern und es ist tatsächlich schwierig, ihnen einmal außerhalb ihres Viertels zu begegnen. Krustentiere sind z. B. Krebse, Garnelen, Krabben und Hummer. Alle haben zehn Beine mit Gelenken, wobei das erste Paar die Scheren sind: sie werden zum Festhalten und Aufbrechen gebraucht.

Weichtiere sind Schnecken oder Muscheln: viele von ihnen bilden eine Schale, die ihnen als kleines Haus dient, das sie auf ihrem Rücken tragen. Wenn das Weichtier stirbt, bleibt die Schale leer und wird manchmal vom Meer an den Strand gespült. Bleibt sie im Wasser, dann kann sie von einem wirklich sehr scheuen Krustentier weiter verwendet werden. Von einem Einsiedlerkrebs, der damit seinen weichen Schwanz schützt.

Andere Weichtiere haben keine Schale. Es sind nackte und sehr farbenfrohe Schnecken, die von Tauchern auch Nacktschnecken genannt werden. Aber, wenn sie keine Schale haben, werden sie dann nicht von den Fischen gefressen? Nein, denn Nacktschnecken schmecken wirklich widerlich. Das wissen die Fische, weil sie so farbenfroh sind. Denn alles was im Meer bunt ist, ist normalerweise nicht essbar.

Die merkwürdigsten Weichtiere sind aber die Kopffüßer. Sie haben Beine (so genannte Tentakel) rund um ihren Mund, verändern ständig ihre Farbe, ähneln Monstern, und sind trotzdem absolut faszinierend, wenn man sie beobachtet. Oktopusse, Tintenfische und Sepien sind Kopffüßer.

Die schrägsten Tiere von allen sind die Stachelhäuter. Seesterne sind Stachelhäuter. Das sind Tiere ohne Kopf, deren Mund sich am Bauch befindet und die überall Beine und keine Zähne haben. Um zu essen, würgen sie ihren eigenen Magen heraus, verdauen ihre Beute direkt vor Ort und ziehen ihn dann wieder hinein. Schräg, oder? Ein anderer Stachelhäuter ist der kugelförmige Seeigel. Sein Mund befindet sich auch auf der Unterseite, aber anders als der Seestern, hat er fünf große Zähne, mit denen er Algen abgrast.

Und schließlich gibt es da noch Fische. Viele schwimmen, andere liegen auf dem Meeresboden herum. Je nachdem, wo du tauchen gehst, wirst du anderen Fischen begegnen. Ich erwähne mal ein paar, die für unsere Gewässer typisch sind. Mönchsfische sind schwarz-bräunlich, haben einen Schwanz, der so gespalten ist wie der einer Schwalbe und sie fressen Plankton. Die Jungfische haben eine schöne strahlend blaue Farbe. Meerbrassen sind rund und silbrig, manche haben schwarze Streifen. Zackenbarsche haben ein großes Maul und während sie dich anschauen, bewegen sie ihre Flossen immerzu hin und her. Meerbarben haben zwei Bartfäden, die aussehen wie Barthaare und ständig in Bewegung sind. Schleimfische und Grundeln liegen auf dem Boden und beobachten dich mit ihren lustigen Gesichtern. Am Boden findet man auch die, meist für hässlich gehaltenen Skorpionfisch mit ihren vielen Stacheln. Seezungen und Steinbutte haben beide Augen auf der einen Seite (Seezungen auf der linken, Steinbutte auf der rechten Seite) und liegen auf der anderen Seite. Und so weiter.

Bist du neugierig geworden und willst du all diesen wunderbaren Geschöpfen unter Wasser begegnen? Gut, im nächsten Artikel erfahren wir, wie man sich dabei richtig verhält und sich an ein paar einfache Regeln hält.


Über den Autor

Massimo Boyer ist Meeresbiologe, Unterwasserfotograf und Schriftsteller, er wirbt für Tauchreisen und arbeitet als Tauchausbilder und Tauchguide. Er ist Experte für die Gewässer Indonesiens und seit 2008 Mitglied bei DAN.


Dieser Text ist Teil der Veröffentlichung Wie tief ist das Meer (Com'è profondo il mareund gehört zu der Reihe Collana del FARO, die vom Istituto per l'Ambiente e l'Educazione Scholè Futuro Onlus in Zusammenarbeit mit il Pianeta Azzurro und DAN Europe veröffentlicht wurde, für das Projekt Scuola d'aMare. Zu dieser Serie gehören „Klartexte“, die Informationen leicht zugänglich machen und sich wichtigen Themen aus den Bereichen Umwelt und Soziales widmen.

Texte: Stefano Moretto, Mario Salomone, Massimo Boyer, Claudio Di Manao, Cristian Pellegrini.

Grafikdesign, Illustration und Layout: Francesca Scoccia.

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