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Medizinische Beiträge

Immersionsinduziertes Lungenödem: ein Sicherheitsproblem beim Tauchen?

Immersionsinduzierte Lungenödeme (englisch: immersion pulmoanry edema oder IPE) sind vielleicht nicht das häufigste gesundheitliche oder sicherheitstechnische Problem beim Tauchen, aber sie gehören sicherlich zu den weniger bekannten. Wie wir in diesem Artikel sehen werden, kann das Eintreten der Symptome vom Taucher selbst und seinem Buddy leicht falsch interpretiert werden, was wiederum zu falschen Entscheidungen mit möglicherweise lebensbedrohlichen Konsequenzen führen kann.

Was ist ein IPE?

Wenn wir tauchen, schwimmen oder apnoetauchen, presst der hydrostatische Druck des Wassers zusätzliches Blut in die Mitte unseres Körpers. Dort befinden sich Herz und Lunge. Hierdurch erhöht sich der Druck im Herzen und damit auch seine Größe. Wenn sich zudem, z. B. bedingt durch Kälte oder Bluthochdruck, die peripheren Blutgefäße verengen, erhöht sich der Gegendruck in den Kapillargefäßen der Lunge. Der Blutdruck in den Kapillargefäßen der Lungenbläschen kann hierdurch so weit ansteigen, dass Blutplasma in die Lngenbläschen gedrückt wird, wo der Gasaustausch stattfindet. Diese Flüssigkeit in den Lungenbläschen behindert (ähnlich wie beim Ertrinken) den Gasautausch und führt dadurch zu Sauerstoffmangel in der Blutbahn. Unterdruck in den Atemwegen kann IPE zusätzlich verschlimmern. Dieser Unterdruck kann beispielsweise beim Aufstieg entstehen, wenn durch eine vertikale Körperhaltung der Kopf des Tauchers oberhalb der Lungen liegt und die Luft gegen den Umgebungsdruck nach unten gesogen werden muss.

In direkter Folge kann es zu Kurzatmigkeit und Husten kommen (manchmal mit schaumigem, rosafarbenen Auswurf), zudem zu Verwirrung und der Unfähigkeit, normale Tätigkeiten auszuüben. Während des Aufstiegs kann der sinkende Sauerstoffpartialdruck in den Lungen und der Blutlosigkeit und Herzstillstand.

Auch wenn Menschen mit Herzproblemen oder Bluthochdruck einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, können auch gesunde Personen ein IPE erleiden. Es gibt dokumentierte Fälle von IPE bei körperlich sehr fitten Kampfschwimmern. Wie bereits erwähnt verursacht kaltes Wasser eine Gefäßverengung, doch auch andere Faktoren wie Stress und Anstrengung können Bluthochdruck verursachen. Ein ausgeglichener Wasserhaushalt ist für die Dekompression wichtig; zu viel Wasser jedoch kann das Risiko von IPE erhöhen.

Erkennen der Symptome

IPE per se ist eindeutig ein ernstes gesundheitliches Problem. Wenn es nicht erkannt wird, können wir dieses durch falsche Reaktione jedoch noch erheblich verschlimmern. Wenn ein Taucher kurzatmig wird oder während des Tauchgangs Schwierigkeiten beim Einatmen erfährt, könnte er fälschlicherweise annehmen, dass sein Atemregler nicht richtig funktioniert oder der Flaschendruck zu niedrig ist und dem Team Luftnot signalisieren. Mit einer Luftspende ist das Problem jedoch nicht gelöst. Während das Opfer immer nervöser wird, kann dies im Rest des Teams zu Verwirrung führen. Der Buddy weiß, dass der gespendete Atemregler ordnungsgemäß funktioniert. er könnte annehmen, das Opfer sei lediglich außer Atem und verfalle hierdurch in Panik und versuchen, das Opfer auf Tiefe zu halten. Dies würde das Problem verschlimmern.

Die richtige Reaktion in einem solchen Fall ist, das Opfer an die Oberfläche zu begleiten und so schnell wie möglich aus dem Wasser zu holen. Hierdurch wird die oben beschriebene Wirkung des hydrostatischen Drucks auf den Körper aufgehoben. Das Opfer sollte auf keinen Fall allein aufsteigen, da der fallende Sauerstoffpartialdruck in der Blutbahn zu Bewusstlosigkeit führen könnte. Nach dem Verlassen des Wassers sollte das Opfer eine bequeme Sitzposition einnehmen und reinen Sauerstoff verabreicht bekommen. Die Gabe von Flüssigkeit ist jedoch zu unterlassen. Durch Wärme lässt die Gefäßverengung nach. Für die weitere Behandlung sollte unbedingt ein medizinischer Notruf abgesetzt werden.

Auch wenn immersionsinduzierte Lungeödeme relativ selten sind, können das Wissen um ihre Existenz, rechtzeitiges Erkennen und die richtige Reaktion Leben retten.


Weitere Lektüre: https://www.scubadiving.com/ask-dan-what-do-i-need-to-know-about-immersion-pulmonary-edema

Immersion Pulmonary Edema in Scuba Diving: Understanding The IPE Risk


Der Autor

Guy Thomas ist Tauchlehrerausbilder und Erste-Hilfe-Lehrer-Ausbilder und arbeitet in Vollzeit als DAN Europe Director of Safety Programs, wo er für die Entwicklung und Umsetzung der Sicherheitsinitiativen von DAN Europe zuständig ist. Er ist außerdem Mitglied des Sonderrettungsteams des Italienischen Roten Kreuzes und gehört als Rettungsschwimmer und Tauchsanitäter der Besatzung eines Rettungshubschraubers der italienischen Polizia di Stato an.

Der Übersetzer

Tim Blömeke unterrichtet Tech- und Sporttauchen in Taiwan und auf den Philippinen. Er ist Autor und freier Übersetzer, sowie Mitglied des Redaktionsteams von Alert Diver. Im Netz erreicht man ihn über seinen Blog und auf Instagram.


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