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Bereiter Taucher

Was Sie schon immer über Tauchen im gemischten Team wissen wollten

Gemischte Teams aus Rebreathern und offenem Gerät sind möglich – zum beiderseitigen Vorteil, solange bestimmte Sicherheitsvorkehrungen beachtet werden.

Rebreather werden mit der Zeit immer beliebter, und damit steigt die Wahrscheinlichkeit, eines dieser Geräte auf dem Boot oder bei einem Tauchtrip zu Gesicht zu bekommen. Vielleicht hat sogar ein Tauchpartner den Schritt gemacht und sich an einem der ausgezeichneten neuen Geräte ausbilden lassen, die in den letzten Jahren auf den Markt gekommen sind. Oder du bist einfach nur neugierig, wie ein Rebreather funktioniert und wie es aussieht, wenn jemand so ein Teil unter Wasser benutzt.

Ganz gleich welche Motivation vorliegen mag, es gibt kaum einen besseren Weg, etwas über Rebreather zu lernen als bei einem gemeinsamen Tauchgang. Damit ein Tauchgang im gemischten Team sicher und reibungslos abläuft, sollten jedoch im Vorfeld einige Aspekte geklärt werden.

Doch zuerst ein bisschen Terminologie: Auf dem Rebreather Forum 4 (April 2023) in Malta gab es einen sehr interessanten Vortrag zum Thema Tauchen im gemischten Team. Gehalten hat ihn Maritius Valente Bell, hochqualifizierter Forschungstaucher und Tauchsicherheitsbeauftragter der California Academy of Sciences.

Eingangs seines Vortrags stellte Bell die Begriffe mixed-mode und mixed platform vor. Mode (Modus) bezeichnet die grundlegende Methode des Tauchens, also Tauchen mit offenen Gerät, Apnoetauchen, Berufstauchen mit Helm und Versorgung von der Oberfläche, oder eben Tauchen mit Rebreather. Platform (Plattform) bezeichnet das spezifische Modell der verwendeten Ausrüstung, insbesodere bei Rebreathern. Im Fachjargon ausgedrückt geht es in diesem Artikel also um mixed-mode diving.

Bell führte eine Reihe von Gründen an, warum Rebreather-Taucher in gemischten Teams tauchen, z. B. die Gelegenheit zum Üben, wenn keine anderen Rebreather vor Ort sind. Zudem agieren Taucher mit offenem Gerät häufig als Support bei tiefen oder komplexen Tauchgängen. Taucher mit offenem Gerät hingegen bekommen bei gemeinsamen Tauchgängen Gelegenheit, etwas über Rebreather zu lernen – eine gute Entscheidungshilfe, falls du überlegst, selbst irgendwann in diese Richtung zu gehen.

Es gibt jedoch einige Punkte zu beachten. Die meisten Menschen wissen nicht viel über Rebreather. Zudem kann es zwischen unterschiedlichen Rebreather-Modellen erhebliche Unterschiede hinsichtlich Funktion und Bedienung geben, so dass sich Kenntnisse nur eingeschränkt übertragen lassen. Taucher sollten die Ausrüstung der anderen Teammitglieder verstehen, und daher müssen bei der Planung eines Tauchgangs im gemischten Team einige zusätzliche Punkte besprochen werden.

Außerdem wäre anzumerken, dass das Tauchen im gemischten Team eher etwas für Fortgeschrittene ist. Teampartner müssen in der Lage sein, einander in Notfällen zu unterstützen. Wer die dazu erforderlichen Fertigkeiten beim Tauchen mit offenem Gerät noch nicht beherrscht, wird sehr wahrscheinlich überfordert sein, sollte jemand mit einem Rebreather ein Problem bekommen. Wie immer gilt: Bedenken vor einem Tauchgang sollten unbedingt im Team angesprochen werden. Wenn sich die Bedenken nicht ausräumen lassen, dann ist es besser, den Plan zu ändern oder den Tauchgang abzusagen.

Ausrüstung

Vor der detaillierten Tauchgangsplanung ist es sinnvoll, sich einen allgemeinen Überblick über die Gerätschaften des Tauchpartners zu verschaffen. Grundsätzlich besteht ein Rebreather aus einem Gaskreislauf mit Gegenlunge, einem CO2-Gaswäscher, einem Mechanismus zum Einleiten von Gas(en) in den Kreislauf, und einer Vorrichtung zur Überwachung des Sauerstoffgehalts. Diese Komponenten werden in Verbindung mit Flaschen, einem Tariermittel und sonstigen, allgemein bekannten Ausrüstungsteilen verwendet.

Bei der genauen Umsetzung dieses Konzepts bestehen zwischen unterschiedlichen Plattformen erhebliche Unterschiede, und die Technik – entweder, weil sie so komplex ist, oder wegen ihrer Einfachheit und Eleganz – kann recht faszinierend sein. Es empfiehlt sich, die Einführung in die Ausrüstung von dem eigentlichen Briefing getrennt zu halten, da ein nicht unerhebliches Risiko besteht, sich in Details zu verlieren.

Gasplanung und Verfahren in Notfällen

Der große Vorteil eines Rebreathers ist ein (für praktische Zwecke) unedlicher Gasvorrat – solange das Gerät funktioniert. Für den Fall eines Geräteversagens müssen Rebreather-Taucher eine alternative Gasversorgung (Bailout-Gas) mit sich führen, die ausreichend ist, einen Tauchgang jederzeit sicher zu beenden. Während die Bailout-Planung für Rebreather viele Gemeinsamkeiten mit der Planung von Reserven beim Tauchen mit offenem Gerät aufweist, sind die Methoden nicht ganz identisch. Wie bei der Gasplanung allgemein gilt außerdem, dass nicht alle Taucher die gleichen Methoden verwenden. Vor dem Tauchgang sollte daher eine Besprechung im Team stattfinden, um sicherzugehen, dass die Bedürfnisse aller Teammitglieder abgedeckt sind.

Das genaue Verfahren für die Luftspende sollte ebenfalls angesprochen werden; beispielsweise. müssen Rebreather-Taucher ihr Mundstück schließen, bevor sie einen anderen Regler annehmen können. Partner mit offenem Gerät sollten darüber informiert sein, wie genau ein Rebreather-Taucher ihnen im Zweifelsfall eine Luftspende gibt. In der Regel dient hierzu das Bailout-Gas. Es ist eine gute Idee, vor dem Tauchgang die gegenseitige Luftspende ein paarmal an Land zu proben.

Das Tauchen mit einem Rebreather birgt darüber hinaus spezifische Risiken in Bezug auf die Zusammensetzung des Atemgases (nnämlich Hypoxie, Hyperoxie und Hyperkapnie), die beim Tauchen mit offenem Gerät eine deutlich geringere Rolle spielen. Wenn du mit einem Rebreather-Taucher im Team tauchen möchtest, solltest du über diese Probleme und die entsprechenden Gegenmaßnahmen informiert sein.

Zu guter Letzt erfordert das Vermeiden einer Trennung der Gruppe im gemischten Team etwas mehr Aufmerksamkeit: Wenn dein Tauchpartner mit offenem Gerät hinter einem Felsen hockt und Fotos macht, lässt sich dies anhand hinter selbigem Felsen aufsteigender Blasen oft recht leicht feststellen. Bei einem Rebreather gibt es keine Blasen.

Deko

Beim Tauchen mit offenem Gerät stellt jeder Gaswechsel einen Zeitpunkt dar, an dem der Partialdruck der Inertgase drastisch sinkt. Beispielsweise fällt der Stickstoffpartialdruck (PN2) um mehr als 40%, wenn ein Taucher von 24 auf 21 m aufsteigt und von Luft (der Einfachheit halber) zu EAN 50 wechselt: von 3.4 atm * 0.79 = 2.69 atm auf 24 m zu 3.1 atm * 0.5 = 1.55 atm auf 21 m. Beim nächsten Aufstieg zum 18-Meter-Stopp ist die Änderung ledigliich 10%, von 1.55 zu 1.4 atm.

Rebreather-Taucher hingegen halten während des gesamten Tauchgangs einen mehr oder weniger gleichmäßigen Sauerstoffpartialdruck. Die Änderungen des Inertgas-Partialdrucks fallen dadurch ebenfalls weniger drastisch aus. Der optimale Deko-Plan für Rebreather und offenes Gerät kann daher Unterschiede aufweisen, auch wenn alle anderen Faktoren (Tiefe, Zeit, Parameter des Deko-Modells) konstant gehalten werden. Eventuelle Unterschiede müssen in der Planung berücksichtigt werden.

Zeitmanagement

Wer noch nie mit Rebreather-Tauchern zu tun hatte, wird überrascht sein, wie unglaublich LANGSAM diese Leute sind. Während jeder normale Mensch sich bei Ankunft am Reiseziel umgehend eine Flasche Nitrox und einen Platz auf dem Boot sichert, verbringen Rebreather-Taucher den ersten Tag in der Regel damit, ihre Ausrüstung zusammenzubauen, Gase zu bestellen, den Gaswäscher zu befüllen, die Checkliste durchzugehen, die Ausrüstung teilweise zu zerlegen und neu zusammenzubauen, die Checkliste noch einmal durchzugehen, und dann vielleicht noch ein paar Kleinigkeiten einzustellen… oder so ähnlich. Eine Kurzversion dieses Vorgangs findet dann noch einmal vor jedem Tauchgang statt.

Im Wasser bietet sich ein ähnliches Bild: An der Oberfläche werden Bailout-Flaschen angelegt und ein Blasen-Check durchgeführt. Wenn du zu den Leuten gehörst, die zum Abstieg gerne die Luft komplett aus dem Tariermittel ablassen und sich wie Steine auf die Zieltiefe fallen lassen, dann geht das jetzt auch nicht mehr. Rebreather-Taucher müssen beim Abstieg sorgfältig auf Gasmenge und -zusammensetzung in ihrem Kreislauf achten. 15 Meter pro Minute gelten in diesen Kreisen als recht zügig. Der Aufstieg gestaltet sich ebenfalls langsamer: In regelmäßigen Abständen muss Gas aus dem Kreislauf abgelassen und Sauerstoff nachgeschossen werden. Die Tarierung ist ebenfalls deutlich komplizierter, weil die Lunge als Tariermittel nicht zur Verfügung steht.

Vermeide es dennoch, einen Rebreather-Taucher zur Eile anzuhalten. Etwa 10% der tödlichen Tauchunfälle passieren mit Rebreathern; eine überprotortional hohe Quote wenn man bedenkt, wie selten diese Geräte immer noch sind. Gründlichkeit hält uns am Leben. Wenn dich die Ungeduld plagt, dann gehe einfach zuerst mit jemand anderem tauchen.

Jede Regel hat Ausnahmen: Solltest du einen Rebreather-Taucher treffen, der immer rechtzeitig auf Boot ist und selten Probleme mit seiner Ausrüstung zu haben scheint, dann lohnt es sich, etwas genauer hinzuschauen – es gibt wahrscheinlich etwas zu lernen.


Der Autor

Tim Blömeke unterrichtet Tech- und Sporttauchen in Taiwan und auf den Philippinen. Er ist Autor und freier Übersetzer, sowie Mitglied des Redaktionsteams von Alert Diver. Er taucht einen Fathom CCR. Im Netz erreicht man ihn über seinen Blog und auf Instagram.

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