Foto: Marcello Di Francesco
Die Top 50 Kult-Tauchplätze

Kulttauchgang: Die Schätze des Jackson Riffs (Teil 1)

Golf von Aqaba, Ägypten. Zwischen der Insel von Tiran und dem  Ostküste der Sinai-Halbinsel wir der Golf enger. In der Mitte der Straße von Tiran reicht ein Unterwassergebirge bis nahe an die Wasseroberfläche heran. Dort, wo nährstoffreiche Strömungen wüten, haben die Korallen und helles Licht ein System aus vier Riffen erschaffen, die zur Hälfte aus dem Wasser ragen. Jackson, das nördlichste des Systems, ist den Winden aus dem Norden und den Strömungen des Golfs von Aqaba ausgesetzt, wenn bei Ebbe der Wasserstand sinkt. Es ist ein Vergnügungspark für Taucher, mit Achterbahnen und fünf ganz unterschiedlichen Tauchplätzen: dem Lighthouse, dem Garden, North Jackson, Ras Goma, und dem berühmt-berüchtigten Sella, auch „Waschmaschine“ genannt. In diesem komplexen Netz aus Wellen und Strömungen können sich bei schlechter Planung einige dieser Tauchgänge allerdings in wahre Albträume verwandeln. Ab Oktober beginnt sich das gesamte Becken des Roten Meers infolge der Verdunstung zu leeren, was jegliche Prognosen erschwert.

Hier würdigen wir den Reichtum und die Schönheit des Jackson Riffs mit einer zweiteiligen Artikelreihe, in der wir auf die Charakteristiken und möglichen Gefahren eingehen. Beginnen wir mit den ersten drei Tauchgängen: Lighthouse, Garden und North Jackson.

Lighthouse

GPS

  • L 28° 0'21.70"N
  • B 34°28'17.68"E

Anspruch: Anfänger, Fortgeschrittene.

Landschaft

Vor den Liegeplätzen auf der Südseite fällt die Wand senkrecht auf 55-60 Meter bis auf den sandigen Meeresgrund ab. In Richtung Lighthouse wird die Wand weniger steil und fällt mit ca. 20-15 Metern gemächlich ab.

Was es zu sehen gibt und wann

Hier kann man das ganze Jahr über tauchen. Die Wand ist reich mit Gorgonien und Weichkorallen bedeckt und wird, in Richtung Oberfläche, von Stachelmakrelen- und Füsilier-Schwärmen besucht. Thunfischen, Napoleonfischen und Meeresschildkröten begegnet man hier regelmäßig. Eher selten trifft man dagegen auf Haie (vor allem Fuchshaie), die früher in der Nähe des Lighthouse oft im offenen Meer gesichtet wurden.

BRIEFING

Tauchrunde
Ab den Liegeplätzen auf der Südseite kann man die Wand mit dem Riff (linke Seite) erkunden. Du kannst so lange weitertauchen, wie die dir Strömung, die normalerweise in Richtung Lighthouse immer stärker wird, noch einen einfachen Rückweg erlaubt. 

WARNUNG: Die Strömung kann während des Tauchgangs drastisch zunehmen und den Rückweg erheblich erschweren. Am besten entfernst du dich nicht zu weit vom Liegeplatz, wenn du dir nicht sicher bist, wie sich die Strömung entwickelt. Das gilt vor allem dann, wenn sich hinter dem Lighthouse Wellen bilden.

Strömungstauchgang
Bei dieser Route kannst du die wunderschönen Korallengärten am Lighthouse erkunden und dann weiter zu einem Teil der Nordwand tauchen, wo du vielleicht auf graue Riffhaie, Schildkröten und Barrakudas triffst. Hinter dem Lighthouse fällt die Wand wieder dunkel und faszinierend in die Tiefe ab.

WARNUNG: Dieser Tauchgang sollte nur gemacht werden, wenn das Meer jenseits des Lighthouse ruhig ist oder man ein Boot hat. Auch wenn du im geschützten Bereich auftauchst, kann dich die Strömung in kürzester Zeit in die hohen Wellen ziehen, so dass der Rückweg zum Boot gefährlich wird.

Garden

GPS

  • L 28° 0'21.70"N
  • B 34°28'17.68"E

Anspruch: Anfänger, Fortgeschrittene, zweiter Tauchgang und Strömungen.


Landschaft

Der wohl schönste Korallengarten in Sharm el Sheikh. Vom Liegeplatz in Richtung Osten nimmt das Riff langsam die Form eines halben Doms an. Unzählige Arten von Korallen so weit das Auge reicht, vor allem in Tiefen zwischen 15 und 5 Metern zwischen sandigen Plätzen und sanften Hängen voller bunter Meeresbewohner.

Was es zu sehen gibt und wann

Das ganze Jahr über kann man im Sand Steinfische bewundern. Dort, wo das Riff mit über 18 Metern Tiefe am steilsten ist, beherrschen unzählige Gorgonien und Korallen das Bild. Auf den ersten10 Metern kann es häufig zu Begegnungen mit Weißspitzen-Riffhaien kommen. Tiefer unten, in Richtung des Sattels zwischen den Riffen Jackson und Woodhouse, trifft man auch auf Hammerhaie und Graue Haie.

BRIEFING

Die idealen Bedingungen für einen Strömungstauchgang treten hier nur selten auf. Der Rückweg wird je nach Strömungslage festgelegt. Am interessantesten ist, dank seiner Farben und abwechslungsreichen Umgebung, der flachste Teil mit 5 bis 15 Metern Tiefe. Auch ein Blick auf den Sattel in ca. 27 Metern Tiefe lohnt sich. Falls eine Strömung auftritt, dann nimmt sie in Richtung Westen und im flacheren Wasser zu. Die besondere Form dieses Riffs bewirkt, dass die Wassermassen am Riff entlang hochsteigen und gegen den Sattel und nach oben gedrückt werden. In diesem Fall ist es klüger, dem Riff fern zu bleiben und in größeren Tiefen zu tauchen, und zwar vor allem auf dem Rückweg. Wichtig ist, dass du deinen Luftverbrauch gut planst und dich an deine Planung hältst.

WARNUNG: Strömungen können hier sehr stark werden und sogar einen fitten, gut ausgebildeten Taucher auf das Riff oder in einen Bereich ziehen, wo das Wasser extrem turbulent ist. Dort können die Bedingungen, um jemanden wieder an Bord zu nehmen, für ein Zodiac schwierig und für ein Boot sogar gefährlich werden. Wir empfehlen dir daher, dass du deine Tarierung kontinuierlich im Blick behältst, damit du von der Strömung nicht in den flachen Bereich oder in den turbulente Bereich mit den Wellen gezogen wirst.

North Jackson

GPS Einstiegspunkt

  • L 28° 0'43.66"N
  • B 34°28'24.84"E

Level: Experten – fortgeschritten

Landschaft

Im Vergleich zu anderen Tauchgängen am selben Riff  ist die Wand hier nicht sehr interessant. Am North Jackson taucht man nur aus einem Grund: Hammerhaie, auch wenn es in den letzten Jahren weniger geworden sind.

Was es zu sehen gibt und wann

Die Hammerhaie kann man in der Zeit von Mitte Juni bis Anfang Oktober sehen.

BRIEFING

Der Tauchgang am North Jackson sollte dem Seegang und den Strömungsbedingungen entsprechend geplant werden. Am besten ist es, wenn die Tide fällt und die Strömung in Richtung Süden verläuft. Wenn du  kein Zodiac hast, empfiehlt es sich dann zu tauchen, wenn der Wind nachlässt (in der Regel am frühen Nachmittag). Wenn du das Wrack der Lara hinter dir lässt, kannst du in Richtung Norden in einer Tiefe von ca. 10-15 Metern so lange ins Blaue hinein schwimmen, bis der Schatten des Riffs völlig verschwunden ist.

An diesem Punkt beginnt man dann tiefer zu tauchen und, wenn die Strömung von Norden her kommt, schwimmt man dabei immer weiter. Dann hältst du an. Die ideale Tiefe ist bei der Sprungschicht auf 22-26 Metern. Man muss nicht tiefer gehen: wenn Haie da sind, dann werden sie sich auch zeigen. Man sollte allerdings nicht länger als 25 Minuten bleiben, damit man nicht abdriftet und in gefährlichen Bereichen landet. Nach dem Tauchgang kannst du dann, je nach Wetterlage und falls ein Boot zur Verfügung steht, in Richtung der Wand schwimmen und an einer der Seiten des Riffs oder im offenen Meer aussteigen. Bei idealen Strömungsbedingungen sollte sdie Tauchgruppe in Richtung Wand bewegen können, ohne dass sich auch nur eine Flosse bewegen muss. Wer einen niedrigen Luftverbrauch und noch nicht genug Zeit in der Tiefe verbracht hat, der kann weitertauchen und sich an Ras-Goma vorbei treiben lassen.

WARNUNG
– Tauche nicht mit der Strömung in Richtung Norden und in Richtung der rauen See, wenn du kein Zodiac hast! Jackson Riff befindet sich zwischen der Grafton und der Enterprise Passage, zwei wichtigen Schifffahrtskanälen, in denen ständig Frachtschiffe und Containerschiffe kreuzen.

– Es empfiehlt sich, immer in der Nähe des Riffs in einem Bereich aufzutauchen, wo die lokalen Bootscrews normalerweise nach Tauchern und Bojen suchen. So kann man sich vor Bootspropellern schützen. Bei Nordwind an der ungeschützten Seite des Riffs auszusteigen ist ohne Boot absolut undenkbar.

– Im offenen Meer kann man leicht die Orientierung verlieren! Es kann Schwindel auftreten und durch Stickstoff bedingte Beeinträchtigungen können sich verstärken. Weil es an Bezugspunkten fehlt, muss man sich mit den Augen auf seine Instrumente und Luftblasen konzentrieren und dabei kontinuierlich die eigene Tarierung kontrollieren und in der Nähe des Tauchpartners und des Rests der Gruppe bleiben.

– Kommen die Strömungen aus dem Süden kann sich die Sicht, die in der Regel sehr gut ist, dramatisch verschlechtern. Es kann zu Turbulenzen mit Strudeln kommen, also stark aufsteigenden und absteigenden Strömungen, die ohne Referenzpunkte auch für die meisten sehr erfahrenen Taucher zu einer erheblichen Herausforderung werden können. Unter diesen Bedingungen habe ich persönlich schon mal Luftblasen gesehen, die zuerst nach oben gestiegen und dann nach ein paar Metern wieder nach unten gesunken sind. Vor den Kräften der Natur muss man Respekt haben!


Danksagung

Vielen Dank an Franz, Andrea Zuccari und Francesco Pipino. Mit ihrer Erfahrung haben sie einen großen Beitrag zu diesem Artikel geleistet und mir geholfen, das Riff und seine Gesetze besser zu verstehen.


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