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Medizinische Beiträge

Medikamente gegen Depressionen und die Tauchtauglichkeit

Depressionen: Wer ist davon betroffen?

Depressionen sind nicht so ungewöhnlich, wie Sie meinen. Auch Taucher bekommen Depressionen. Einige der häufiger gestellten Fragen am DAN Info-Telefon für medizinische Fragen betreffen Medikamente, die Taucher gegen Depressionen einnehmen, und wie diese sich auf deren Tauchtauglichkeit auswirken. Laut dem 'National Institute of Mental Health' [staatliche Forschungseinrichtung für psychische Erkrankungen in den USA], erleiden jedes Jahr mehr als 17 Millionen Amerikaner eine Phase krankhafter Depressionen. Glücklicherweise bessert sich der Zustand von annähernd 80 Prozent der Menschen mit diagnostizierten Depressionen nach einer angemessenen Behandlung deutlich. Depressionen beschränken sich dabei nicht auf den Kopf, sie wirken sich gleichermaßen auf Körper und Geist aus. Die Symptome als auch deren Ausmaß können individuell unterschiedlich ausfallen. Es liegt auf der Hand, dass Personen mit Realitätsverlust, Suizidaltendenz oder Halluzinationen nicht tauchen dürfen. Zudem gefährdet jede Erkrankungsform, die eine Person physisch oder mental darin einschränken würde, Entscheidungen zu treffen bzw. umzusetzen, die Sicherheit für den Taucher oder seinen Tauchpartner. Trotzdem tauchen viele Menschen ohne Probleme, obwohl sie gegen ihre alltäglichen Depressionen Medikamente einnehmen und in Behandlung sind.

Symptome von Depressionen

Nachfolgend einige Symptome, die die 'National Depression and Manic Depression Association', [Nationale Gesellschaft für depressive und bipolare Erkrankungen, USA] für Depressionen benannte: 

  • Anhaltende Betrübtheit oder unerklärliches Weinen; 
  • deutliche Änderungen von Appetit oder Schlafverlauf; 
  • Reizbarkeit, Wut, Unruhe, Aufgeregtheit, Ängstlichkeit; 
  • Unkonzentriertheit, Unentschlossenh eit; 
  • unerklärliche Schmerzen und Beschwerden; 
  • wiederkehrende Gedanken an Tod und Selbstmord. 

Für Taucher an dieser Stelle ein besonderer Hinweis: Einige der Symptome von Depressionen könnten ebenso Symptome einer Dekompressionserkrankung (DCI) verschleiern. Unerklärliche Schmerzen und Beschwerden oder die Unfähigkeit, sich zu konzentrieren, könnten eine Differenzialdiagnose sehr schwierig gestalten. Die Tiefe beim Tauchen ist ein denkbar schlechter Ort, um die Konzentration auf die unmittelbar zu erledigenden Aufgaben beim Tauchen zu verlieren: Dem Tauchplan zu folgen, den Luftvorrat zu überwachen oder einfach ein aufmerksamer Tauchpartner zu sein. Sollte Tauchern mit Depressionen das Tauchen gestattet werden? Ja und nein: Jeder einzelne Taucher sollte individuell und einzelfallbezogen bewertet werden. Dabei müssen u. a. die medizinische Vorgeschichte des Tauchers, Art und Dosis des verschriebenen Medikaments, wie der Taucher auf die Behandlung nspricht und die Beweggründe der Person für das Tauchen mit einbezogen werden. Dabei geht es im Wesentlichen darum, die Sicherheit des Tauchers und seines Tauchpartners im Wasser sicherzustellen.

Behandlung von Depressionen

Als Bestandteil der Behandlung von Depressionen können Medikamente verabreicht werden, die auf das Zentrale Nervensystem (ZNS) einwirken und unterschiedliche, aber jeweils ähnliche Nebenwirkungen haben. Es gibt heute Dutzende von Antidepressiva, die Depressionen wirkungsvoll bekämpfen. Jede Kategorie dieser Medikamente hat spezielle Eigenschaften hinsichtlich ihrer Wirkungsweise auf das Gehirn. Es wirkt sich für Taucher ungünstig aus, dass einige Medikamente Nebenwirkungen haben, die den Symptomen einer Dekompressionserkrankung ähneln. Wenn nach einem Tauchgang Nebenwirkungen wie Sehstörungen, körperliche Schwäche, Schwindel, Koordinationsstörungen, Taubheit und Kribbeln auftreten, muss der Taucher ggf. auf eine mögliche DCI hin untersucht werden. Das optimale Medikament zu finden, bedeutet manchmal einfach Herumprobieren. Man sollte niemals ohne Anweisung des Arztes die Dosierung eines Medikaments eigenmächtig ändern oder dieses absetzen. Es kann mehrere Wochen wenn nicht Monate dauern, bis sich die individuellen Reaktionen und die Therapiewirkung einstellen, und das Tauchen muss so lange unterbleiben, bis der Patient auf das Medikament eingestellt ist.

Im folgenden die Medikamente, die häufig zur Behandlung von Depressionen eingesetzt werden:

SSRI ('selective serotonin reuptake inhibitors', Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer)
SSRI kosten zwar meistens mehr als andere Antidepressiva, scheinen aber für Taucher relativ sicher zu sein. Sie haben allerdings eine Nebenwirkung, sie machen müde, und das kann sich schon auf die Tauchsicherheit auswirken. 

Trizyklika / Tetrazyklika / Heterozyklika
Schwindel, Müdigkeit und unscharfes Sehen können die Nebenwirkungen dieser Wirkstoffgruppen sein. Jedes Medikament, das die Konzentration beeinflusst, die Aufmerksamkeit einschränkt oder die Entscheidungsfähigkeit schwächt, ist unvereinbar mit der Tauchsicherheit.

Weitere Antidepressiva, z. B. Wellbutrin® oder Elontril® (Wirkstoff: Bupropion), Thombran® oder Trittico ® (Wirkstoff: Trazodon) und Trevilor® (Wirkstoff: Venlafaxin). Zu den eher seltenen Nebenwirkungen von Venlafaxin gehören Ohnmacht, Erregbarkeit und Atemschwierigkeiten. Bupropion kann als Nebenwirkungen innere Unruhe, Reizung des ZNS, Anfälle, Psychosen, trockenen Mund, Kopfschmerzen, Migräne, Übelkeit, Erbrechen, Hautausschläge, Tinnitus, Muskelschmerzen und Schwindel haben. 

Es ist klar, dass ein Taucher mit derartigen Symptome einem hohen Risiko ausgesetzt wäre. Es gibt nur wenige verfügbare Forschungsdaten zum Tauchen mit Depressionen oder unter dem Einfluss von Antidepressiva. Taucher, die unter dem Einfluss von auf das ZNS wirkenden Medikamenten Probleme bekamen, berichteten zumeist von Angstzuständen oder gar Panik: Man glaubt, dass dies durch das Zusammenwirken von hohen Stickstoffpartialdrücken und den Nebenwirkungen der Wirkstoffe hervorgerufen wird. Jeder Einzelfall sollte individuell begutachtet werden, und der Taucher oder angehende Taucher sollte sich dem Arzt und dem Ausbildungsverband gegenüber offen und ehrlich mitteilen. Wenn Taucher über eine lange Zeit hinweg sehr gut auf ein Medikament ansprechen, hinreichend gut Entscheidungen treffen können und sich der möglichen Nebenwirkungen bewusst sind, können sie sich gegebenenfalls für einige Bereiche des Tauchens qualifizieren. Dies sollte dann eine gemeinsam getragene Entscheidung zwischen Arzt und Taucher sein.

*In der Regel Nahrungsmittel, die gereift sind oder fermentiert wurden; diese Nahrungsmittel enthalten eine Aminosäure namens Tyramin, die zu einer Bluthochdruckkrise führen kann, wenn sie von MAO-Hemmern blockiert wird.


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