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Sind Rebreather für Sporttaucher geeignet? Teil 2

Im ersten Teil dieses Artikels haben wir die Vorteile von Rebreathern für Tech-Taucher untersucht. Im zweiten Teil werfen wir einen Blick auf den Nutzen für Sporttaucher.

Der erste Vorteil für Tech-Taucher ist der Gasverbrauch. Hiervon profitieren auch Sporttaucher. Für die meisten Taucher, die mit einer einzelnen Flasche tauchen, ist der Gasverbrauch der begrenzende Faktor für die Tauchgangsdauer. Mit einem Rebreather kann man erheblich länger unter Wasser bleiben.

Während der geringere Gasverbrauch auch für Sporttaucher ein Vorteil ist, sieht die Lage bei den Kosten etwas anders aus. Sporttaucher mit offenem System müssen pro Tauchgang nur für eine Flaschenfüllung bezahlen. Beim Rebreather fallen die Kosten für reinen Sauerstoff und Atemkalk an. Der jährliche Austausch der drei Sauerstoffsensoren sowie der Batterien schlägt ebenfalls zu Buche.

Das bedeutet, dass ein flacher Tauchgang, der für Sporttaucher mit offenem Gerät nur ein paar Euro für eine Flaschenfüllung mit Luft kostet, bei Rebreather-Tauchern schnell zwei- bis dreimal so teuer wird. Wenn man nicht regelmäßig tiefe Trimix-Tauchgänge absolviert, gibt es wenig finanzielle Gründe für die Anschaffung eines Rebreathers – was nicht heißen soll, dass es keine anderen Gründe gibt.

Logistik und Vorteile bei der Dekompression?

Gaslogistik ist ein weiterer Bereich, in dem Sporttaucher nicht besonders von einem Umstieg auf Rebreather profitieren. Eine Flasche mit Luft zu füllen ist ein relativ unkomplizierter Vorgang, den so gut wie jede Tauchbasis auf diesem Planeten beherrscht. Nitrox ist nicht ganz so weit verbreitet, aber immer noch leicht erhältlich. Sauerstoff auf hohem Druck hingegen könnte ein Problem darstellen, was das Sporttauchen mit dem Rebreather in einer normalen Tauchbasis schwierig machen könnte.

Bei der Dekompressionspflicht hingegen haben die Vorteile eines Rebreathers auch für Sporttaucher Bestand. Zu jedem Zeitpunkt des Tauchgangs das optimale Gas zu atmen reduziert die vom Körper aufgenommene Menge Inertgas deutlich und kann sehr lange Grundzeiten ermöglichen. Obwohl Sporttaucher keine Pflicht-Deko absolvieren, profitieren sie erheblich von den Vorteilen eines Rebreathers in Bezug auf Dekompressionspflichten.

Auch wenn die Vorteile von Rebreathern für Tech-Taucher bei Sporttauchern nicht so ins Gewicht fallen, gibt es einige andere Gründe für einen Wechsel: Rebreather verursachen keine Blasen; man kommt näher an Meerestiere heran. Da die meisten Meeresbewohner im Flachwasser leben, ist dieser Vorteil für Sporttaucher relevanter als für Techies. Man muss nur einmal mit einem Rebreather in Riff betauchen um zu merken, wie sehr die Blasen von offenen Systemen die Meereslebewesen verschrecken.

Zusätzliche Kosten, Risiken und Komplikationen

Der Einsatz von Rebreathern bringt erhebliche zusätzliche Kosten, Risiken und Komplikationen mit sich und sollte nicht als Allheilmittel gesehen werden. Rebreather lösen nicht alle Probleme bei tiefen Tech-Tauchgängen und machen Sporttauchgänge erheblich komplexer.

Zum Ersten sind Rebreather teuer in der Anschaffung – von 4000 bis über 9000 Euro. Rechnet man das Training und das unvermeidliche Zubehör mit ein, wird schnell klar, dass die Vorstellung, mit einem Rebreather Geld zu sparen, selbst für Tech-Taucher Unsinn ist. Es gab einige Versuche, kostengünstige Rebreather für Sporttaucher zu entwickeln; der Erfolg hielt sich jedoch in Grenzen.

Neben den Kosten bringen Rebreather auch Risiken mit sich:  

Kohlendioxid

Unsere Ausatemluft enthält neben dem Restsauerstoff und Inertgasen auch Kohlendioxid. Würden wir die Luft wieder einatmen, ohne das Kohlendioxid zu entfernen, dann käme es in unserem Körper zu einem Anstieg des Kohlendioxids bis hin zur Vergiftung. Dies ist eines der größten Risiken des Tauchens mit Rebreathern. Um es zu vermeiden, muss das Kohlendioxid mit einem chemischen Prozess entfernt werden.

Dies findet statt, indem das ausgeatmete Gas durch einen so genannten Gaswäscher (Scrubber) geschickt wird, wo das Kohlendoxid mit einem Atemkalk chemisch gebunden wird. Das korrekte Befüllen des Gaswäschers mit Atemkalk ist einer der wichtigsten Schritte bei der Vorbereitung eines Rebreathers. Ist der Gaswäscher nicht korrekt befüllt, kann sich Kohlendioxid im Atemkreislauf anreichern und eine Vergiftung verursachen. Die Folgen sind Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche, Bewusslosigkeit und Tod. Der Taucher selbst wird von der Vergiftung möglicherweise so schnell außer Gefecht gesetzt, dass er das Problem nicht mehr selbst erkennen und entsprechend reagieren kann.

Überschreiten der maximalen Nutzungsdauer des Atemkalks ist eine weitere mögliche Ursache einer Kohlendioxidvergiftung. Es ist daher unbedingt wichtig, die Nutzungsdauer zu protokollieren und den Atemkalk rechtzeitig auszutauchen. In der Ausbildung lernen Taucher, bei Verdacvht auf Kohlendioxidvergiftung vom Rebreather auf ein offenes System mit einer bekannten Mischung zu wechseln (engl: bailout).

Die Bedeutung von Bailout-Systemen

Rebreather-Taucher führen daher Flaschen mit Bailout-Gas mit sich, und viele Rebreather sind mit einem Bailout-Ventil (BOV) ausgestattet, was das Umschalten vom geschlossenen auf ein offenes System durch Umlegen eines Hebels ermöglicht. Wenn der Taucher auf das offene System umgeschaltet hat, unterliegt er den entsprechenden Einschränkungen hinsichtlich des Gasverbrauchs.

Dies ist einer der Gründe, warum ein Rebreather auch für tiefe Tech-Tauchgänge keine Komplettlösung sind. Taucher müssen Bailout-Gas mit sich führen, um im Falle eines Problems mit dem Rebreather wieder zurück an die Oberfläche kommen zu können, und zwar die gleiche Menge Deko-Gas wie ein Taucher mit offenem System.

Dieser Nachteil gilt auch für den Bereich des Sporttauchens. Auch hier müssen Taucher für den Fall, dass der Rebreather ausfällt, Bailout-Gas mit sich führen. Nicht selten ist die Bailout-Flasche so groß, dass der Tauchgang auch mit ihr allein absolviert werden könnte – der Taucher trägt also erheblich mehr Ausrüstung mit sich als für diesen einfachen Tauchgang erforderlich wäre.

Sauerstoff

Nicht nur Kohlendioxid kann beim Tauchen mit Rebreathern Probleme verursachen, auch ein falscher Sauerstoff-Partialdruck lann ein erhebliches Risiko darstellen. Bei einem elektronisch geregelten Rebreather (eCCR) sorgt das Gerät dafür, dass der Sauerstoffanteil nicht zu gering wird. Bei einem manuellen Gerät ist der Taucher selbst dafür verantwortlich. In jedem Fall muss der Taucher seinen Sauerstoff-Partialdruck stets im Blick haben. Dies ist eine der wichtigsten Regeln für das Tauchen mit Rebreathern.

Rebreather haben für gewöhlich zwei Anzeigen für den Sauerstoff-Partialdruck, eine in Form eines elektronisches Displays (am Handgelenk getragen oder als Teil einer Konsole), die zweiten als Head Up Display (HUD) mit farbigen Blinklichtern.

Das HUD zeigt bei einem falschen Sauerstoff-Partialdruck ein Warnsignal an. Während des Tauchgangs hält der Taucher einen zuvor geplanten Sauerstoff-Partialdruck aufrecht. Dieser Sollwert liegt im Normalfall zwischen 1,0 und 1,4 bar. Wird der Sauerstoffanteil zu hoch, besteht die Gefahr einer Vergiftung. Ist er zu niedrig, kann dies zu Sauerstoffmangel und Bewusstlosigkeit führen.

Komplexer als Tauchen mit offenem Gerät

Rebreather sind komplex und erfordern die genaue Einhaltung detaillierter Verfahren. Die Vorbereitung der Ausrüstung dauer länger als beim Tauchen mit offenem Gerät.

Die zusätzliche Komplexität erhöht außerdem die Wahrscheinlichkeit von Problemen, entweder vor dem Tauchgang (der Tauchgang findet nicht statt) oder während des Tauchgangs, was potentiell gefahrlich sein kann.

Diese Eventualitäten werden in der Ausbildung ausgiebig behandelt. Die größte Gefahrenquelle ist jedoch Nachlässigkeit auf Seiten des Tauchers selbst. Mit zunehmender Erfahrung steigt die Verlockung, Abkürzungen zu nehmen oder bei der Inspektion vor dem Tauchgang Punkte auszulassen. Diese Nachlässigkeit tritt typischerweise bei Tauchern ein, die etwa 50 Stunden Erfahrung auf ihrem Gerät haben.

Ich will aber!

Auch wenn mein kein Geld spart und keinen Rebreather nicht aus logistischen Gründen braucht, müssen dies keine Gründe gegen einen Wechsel sein. Tauchen ist ein Hobby; Geld zu sparen ist nicht der Hauptzweck.

Am billigsten wäre es, an Land zu bleiben – für die meisten von uns ist dies jedoch keine Option. Andere Leute haben Motorräder, ein Pferd, Modellhubschrauber oder Heimkino. Warum also nicht ein Rebreather? Auch die Herausforderung, etwas Neues zu lernen, kann ein Anreiz für den Wechsel sein.

Auch wenn der Arbeitsaufwand nicht gigantisch ist, brauchen Rebreather dennoch mehr Pflege als gewöhnliche Tauchausrüstung. Wer seine Ausrüstung nach dem Tauchen einfach im Kofferraum oder in der Garage liegen lässt und bis zum nächsten Tauchgang keines Blickes würdigt, bekommt früher oder später ein Problem. Wenn Sie zu diesen Leuten zählen, sollten Sie beim Umstieg auf eine Rebreather auch ihre Gewohnheiten umstellen.

Andere Menschen wiederum haben an Pflege und Wartung beinahe so viel Freude wie am Tauchen selbst. Wer gerne frickelt und einstellt, bis alles perfekt passt, ist für das Tauchen mit Rebreather gut geeignet.

Disziplin

Nicht nur bei Pflege und Wartung, auch beim Tauchen selbst ist Disziplin das A und O. Es erfordert eine bestimmte Mentalität, die Verfahren und Kontrollen bei jedem einzelnen Tauchgang genau einzuhalten. Die meisten Unfälle passieren, weil ein Taucher die Vefahren nicht genau befolgt oder trotz eines Problems mit dem Gerät den Tauchgang trotzdem antritt.

Manche Taucher werden zu selbstsicher und meinen, auf mit einem leichten Defekt tauchen zu können. In den meisten Fällen geht das auch gut. Wenn dann jedoch ein zusätzliches Problem eintritt, kann dieser kleine Defekt die Situation erheblich verkomplizieren.

Es erfordert einiges an Disziplin, wegen eines augenscheinlich geringfügigen Defekts einen Tauchgang abzusagen. Nachlässigkeit in diesem Bereich ist jedoch die häufigste Ursache für Unfälle. Auch während des Tauchgangs selbst ist bei der Überwachung des Sauerstoff-Partialdrucks ständige Aufmerksamkeit vonnöten. Jederzeit seinen Partialdruck zu kennen, ist eine der goldenen Regeln des Tauchens mit Rebreathern.

Ganz egal ob auf 10 oder 100 Metern Tiefe, das Aufmerksamkeitsniveau ist das Gleiche. Man kann nicht “locker” Rebreather tauchen. Nicht alle Taucher haben die nötige geistige Einstellung, und wer diese nicht mitbringt, sollte vom Tauchen mit Rebreathern Abstand nehmen.

Zusätzliche Ausbildung erforderlich

Für den sicheren Umgang mit Rebreathern sind einige Fertigkeiten erforderlich, die über das Auildungsniveau für das Tauchen mit offenem Gerät deutlich hinausgehen. Einige dieser Fertigkeiten werden für den Normalbetrieb benötigt, andere kommen in Notfällen zum Einsatz. Der Erwerb dieser Fertigkeiten erfordert eine entsprechende Ausbildung, und ihre Aufrechterhaltung erfordert ständige Übung.

Tarierung beispielsweise muss neu gelernt werden. Das kostet Zeit und Arbeit. Für erfahrene Taucher kann dieser Prozess frustrierend sein, da sie praktisch wieder bei Null anfangen müssen.

Wer nicht bereit ist, die Zeit für das Erlernen dieser Grundfertigkeiten zu investieren, wird seinen Rebreather niemals wirklich beherrschen – auch wenn der Taucher mit offenem Gerät schon sehr erfahren ist. Für die Aufrechterhaltung dieser Fertigkeiten auf angemessenem Niveau ist es erforderlich, mit seinem Rebreather regelmäßig zu tauchen.

Aus diesen Gründen wechseln nicht alle Tech-Taucher zu einem Rebreather, und bei Sporttauchern vollzieht nur eine winzige Minderheit dieseen Schritt. Rebreather sind für manche Menschen attraktiv und können für Tech-Tauchers sogar notwendig sein, wenn sie ihre Fähigkeiten weiter entwickeln möchten. Für Andere kann hingegen werden die Vorteile von den Nachteilen überwogen.

Der Wechsel zu einem Rebreather ist daher eine sehr persönliche Entscheidung, die man sich nicht leicht machen sollte. Man sollte seine Gründe für einen Wechsel gut durchdenken und sich fragen, ob man die richtige Einstellung mitbringt. Welche Entscheidung die richtige ist, hängt wie so oft von der Person ab.


Der Autor

Mark Powell war 10 Jahre alt, als er zum ersten Mal in einem Schwimmbecken eine Tauchausrüstung ausprobierte. Er war sofort fasziniert. Er machte seinen Tauchschein im Jahr 1987, taucht seitdem regelmäßig und wurde 1994 Tauchlehrer. 2002 gründete er Dive-Tech, eine Tauchbasis speziell für das Tech-Tauchen. Dive-Tech bietet Ausbildung auf allen Niveaus bis hin zum CCR Advanced Mixed Gas Instructor Trainer an. Mark ist Tauchlehrer-Ausbilder bei TDI/SDI und Mitglied des TDI/SDI’s Global Training Advisor Panel. Außerdem vertritt er TDI/SDI in verschiedenen internationalen Normenkommitees. Er schreib regelmäßig für Tauchmagazine, hat mit “Deco for Divers” und “Technical Diving: An Introduction” zwei Bücher veröffentlicht, und tritt bei Tauchkonferenzen weltweit regelmäßig als Sprecher auf.


Der Übersetzer

Tim Blömeke unterrichtet Tech- und Sporttauchen in Taiwan und auf den Philippinen. Er ist Autor und freier Übersetzer, sowie Mitglied des Redaktionsteams von Alert Diver. Im Netz erreicht man ihn über seinen Blog und auf Instagram.

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