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Safety

Unsichtbare Kristalle und Atemreglerausfälle

Ausfälle oder Fehlfunktionen bei Tauchausrüstungen sind relativ seltene Ursache von Tauchunfällen mit und ohne Todesfolge. Wenn es soweit kommt, handelt es sich meist um gefährliche Fehlfunktionen von Atemreglern oder den Inflatoren an Tarierwesten.1 Daher war die Nachricht, die DAN vor Kurzem zu einer Reglerfehlfunktion erhielt, keine wirkliche Überraschung. Die Ursache dafür stellte sich aber als äußerst ungewöhnlich heraus.

Obwohl die in den Vorfall verwickelten Taucher die Situation sehr gut im Griff hatten und niemand zu Schaden kam, hätte ein unerfahrener oder nervöser Taucher vielleicht nicht so viel Glück gehabt. Besonders bemerkenswert war, dass die Flasche des Tauchers nicht leer war, das Atemgas aber immer langsamer ausströmte und schließlich wie in einer Out-of-air Situation ganz versiegte. Die genauere Untersuchung der Ausrüstung führte zu einer rätselhaften Entdeckung: eine große Menge an gelbem „kristallisiertem“ Material verstopfte die Innenseite des Einlaßventils der zweiten Stufe. Das Material schien aus dem Inneren des Schlauchs zu kommen, der zwar schon ein paar Jahre in Gebrauch war, aber äußerlich keine Unregelmäßigkeiten oder Abnutzungserscheinungen zeigte.

Beim Versuch, das Rätsel zu lösen, entdeckten wir, dass es sich hierbei um keinen Einzelfall handelte. Die gleiche Situation war schon in einem Tekk-Taucher-Blog2 beschrieben worden und auch von Schlauchherstellern und Wartungswerkstätten in beliebten Tauchgebieten. Obwohl bislang keine Verletzungen gemeldet worden waren, führte die Entdeckung dazu, dass das Ganze auf einer breiteren und globalen Ebene untersucht wurde.

Auf Nachfrage erhielten wir von einem großen Schlauchhersteller einen interessanten Rat: Schläuche halten nicht ein Leben lang und insbesondere Gewebeschläuche sollten alle fünf Jahre ersetzt werden – oder sogar öfter, wenn sie eindeutige Anzeichen von Verschleiß zeigen oder lange Zeit tropischer Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. Hinzu kommt, dass einige Schläuche, die unter den Markennamen seriöser Schlauchhersteller verkauft werden, in Wirklichkeit Imitationen sind.  

Ein begeisterter Taucher, Ingenieur bei einem privaten Unternehmen in den USA, bot an, Niederdruck-Gewebeschläuche einer gründlichen Prüfung zu unterziehen. Er ließ verschiedene Schläuche auf künstlichem Weg schneller altern und fand zunächst einmal heraus, dass Schläuche mit einem Innenmaterial aus thermoplastischem Polyester-Polyurethan (Polyester-TPU) während der Untersuchung zerfielen. Dieses Ergebnis entspricht auch den Berichten, die DAN zum Thema Schlauchversagen gesammelt hat. Andererseits versagten Schläuche, die aus thermoplastischem Polyether-Polyurethan (Polyether-TPU) bestanden oder deren Innenseite damit beschichtet war, nicht.

Ein bekannter europäischer Hersteller von Gewebeschläuchen, der seit jeher Polyether-TPU verwendet, verlangt von seinen Materialzulieferern seit 2008, dass diese die Polyether-TPU-Innenbeschichtung bescheinigen.

Wie kommt es zum Zerfall der Innenbeschichtung?

Das Zerfallsprodukt, eine gelbe kristallähnliche Substanz, ist weicher als es scheint und fühlt sich an wie Wachs, wenn man es zusammendrückt. Die Reaktion, die den Zerfall verursacht, ist eigentlich Hydrolyse und für diese ist, wie der Name schon sagt, Wasser erforderlich. Eine erhöhte Temperatur fördert den beschleunigten Abbau bzw. die Hydrolyse von Polyester-TPU. Wiederholtes zyklisches Erhitzen und Abkühlen der Innenbeschichtung des Schlauchs fördert diese Form der Kristallisation bei Materialien, die entweder für eine solche Verwendung ungeeignet sind oder durch bestimmte Chemikalien oder Bakterien beeinträchtigt werden. Die Sonne heizt den Schlauch auf und dann kühlt das Atemgas die Innenseite des Schlauchs wieder ab. Dieser Prozess wiederholt sich bei jedem Tauchgang und die „Kristalle“ sammeln sich im Laufe der Zeit an. Es bilden sich schließlich genügend „Kristalle“, die den Gasfluß behindern bzw. die in Richtung des Reglers der Zweiten Stufe wandern. Das führt letztendlich zu einem schwerwiegenden Ausfall des Atemgeräts.

Es ist schwer vorherzusagen, wie lange der Zerfall einer Innenbeschichtung aus Polyester-TPU dauert, aber die uns vorliegenden Informationen lassen vermuten, dass dies bei freiliegenden Schläuchen bei 30°C und hoher Luftfeuchtigkeit in relativ kurzer Zeit der Fall sein kann.

Ausrüstungshersteller wurden über dieses Phänomen informiert und haben daraufhin ihre bestehenden Lieferanten sorgfältig überprüft und verbesserte Maßnahmen zur Überprüfung des Materials und zur Qualitätssicherung umgesetzt.

Die Standard-Sicherheitsempfehlung für Reglerschläuche lautet, dass diese regelmäßig auf Anzeichen externen Verschleißes hin untersucht werden sollten. Wenn die äußere Gummischicht zerfällt oder verschleißt, werden die Schläuche letztendlich anfällig und können reißen, wenn sie unter Druck stehen bzw. im Einsatz sind. Tatsächlich sind Gummischläuche hierfür recht anfällig, weshalb Polymer-Gewebeschläuche entwickelt wurden. Aber hier liegt das Problem: Bei einer flüchtigen Kontrolle der äußeren Oberfläche kann die Außenseite der Gewebeschläuche normal, beweglich und fehlerfrei erscheinen, während der Zerfall im Inneren unentdeckt bleibt.

Was empfiehlt DAN? 

Es ist uns wichtig, Tauchern Folgendes zu raten:

• Alle Reglerschläuche, auch Gewebeschläuche, haben eine begrenzte Lebensdauer, und zwar ganz unabhängig von ihrem äußeren Erscheinungsbild, einer Verstärkung bzw. einem Schlauchschutz oder dem Gewebe selbst. Die defekten Schläuche, die wir gesehen haben, waren mehr als fünf Jahre alt.

• Beim Kauf eines Schlauchs sollte man die Zusammensetzung der Innenbeschichtung prüfen – sie sollte aus Polyether-TPU und nicht aus Polyester-TPU bestehen. Falls man sich nicht sicher ist, sollte man den Schlauch nicht kaufen. Man sollte sein Schläuche und andere Ausrüstungsteile, die der Sicherheit dienen, von namhaften Herstellern beziehen, die eindeutig deklarieren, welches Material für die Innenbeschichtung verwendet wurde.

• Wenn es irgendwelche Anzeichen dafür gibt, dass die Gaszufuhr eingeschränkt ist, sollte der Taucher den Atemregler sofort nicht mehr verwenden. Das gilt vor allem für neuere Schläuche. Der Regler und der Schlauch müssen dann sorgfältig geprüft werden. Wenn der Regler nicht die Ursache ist, liegt es vermutlich am Schlauch.

• Man untersucht Schläuche, indem man sie Zentimeter für Zentimeter zusammendrückt, um festzustellen, ob sie gleichmäßig beweglich sind. Jede Änderung dieses Widerstands, die auftritt, während man den Schlauch der Länge nach zusammendrückt, deutet auf ein mögliches Problem hin. Dieser Test lässt sich mit Gewebeschläuchen viel leichter durchführen als mit Gummischläuchen.

Wir bitten alle Taucher, die einen solchen Verschleiß bei der Schlauchinnenbeschichtung beobachten, unter [email protected] eine E-Mail an DAN zu senden – am besten mit Bildern, die den Zustand des Schlauchs demonstrieren. So können wir so viele Informationen wie möglich sammeln und mehr über dieses Phänomen lernen. Erkenntnisse, Sicherheitshinweise und Ratschläge werden wir natürlich an die Taucher-Community weiterleiten.


Referenzen

1. Vann R, Lang M. Recreational diving fatalities. Undersea Hyperb Med 2011; 38(4): 257-60.

2. Davis A. Nylon-braided regulator hose diving emergency. Scuba Tech Philippines. 22. Juli 2015. Geprüft 7. Dezember 2016.

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